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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir
Autoren: Karen Sander
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einfach so hin?» Liz konnte es nicht glauben. War das der gleiche aufmüpfige Ermittler, der sie vor wenigen Wochen gegen alle Vorschriften und gegen die Anordnung seines Chefs um ein Gutachten gebeten hatte?
    «Ich habe keine Beweise», antwortete Stadler. «Ich weiß, wann ich verloren habe.»
    «Das ist alles?», fragte Liz perplex.
    «Tut mir leid, wenn ich dich enttäusche. Du hast wohl ein falsches Bild von mir.»
    «Ja, vielleicht.»
    «Glaub nicht, dass es leicht ist. Ich habe unzählige Kündigungsschreiben in meinen Computer getippt – und wieder gelöscht. Eins habe ich sogar ausgedruckt, bevor es im Papierkorb landete. Ich kann nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts geschehen. Aber ich weiß im Augenblick keine Alternative. Ich bin mit Herz und Seele Polizist, und ich kann nichts anderes.»
    «Du könntest dich als Privatdetektiv selbständig machen.»
    Stadler lachte auf. «Wie romantisch!»
    Der Kellner kam, Stadler nahm ein volles Bierglas entgegen und leerte es in einem Zug bis zur Hälfte. «Ehrlich gesagt habe ich sogar darüber nachgedacht. Aber es ist ein Scheißjob. Ich habe keine Lust, für den Rest meines Lebens Fotos von untreuen Ehefrauen zu schießen.»
    «Das kann ich nachvollziehen.» Liz versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen. Sie selbst hatte ebenfalls nichts unternommen, um die Öffentlichkeit davon zu unterrichten, wer der Mann, der Anfang November in einem Haus in Duisburg bis zur Unkenntlichkeit verbrannt war, in Wirklichkeit war. Sie hatte sich eingeredet, dass sie ihren Vater schützen musste. «Aber willst du nicht die Wahrheit wissen? Ich habe Hendrik erkannt, er war schließlich mein Bruder. Wie ist das mit dir? Willst du nicht wenigstens für dich selbst Gewissheit?»
    Stadler lächelte dünn. «Ich habe Gewissheit.»
    «Wie das? Ich dachte, die verkohlten menschlichen Überreste in der Ruine ließen sich nicht mehr eindeutig identifizieren?»
    «Stimmt. Und das Jugendfoto von deinem Bruder, das wir am Computer haben altern lassen, ist verschwunden. Auch die Datei wurde gelöscht. Tut mir leid.»
    «Schon in Ordnung. Ich brauche kein Foto mehr von Hendrik. Ich will nichts mehr haben, das mich an ihn erinnert.» Sie sah ihn an. «Und woher hast du nun die Gewissheit?»
    Stadler hob sein Glas, trank jedoch nicht. «Ich habe vorgesorgt: Als ich an die Heizung gefesselt aufwachte, stand der Kerl über mir. Ich habe ihn mit ein paar blöden Sprüchen provoziert, und als er sich über mich beugte, um mir eine Ohrfeige zu verpassen, kriegte ich ihn trotz der gefesselten Hände zu packen und zerkratzte ihm den Arm. Als alles vorbei war, übergab ich das Gewebe unter meinen Fingernägeln und eine Probe, die wir nach dem Mord an Deborah von dir genommen hatten, einem Kumpel beim LKA . Ich erzählte ihm, dass es sich um eine private Sache handle, und bat ihn, das Material diskret abzugleichen. Wie auch immer der Mann hieß, der in dem Feuer starb, er war definitiv mit dir verwandt.»
    «Dann hast du doch den Beweis, den du brauchst!»
    «Ich kann nicht nachweisen, woher die Probe stammt. Kein Gericht würde sie anerkennen. Außerdem habe ich das Dokument mit dem Testergebnis vernichtet, schließlich hat der Kollege beim LKA eine nicht genehmigte Untersuchung durchgeführt.»
    «Verstehe», sagte Liz. Allmählich verstand sie wirklich. Es gab ihn wohl tatsächlich, den Moment, in dem man einsehen musste, dass ein Kampf verloren war.
    Georg Stadler betrachtete sie, und sie spürte die Vertrautheit zwischen ihnen, die durch das gemeinsam Erlebte entstanden war. «Und was ist mit dir? Was für Pläne hast du für die Zukunft?», fragte er.
    Liz lächelte traurig. «Ich verschwinde von hier. Ich habe mich auf eine Stelle an meiner alten Uni beworben. Die Chancen stehen gut.»
    «Du ziehst weg?» Er wirkte ehrlich enttäuscht.
    «Ich habe schon einen Käufer für meine Wohnung. Ich könnte dort nicht mehr in Frieden leben.»
    «Du hast die Wohnung verkauft? Was machst du, wenn du die Stelle nicht bekommst?»
    «Ich kenne da jemanden mit einem sehr bequemen Wohnzimmersofa», antwortete Liz grinsend. «Nein, keine Sorge. Ich habe mich noch auf weitere Stellen beworben. In Großbritannien. Dort zu arbeiten, würde mich sogar noch mehr reizen. An der Universität Liverpool haben sie ein Zentrum für Ermittlungspsychologie. Und am University College in London gibt es ein Institut für Kriminalitätswissenschaften. Ein Job dort würde mir ganz neue Möglichkeiten bieten. Oder ich gehe
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