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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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Sturm ihn schaukeln ließ.
    Gut, dachte Robert, daß ich das Flugblatt nicht mehr bei mir habe. Der Polizist kam zurück vom Elektrophon, leuchtete Robert mit einem scharfen Lichtbündel, das ihn blinzeln ließ, ins Gesicht, studierte erneut seine Züge, verglich den Ausweis mit den Gehirnwellenmustern und gab einen Vermerk zur Registratur. Der Weg war frei. Zögernd öffnete sich eine Gasse, Robert schlich sich geradezu davon.
    Dann hörte der Regen überraschend auf, der Wolkenvorhang zerriß. Die Stadt dampfte, schwitzte blutige Tränen aus, sie stöhnte, war versengt, grelles Licht schnitt herab, badete den Polizeikonvoi, die Gitterwagen mit ihren Magnetsperren und Psychoguillotinen. Sie hatten einen guten Fang gemacht. Aus den Kanälen und Kloaken stiegen mutierte Ratten und blinzelten und freuten sich über den neuen, schönen Tag.
     
    X
    Die Herrschenden halten sich ihre Menschen wie Viehherden, sie schreiben ihnen die zu benutzenden synthetischen Körper vor, verdienen am Austausch wahnsinnige Summen, beherrschen die Köpfe ihrer Opfer über die Massenmedien, über die träumende Wand und elektronische Spione, neuerdings tauschen sie sogar schon Gehirne aus, verdienen noch mehr und haben es dadurch ganz leicht, die brüllende Herde vor sich herzutreiben, an den Zapfsäulen des Geldes vorbei, goldene Schläuche an den Eutern, durch die fetter Rahm fließt.
    Robert war schon manches Mal vergewaltigt worden, die Beine breit, das Messer an der Kehle, bis die Jauche spritzt und er, erschöpft und vielleicht sogar verwirrt, um eine Erfahrung reicher, vom Schauplatz wankt. Da ist es mitunter besser, die Beine gleich breit zu machen, wenn Leute, als Würdenträger erkannt, tastende Andeutungen in ihnen gemäße Richtungen machen.
    Ihm war klar, daß für jene, die sich nicht gefügig zeigten, im Hintergrund der große Knüppel drohte, den die Polizei zu schwingen verstand. Inzwischen trat sie schon offen und brutal auf und verschaffte höchsten Weisungen den gebührenden Respekt. Das Gefühl, jeden Augenblick in den Abgrund des Terrors stürzen zu können, ‚veranlaßte auch’ Robert, der sich sonst vielleicht keck vorgewagt hätte, seine Schritte bedächtiger zu setzen.
    Der Mensch hat die Planeten erobert, und das heißt, er hat sie ausgeplündert und sie in den Kreislauf der Jagd nach Reichtum gepreßt, sogar die Sonne wird er über kurz oder lang zu einer siechen Müllkippe machen. Nun setzt er bereits seinen Fuß über die Grenzen des Sonnensystems, ein unermeßliches Universum breitet sich vor ihm aus. Wer zweifelt daran, daß sich die Dinge im universalen Maßstab genauso abspielen werden, wie man das im eigenen verpesteten Sonnensystem vorgemacht hat? Das ist gewiß eine Frage sehr langer Zeit, doch irgendwann wird das menschliche Krebsgeschwür alle Planeten und Sonnen, alle Völker und Kulturen dort draußen überwuchert haben.
    So ergab sich für Robert jener logische Gedanke, der für ihn freilich immer nur Theorie gewesen war: wo es keinen Zufall gab, und alles geschah aus Notwendigkeit!, um den Krebs zu stoppen, mußten die Ärzte eingreifen, mußten sie rasch und geschickt operieren und die Geschwulst herausschneiden, denn das war Robert klar: ein Beschwichtigen des Krebses, ein gutes Zureden gab es nicht.
     
    XI
    Das Gebäude von Knife erstreckte sich im Bremer Westen, wo einst der Flughafen gewesen war, heute brauchte man ihn nicht mehr, weil das Verlassen Bremens sowieso verboten war. Zwei Kilometer im Kubik schwebte ein ungeheurer Würfel aus schimmerndem Titan über den geplatzten, geborstenen Landebahnen, in deren Fugen ätzende Blumen und giftige Kräuter wucherten. Man hatte sich bei der Konstruktion überlegt, daß es sinnvoll sei, Knife in einem Magnetfeld aufzuhängen, um ihn vor Sabotageakten zu schützen.
    Robert brauchte eine volle Stunde, bis er alle Kontrollen überwunden hatte, dann, schließlich, ritt er auf einem mächtigen Antischwerefeld empor zu dem ovalen Einstieg, der sich ihm erwartungsvoll öffnete wie der Schoß einer Frau.
    Das Innere von Knife war spartanisch, ganz nach Zweckmäßigkeit gebaut. Ein nüchterner, weiß glänzender, etwas schmuddeliger Aufenthaltsraum, in seiner unpersönlichen Ausdehnung und Atmosphäre an Bahnhofswartesäle früherer Zeiten erinnernd, war das Sammelbecken, aus dem man die Patienten zu den Förderbändern schickte, die sie in ihre Kabinen bringen würden.
    In diesem Saal drängten sich weit mehr als die zweitausend Menschen, für die er
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