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Schwestern der Dunkelheit

Schwestern der Dunkelheit

Titel: Schwestern der Dunkelheit
Autoren: Lisa J. Smith
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gestellt?«
  Thea schloss die Augen. »Blaise, uns gehen langsam die Verwandten aus. Wenn es wieder geschieht - nun, willst du ins Kloster gehen?«
  Zum ersten Mal verdüsterte sich Blaises Miene. Dann zuckte sie die Achseln, sodass sich ihr loses, rubinfarbenes Shirt kräuselte. »Wir sollten uns besser beeilen. Wir wollen doch nicht zu spät kommen.«
  »Geh schon mal voraus«, sagte Thea müde. Sie schaute ihrer Cousine nach, die in ihrer typischen Blaise-Art mit wiegenden Hüften davonschlenderte.
  Thea holte abermals Luft und betrachtete die Gebäude mit ihren überwölbten Türen und ihren rosafarbenen verputzten Mauern. Sie wusste, wie es funktionierte. Sie würde ein weiteres Jahr mit ihnen leben, würde still durch Flure gehen und wissen, dass sie anders war als alle anderen um sie herum, während sie ebenso umsichtig wie aufmerksam so tat, als sei sie genauso.
  Es war nicht schwer. Menschen waren nicht sehr klug. Aber es verlangte ein gewisses Maß an Konzentration.
  Gerade als sie sich ebenfalls auf den Weg in Richtung Sekretariat machen wollte, hörte sie erhobene Stimmen. Eine kleine Traube von Schülern hatte sich am Rand des Parkplatzes versammelt.
  »Komm ihr nicht zu nahe.«
  »Töte sie!«
  Thea gesellte sich zum hinteren Rand der Gruppe und benahm sich möglichst unauffällig. Aber dann sah sie, was da neben dem Asphalt lag, und sie machte drei erschrockene Schritte darauf zu, bis sie es direkt anschauen konnte.
  Ah ... wie schön. Ein langer, starker Körper ... ein breiter Kopf... und eine Abfolge schnell vibrierender, horniger Ringe am Schwanz. Sie machten ein Geräusch wie entweichender Dampf oder Melonenkerne, die geschüttelt wurden.
  Die Schlange war olivgrün, mit breiten Diamanten auf dem Rücken. Die Schuppen ihres Gesichtes sahen glänzend aus, beinahe nass. Und ihre schwarze Zunge flackerte so schnell hin und her ...
  Ein Stein verfehlte die Schlange nur knapp. Staub wirbelte auf.
  Thea hob den Blick. Ein Junge in abgeschnittenen Jeans wich zurück, und er wirkte verängstigt und triumphierend zugleich.
  »Lass das«, sagte jemand.
  »Holt einen Stock«, sagte jemand anderer.
  »Lasst sie in Ruhe.«
  » Tötet sie.«
  Ein weiterer Stein flog durch die Luft.
  Die Gesichter um Thea herum waren nicht boshaft. Einige waren neugierig, andere bestürzt, wieder andere erfüllt von einer Art faszinierter Abscheu. Aber für die Schlange würde alles aufs Gleiche hinauslaufen.
  Ein Junge mit rotem Haar kam mit einem gegabelten Ast herbeigelaufen. Einige andere griffen nach Steinen.
  Ich kann sie das nicht tun lassen, dachte Thea. Klapperschlangen waren tatsächlich ziemlich zerbrechlich - ihr Rückgrat war verletzbar. Diese Kids konnten die Schlange töten, ohne es wahrscheinlich wirklich zu wollen.
  Ganz zu schweigen davon, dass sie dabei vielleicht gebissen werden konnten.
  Aber sie hatte nichts ... keinen Jaspis gegen Gift, keine Johanniswurzel, um den Geist zu besänftigen.
  Es spielte keine Rolle. Sie musste irgendetwas tun. Der rothaarige Junge mit dem Stock umkreiste die Schlange wie ein Kämpfer, der nach einer Lücke in der Deckung des Gegners Ausschau hielt. Die Schüler um ihn herum warnten ihn zum Teil, zum Teil feuerten sie ihn an. Die Schlange blies ihren Körper auf, und die Zungenspitzen flackerten schneller auf und ab, als Thea mit ihren Augen verfolgen konnte. Das Tier war wild.
  Thea ließ ihren Rucksack fallen und stellte sich vor den rothaarigen Jungen. Sie konnte sein Erschrecken sehen, und sie hörte mehrere Leute brüllen, aber sie versuchte, alles auszublenden. Sie musste sich konzentrieren.
  Ich hoffe, ich schaffe es ...
  Dreißig Zentimeter von der Klapperschlange entfernt kniete sie sich auf den Boden.
  Die Schlange rollte sich in ihre Angriffsposition zusammen. Sie hob den Vorderkörper in einer s-förmigen Spirale und hielt Kopf und Hals wie einen erhobenen Wurfspeer. Nichts sah so angriffshungrig aus wie eine Schlange in dieser Haltung.
  Ruhig... ruhig , dachte Thea und starrte in die schmalen, katzenähnlichen Pupillen der gelben Augen. Langsam hob sie die Hände, die Innenflächen der Schlange zugewandt.
  Besorgte Laute aus der Menge.
  Die Schlange atmete mit einem heftigen Zischen ein und aus. Thea holte vorsichtig Luft und versuchte, Ruhe zu verströmen.
  Nun, wer konnte ihr helfen? Natürlich war ihrem Herzen ihre eigene persönliche Beschützerin am nächsten: die Göttin Eileithyia aus dem alten
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