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Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Titel: Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Autoren: Anne Harenberg
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eigentlich genug mit
den Kindern?“, fragte Ingrid dann ungerührt weiter. „Deine Kinder haben das
ganze Wochenende keinen Ton gesagt. Du weißt schon, wenn man mit Kindern nicht
spricht, dass sie dann irgendwann auch aufhören zu reden?“
    Mit einer schier unglaublichen Kraftanstrengung hatte ich es
geschafft, nicht Ingrids Nummer zu wählen und sie zu fragen, wann genau denn
ihr eigener Ehemann das letzte Mal gesprochen hatte und ob sie nicht mal
überlegen wollte, warum niemand in ihrer Gegenwart je einen Ton sagte. Ich rief
sie nicht an. Und war ziemlich stolz auf mich.

Kapitel 31

 
    Ein Angebot meines Mobilfunkanbieters ermöglichte mir schließlich
den endgültigen Befreiungsschlag gegen Ingrid. Oder besser gesagt: den
vermeintlichen endgültigen Befreiungsschlag. Ich überzeugte Rigoletto ohne größere Probleme, dass wir   unseren Festnetzanschluss aufgeben sollten und nur noch über unsere
Handys telefonieren sollten. Offizielle Begründung war das günstige Angebot des
Handy-Anbieters, das uns viel Geld sparen würde. Inoffiziell jubilierte ich
über meinen brillanten Schachzug: Kein Festnetz = kein Anrufbeantworter = keine
Ingrid. Ich hatte ja keine Ahnung, dass diese Gleichung auf keinen Fall
aufgehen sollte.

 
    Ingrid hatte nämlich heimlich damit begonnen, für den anstehenden,
finalen Kampf aufzurüsten. Naiv wie ich war, ahnte ich nichts. Vollkommen
unvorbereitet ging ich in die große Schlacht, von der ich nicht mal wusste,
dass ich sie kämpfte und dass Ingrids Waffenarsenal tödlich war. Ich war wie
ein kleines Ferkel, das glücklich zur Schlachtbank lief, weil es dachte, dass
dahinter eine verschlammte Wiese zum Wälzen wartete und nicht der Spanferkelspieß
zum Rösten bzw. Ingrid.
    Es begann damit, dass es sich irgendwann nicht länger ignorieren
ließ, dass unsere Wohnung schlicht und einfach zu klein war für vier Personen.
Wir wohnten immer noch in unserer ersten gemeinsamen Wohnung, die nach Ingrids
Feng-Shui-Attacke auch noch zwei kleine Kinder überstanden hatte, mittlerweile
aber deutliche Verschleißerscheinungen zeigte. Die einst glänzenden Dielen
waren voller Macken, die Wände verdreckt, das Badezimmer unbetretbar wegen der
Wäsche auf der Wäschespinne. Die klare Minimal-Einrichtung war inzwischen
zahllosen Ikea-Kommoden und –Schränken gewichen, in denen Spielsachen,
Schuhe und Anziehsachen lagerten. Wer es schaffte, durch unsere Wohnung zu
gehen, ohne sich an irgendetwas zu stoßen oder auf etwas zu treten, der war
auch in der Lage, ein vermintes Feld in einem Kriegsgebiet ohne Probleme zu
durchschreiten.

 
    Josephine war mittlerweile vier und Lily zwei Jahre alt und da die
beiden keinerlei Anzeichen machten, mit dem Wachsen aufzuhören, musste etwas
geschehen. Wir begaben uns auf Wohnungssuche und wie bei allen Familien wurde
schnell klar, dass es viel besser sein würde, eine Wohnung zu kaufen als
weiterhin die Miete zum Fenster hinaus zu schmeißen. Leider gab es ein Problem:
Wir hatten nicht genug Geld für die Wohnungen, die uns gefielen. Wir hatten
nicht mal genug Geld für die Wohnungen, die uns nicht gefielen. Aus diesem
Grund war es auch so einfach gewesen, Rigoletto davon
zu überzeugen, dass der Verzicht aufs Festnetz uns viel Geld sparen würde. Bei
den Wohnungspreisen in Berlin konnten wir uns so mindestens einen Quadratmeter
mehr leisten. Nicht leisten konnten wir uns leider weiterhin die Wohnung, in
die ich mich gleich bei der ersten Besichtigung verliebt hatte. Sie war
perfekt. Besser gesagt: Sie würde perfekt werden. Bislang war sie noch ein
Rohbau, aus dem in weniger als sechs Monaten ein prachtvolles 4-Familienhaus in
bester, ruhiger Wohnlage nur wenige Minuten vom Berliner Schlachtensee entfernt,
werden sollte. Grüne Umgebung, gute Kindergärten, Schulen in der Nähe und vier
perfekt aufgeteilte Zimmer.

 
    Für ein paar Tage konnte ich an nichts anderes mehr denken. Dann
hatte ich ausgeträumt und verstanden, dass wir uns die Wohnung wirklich nicht
leisten konnten. Ich begab mich erneut auf die Suche, aber keine andere Wohnung
war wie sie, die eine, die ich wollte. Immer, wenn ich an die Wohnung dachte,
zog sich in meinem Hals alles zusammen, als hätte ich mir zwei von Ingrids
Staub-Weihnachtsplätzchen auf einmal in den Mund geschoben. Eines Abends, ich
saß mit einem großen Glas Wein zur Linderung meines Wohnungskummers auf dem
Balkon und sah mir zum hundertsten Mal die wenig reizvollen Wohnungen, die wir
uns leisten konnten, im
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