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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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ausgelegt war. Ein dumpfes Stimmengewirr erfüllte die Luft wie das Blöken einer Viehherde, die man zusammengepfercht hat, um sie alsbald zur Schlachtbank zu treiben, und wie das Vieh Todesangst empfindet, bevor man ihm den Stahlbolzen ins Gehirn schießt, so spürte man hier den Druck, der auf den Menschen lag. Die Vorstellung von willenlosem, dumpfem Vieh verstärkte sich noch, als Robert sich durch die Menge drängelte und dabei ihre matten, traurigen, bewußtlosen Augen sah.
    Die Leute trugen fast ausnahmslos Plastikkörper, und alle Modefarben der letzten Jahre schimmerten auf ihrer Haut. Am weitesten verbreitet waren rot und braun, die Modefarben der letzten beiden Jahre, Sprenkel aus grünen, gelben, schwarzen und Elfenbeinleibern rundeten das zwar malerische, gleichwohl trügerische Bild. Versteht sich, daß auch solche Demonstrationen einen Anreiz bildeten, den neuesten Körper zu tragen, symbolisch dargetan durch die letzte Farbe.
    Robert stellte sich vor, die eigentümliche Stimmung schlüge in Panik um. Doch Knife kämpfte dagegen an mit der unsichtbaren, lautlosen Strahlung, die man nicht zu erkennen vermochte und die wie eine satte Opiumwolke in ihre Gehirne kroch, in ihre verängstigten Herzen, die ihre Energien dämpfte und zugleich ein Gefühl von Unterwürfigkeit und Dankbarkeit erzeugte, das sie vorbereitete zum Opfergang. Hier fiel auch Robert das Denken schwer.
    Man hatte nicht viel für die Patientenkundschaft getan. Ein paar Bänke, einige primitive Klappstühle, ein knappes Dutzend Wasserspeier, mit deren Hilfe zweitausend Menschen die schwüle Feuchtigkeit bekämpfen sollten.
    Im Hintergrund klangen die Namen der Patienten, die an der Reihe waren, wie Peitschenhiebe auf. Auch hier war die Helfende Hand ökonomisch korrekt. Wer sich in diesem Saal drängte, war entweder bereits als Kunde gewonnen oder hatte es, wie Robert, aus anderen Gründen bitter nötig, hier zu sein. Verschwendung also, für die Abhängigen auch nur einen Pfennig mehr in die Einrichtung zu investieren als unbedingt erforderlich war. Ganz anders dagegen übrigens die Verkaufsstellen der Helfenden Hand, in denen man die Kunden intensiv umwarb. Dort setzte man Detektoren auf die Kundschaft an, erforschte insgeheim ihre ökonomische Struktur, umschmeichelte sie mit psychologisch geschicktem Interieur, damit die Klientel der Helfenden Hand sich öffne wie Blumen, auf die warmer Sonnenschein fällt.
    Robert Bachmann, D-20-5-48-28-67!
    Robert sprang auf das Förderband, scharrend trug es ihn mit immer größerer Geschwindigkeit davon, ein weinrotes Portal saugte ihn auf, man entließ ihn in einen winzigen Raum, einer ungemütlichen Zelle gleich. In der Mitte stand eine Pinkasapparatur, vor ihr ein Schemel, von seinem Vorgänger noch warm. Lichter blitzten, Zahlen huschten auf dem Anzeigenfeld, Farben sprühten. Robert verstand nichts davon, doch es erzeugte ein beruhigendes Gefühl, sie beschäftigten sich mit ihm, sorgten sich um ihn.
    Nach einer Weile schien die Analyse abgeschlossen zu sein, eine Reihe geheimnisvoller Zahlen blieb auf dem Bildschirm stehen. Die Stimme von Knife kam hart, kaum moduliert, unpersönlich aus einer einfachen Lautsprecherbox in der Wand.
    Es ist dir bekannt, begann Knife, daß unsere moderne, fortgeschrittene Welt unerhörte Errungenschaften kennt, die allen Bürgern von Vorteil sind. Freilich zahlen wir alle unseren Preis. Eine Produktion ist nicht denkbar ohne Ausfall und Ausschuß. Die Natur leidet in hohem Maß. Du weißt wie verschmutzt Bremen ist, Deutschland, Europa, die Welt. Der Atlantik stinkt, im Pazifik holt man sich den Tod. Selbst vor der Sonne macht das keinen Halt. Die erste wirklich moderne Krankheit war der Krebs, der erste furchterregende Schatten, den unsere Zivilisation über die Menschheit warf. Im Gefolge des Krebses, dieser ist ja längst gebannt, sind neue, unbekannte, unerklärliche Krankheiten aufgetaucht. Wir kämpfen an vielen Fronten zugleich. Aber wir haben kein Vieh fürs Labor, und welcher Mensch ist schon freiwillig zu einem wissenschaftlichen Opfer bereit? So geht der Kampf nur mühsam voran. Hier liegt das Problem für dich. Du leidest unter einer bisher unbekannten Pest, wir wissen zu wenig über deinen Fall, um entschlossen vorgehen zu können. In deiner jetzigen Gestalt ist deswegen Hilfe nicht möglich. Wir wissen auch nicht, ob sich das alles verschlimmern wird, ob sich deine Krankheitsfrequenz noch erhöht oder deine Anfälle sich in die Länge ziehen. Es
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