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Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Titel: Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Autoren: Anne Harenberg
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mitbekommen hatten, ob ihre Eltern noch verheiratet waren oder
schon in Scheidung lebten. So lief ich wie ein gehetztes Tier zwei Tage lang
durch die Wohnung und wartete auf meinen Urteilsspruch.
    Warum ich das tat, ist mir im Nachhinein nicht mehr klar. Ich war
offenbar nicht lernfähig, sonst hätte ich gewusst, dass alles, was mit Ingrid
zusammenhing, immer anders kam als man dachte. Selbstverständlich war es auch
diesmal Ingrid, die die Entscheidung über unser aller
Zukunft fällte und nicht ich und mein Ultimatum.

 
    Rigoletto kam am Sonntagnachmittag mit versteinertem Gesicht aus Paderborn zurück. Kein
gutes Zeichen. Da ich vor den Kindern keinen möglicherweise ehebeendenden
Streit beginnen wollte, musste ich mich gedulden, bis die beiden im Bett waren,
bevor ich endlich erfuhr, was mein Schicksal sein würde.
    Es war kurz nach acht Uhr abends, als ich mit einem Glas Rotwein
bewaffnet ins Wohnzimmer trat, wo Rigoletto mit immer
noch versteinerter Miene saß.
                „Und?“,
fragte ich nüchtern, obwohl ich schon ein Glas Rotwein in der Küche getrunken
hatte.
                „Du
bekommst deinen Willen.“ Rigoletto sah mich kalt an.
    Mir lief es vor Freude heiß den Rücken hinunter. Rigoletto dagegen liefen Tränen die Wangen herunter.
Natürlich fühlte ich mich auch ein wenig schlecht, dass ihn die „Trennung“ von
seiner Mutter so mitnahm. Aber ganz ehrlich: ein 40-jähriger Mann, der weint,
weil seine Mama nicht in die Wohnung nebenan zieht?
                „Miranda,
es ist ja so furchtbar“, schluchzte Rigoletto unter
Tränen.
    Mit Mühe schaffte ich es, nicht die Augen zu verdrehen, indem ich
einen großen Schluck Rotwein trank. Auf einmal wusste ich, wie Igerich sich seit fast 50 Jahren fühlen musste. Aber das
musste mich nun nicht weiter interessieren. Ingrid war weg und mit ihr auch Igerich . Ich hatte gesiegt. Gegen die unschlagbare Ingrid.
Das erste Mal. Ich fühlte mich, als hätte ich gerade als krasser Außenseiter,
der noch nie in seinem Leben auf einem Pferd gesessen hatte, die Olympische
Goldmedaille im Dressurreiten gewonnen. Ein wenig war es ja auch so – Rigoletto hatte zum ersten Mal seit wir uns kannten
gemacht, was ich wollte.
    Dann plötzlich durchschnitt Rigolettos Stimme meine Gedanken mit einer Nachricht, die den gesamten Kriegsverlauf auf
den Kopf stellte.
                „Meine
Eltern haben sich getrennt.“
    Ich hatte es immer für übertrieben gehalten, wenn im Film jemand
sein Getränk vor Schreck ausspuckt. In diesem Moment aber passierte mir genau
das.
                „Wie
bitte?“, fragte ich fassungslos nach, den Rotweinfleck auf dem Teppich
ignorierend.
                „Du
hast richtig gehört. Meine Mutter hat meinen Vater verlassen. Sie hat vor drei
Wochen einen anderen Mann kennengelernt, der ihr all das gibt, was mein Vater
ihr nicht gibt. Es geht wohl um Sex.“
    Rigoletto schüttelte sich bei diesen Worten wie eine Katze, die in einen Teich gefallen
war und fast hätte er mir leid getan, wenn nicht dieses merkwürdige, kleine
Gefühl in mir hoch gekeimt wäre. Konnte es wirklich sein?
                „Und
das bedeutet konkret?“, hakte ich nach, in der Hoffnung, dass ich vielleicht
doch die falschen Schlüsse zog.
                „Das
bedeutet konkret, dass meine Eltern getrennt leben und nicht mehr miteinander
sprechen.“
    „Was ist daran neu?“, hätte ich fast nachgefragt. Zumindest Igerich hatte doch seit Jahrzehnten kein Wort an seine Frau
gerichtet.
                „Und
der andere Mann?“, erkundigte ich mich stattdessen, da dieses kleine, gemeine
Gefühl in meinem Bauch mir sagte, dass ich weit davon entfernt war, die
Schlacht gewonnen zu haben.
                „Das
ist es ja. Meine Mutter wohnt bereits bei ihm und will mit ihm auf die
Fidschi-Inseln ziehen, da wollen sie ein religiöses Massage-Zentrum aufmachen.“
                „Aha.“
    Mehr fiel mir nicht ein. Weder zu dem neuen Hirngespinst von
Ingrid, das wahrscheinlich auch von Igerichs satter
Rente bezahlt werden sollte, noch zu der Begleiterscheinung dieser Trennung,
der ich mich nun stellen musste.
                „Und
das Schlimmste ist: Sie will nie wieder einen Fuß auf deutschen Boden setzen.“
    Ein neuer Schub Tränen lief Rigolettos Wangen herunter.
                „Sie
sagt, das Land sei zu klein für sie und Igerich . Sie
nimmt auch
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