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Du gehörst zu mir

Du gehörst zu mir

Titel: Du gehörst zu mir
Autoren: Lisa Kleypas
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Prolog
    London, im Herbst 1833
    »Ich kann ihn nicht heiraten. Ich kann es einfach nicht.« Während Madeline Lord Clifton beobachtete, der gemeinsam mit ihrem Vater durch den Park schlenderte, musste sie gegen ihre aufkeimende Übelkeit ankämpfen.
    Erst als ihre Mutter, Lady Agnes Matthews, antwortete, merkte sie, dass sie ihre Gedanken laut ausgesprochen hatte.
    »Du wirst es noch lernen, an Lord Clifton Gefallen zu finden«, erwiderte diese steif. Wie stets trug ihr schmales Gesicht verkniffene, missfällige Züge. Da ihr Leben von einer Selbstaufopferung gekennzeichnet war, die fast schon an Märtyrertum grenzte, brachte sie ganz klar zum Ausdruck, dass sie das auch von ihren drei Töchtern erwartete. Ihr blasses, hageres Gesicht zu Madeline gewandt, musterte sie diese mit ihren kalten braunen Augen.
    Mit Ausnahme von Madeline, die leicht errötete, waren alle weiblichen Familienmitglieder eher blass und farblos.
    »Wenn du reifer geworden bist«, fuhr Agnes fort, »erwarte ich, dass du uns irgendwann einmal dankbar sein wirst eine so hervorragende Partie gemacht zu haben.«
    Madeline schüttelte sich fast vor Ekel. Sie spürte, wie ihre Wangen verräterisch erröteten. jahrelang hatte sie versucht, allen von ihren Eltern an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden – sie war fügsam, still und gehorsam gewesen –, doch jetzt konnte sie sich nicht länger zurückhalten. »Dankbar!« entfuhr es ihr erbittert.
    »Einen Mann zu heiraten, der älter ist als mein eigener Vater …«
    »Nur ein oder zwei Jahre«, fuhr Agnes ihr ins Wort.
    »… der meine Interessen nicht teilt und mich lediglich als Zuchtstute ansieht …«
    »Madeline!« kreischte Agnes. »Eine solch vulgäre Ausdrucksweise ist unter deiner Würde.«
    »Trotzdem entspricht es der Wahrheit.« Madeline bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Lord Clifton hat zwei Töchter aus erster Ehe. jeder weiß, dass er Söhne will, und von mir erwartet man, dass ich sie ihm gebäre. Ich werde für den Rest meines Lebens aufs Land verbannt werden oder zumindest bis zu seinem Tod, und dann bin ich zu alt um meine Freiheit zu genießen.«
    »Das reicht jetzt«, erwiderte ihre Mutter streng. »Anscheinend muss ich dich an einige Tatsachen erinnern, Madeline. Es ist Sache der Ehefrau, die Interessen ihres Gatten zu teilen, und nicht umgekehrt. Sicherlich kann man Lord Clifton keinerlei Vorwurf machen, wenn er solch oberflächliche Zerstreuung wie die Romanlektüre oder Musik verabscheut. Er ist ein ernsthafter Mann von großem politischem Einfluss, und ich erwarte von dir, dass du ihm mit dem entsprechenden Respekt begegnest. Was sein Alter anbelangt so wirst du seine Erfahrung noch schätzen lernen und seinen Rat in allen Lebenslagen befolgen. Nur auf diese Weise kann eine Frau das wahre Glück finden.«
    Weiterhin verdrossen die gedrungene Gestalt von Lord Clifton vor dem Fenster beobachtend, knetete Madeline nervös ihre Finger. »Vielleicht wäre es mir leichter gefallen, mit dieser Verlobung einverstanden zu sein, wenn ihr mir wenigstens die Teilnahme an einer Ballsaison erlaubt hättet. Ich habe noch nie auf einem Ball getanzt und auch keine einzige Abendgesellschaft besucht. Stattdessen musste ich die Schulbank drücken, während meine Freundinnen ihr Debüt hatten. Selbst meine eigenen Schwestern wurden bei Hof vorgestellt.«
    »Sie hatten nicht das Glück, das dir beschieden ist.« Agnes hatte sich kerzengerade aufgerichtet. »Dir bleiben all die Aufregungen und Unannehmlichkeiten der Debütantinnen erspart da du bereits einem der herausragendsten und bewundernswertesten Männer von ganz England versprochen bist.«
    »So bezeichnest du ihn«, murmelte Madeline, da ihr Vater und Lord Clifton soeben den Raum betraten. »Ich allerdings nicht.«
    Wie jedes andere achtzehnjährige Mädchen hatte auch sie davon geträumt einen attraktiven, faszinierenden Mann zu heiraten, der sich unsterblich in sie verliebte. Lord Clifton entsprach in nichts dieser Vorstellung. Er war um die Fünfzig, untersetzt mit Hängebacken. Sein faltiges Gesicht die Stirnglatze und seine feuchten, wulstigen Lippen – erinnerten Madeline an einen Frosch.
    Wenn Clifton wenigstens Sinn für Humor oder ein gutmütiges Naturell besessen hätte – irgendetwas, was sie auch nur im entferntesten für ihn hätte erwärmen können … aber er war blasiert und stumpfsinnig. Rituale bestimmten sein Leben: Jagden und Pferderennen, die Verwaltung seiner Liegenschaften, gelegentliche Reden vor
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