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Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Titel: Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Autoren: Anne Harenberg
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geborgen. Nichts konnte unserer Familie etwas anhaben. Nicht
mal Ingrid. Dachte ich zumindest. Rigoletto schien
sich damit abgefunden zu haben, dass die beiden Frauen in seinem Leben nicht
miteinander auskamen und war nun ebenfalls bemüht, den Kontakt zwischen seiner
Frau und seiner Mutter so gering wie möglich zu halten.

 
    Leider lag die Betonung auf „gering“. Ingrid ignorierte mich nämlich keineswegs. Sie hatte den
Anrufbeantworter als Mittel der Kommunikation mit mir entdeckt, da ich
vorsichtshalber das Telefon nicht mehr abhob, seitdem auch meine
Schwiegermutter herausgefunden hatte, wie man mit unterdrückter Nummer
telefonierte. Ihren täglichen Telefon-Terror oder ihre intimen Enthüllungen aus
dem Schlafzimmer hatte Ingrid zwar eingestellt. Doch vor allem, wenn Rigoletto mit den Kindern aus Paderborn zurückkam, konnte
ich sicher sein, am nächsten Tag längere Aufzeichnungen von Ingrid auf der
geduldigen Maschine vorzufinden. Ein paar ihrer Monologe löschte ich nicht.
Irgendwann würde ich sie vielleicht als Beweismaterial vor Gericht brauchen,
dafür, dass Ingrid mich mit jahrelanger seelischer Grausamkeit   dazu getrieben hatte, sie mit einem
Betonklotz am Fuß in einem See zu versenken.

 
    Wenn ich in guter Stimmung war, spielte ich meinen Freundinnen bei
Kaffee und Kuchen ihre Anrufe zur Belustigung vor. Zum Beispiel Ingrids
Ausführungen zum Thema „Windeln und trocken werden bei Kindern“: Sie
prophezeite meinen Kindern ein Schicksal als Drogenabhängige, weil ich sie mit
diesen modernen Plastikwindeln und nicht mit Stoffwindeln wickelte. Während
meine Freundinnen und ich noch kicherten, flötete Ingrid weiter auf dem
Anrufbeantworter:
                „Weißt
du, Mandylein , was ich nicht verstehe bei euch jungen
Leuten? Da macht ihr es euch schon so einfach mit diesen schrecklichen Plastikwindeln,
aber dass du gar keinen Ehrgeiz hast, dass die Kinder früh sauber werden, das
verstehe ich nicht. Ich glaube, du zwingst die Kinder sogar, weiter Windeln zu
tragen. Die beiden wären doch längst so weit, wenn sie nur ein kleines bisschen
nach ihrem Vater kommen. Mein Rigoletto war schon mit
vier Monaten trocken. Wenn ich es Recht überlege, musst du die Kinder zum Arzt
bringen. Wahrscheinlich sind die beiden chronisch inkontinent, wenn sie in
ihrem Alter noch Windeln tragen. Haben sie das von dir?“
    Meine Freundinnen Inga und Maike, die an diesem Nachmittag in den
Genuss von Ingrids Anrufbeantworteraufzeichnungen kamen, sahen sich ungläubig
an.
                „Sag
mal, die ist nicht echt, oder? Das hast du aus irgend so einem Spaß-Katalog
bestellt, deine Kinder sind doch erst 2,5 Jahre bzw. 9 Monate alt.“ Maike sah
mich zweifelnd an.
                „Nein,
alles echt! Die ganzen 150 Kilo und jedes gesprochene Wort!“, erklärte ich mit
fester Stimme.
    Ich deutete mit der Hand auf das eine Foto, auf dem Ingrid zu sehen
war und das bei uns auf der Ablage stand. Rigoletto fand es leider immer wieder, egal wie gut ich es versteckte. Es zeigte Ingrid in
einem langen, wallenden, schwarzen Mantel im Wald, ihre Haare frisch
Fön-explodiert in alle Himmelsrichtungen abstehend, wie sie in den Händen ein
seltenes Kräuterchen hoch hielt, dass sie gefunden
hatte. Sie sah ein bisschen aus wie ein Hexenmeister, der gerade die Götter mit
einer Gabe günstig zu stimmen versuchte.
                „Ich
hab mich schon die ganze Zeit gefragt, was das für ein Foto ist.“ Inga nahm das
Foto in die Hand und schüttelte den Kopf. „Meine Schwiegermutter ist
grauenvoll, aber wenn ich mir deine ansehe und anhöre, bin ich ab heute dankbar
– es hätte viel schlimmer kommen können.“
    Ich seufzte tief.
                „Wollt
ihr noch den Anruf zum Thema ‚Essen und   Sprechen‘ hören? Der ist ein Highlight!“
    Als ich diesen Anruf damals von Ingrid auf meinem Anrufbeantwortet
abgehört hatte, hatte ich mich sehr zurückhalten müssen, sie nicht doch
zurückzurufen. Zunächst sprach Ingrid fünf Minuten lang darüber, dass ich meine
Kinder falsch ernähren würde, weil beide in Paderborn ausschließlich Schokolade
gegessen hätten. Auf die glorreiche Idee, dass Kinder auch andere Dinge als
Schokolade aßen, wenn man ihnen keine Schokolade gab, war sie nicht gekommen.
Dabei hatte sie das doch damals so toll hinbekommen mit Rigoletto und den Eiern und der Maggie-Thatcher-Diät.
                „Und
sag mal, Mandylein , sprichst du
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