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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir
Autoren: Karen Sander
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ist trocken, auf dem Küchentisch steht eine benutzte Kaffeetasse, die nicht so wirkt, als sei sie von heute Morgen. Ich nehme an, Stadler ist gestern Abend nur bis zur Tür gekommen. Ich denke, das reicht für das große Aufgebot, oder?»
    «Allerdings. Du weißt, was zu tun ist?»
    «Betrachte es als erledigt.» Er beendete die Verbindung.
    Birgit hatte keine Zeit, den Schock zu verarbeiten, denn gerade als sie das Handy wegstecken wollte, meldete ein Signalton den Eingang einer SMS . Hastig öffnete sie die Nachricht. Sie bestand aus sieben Wörtern.
    Er hat Stadler. Orte mein Handy. Liz

Dienstag, 5. November, 11:13 Uhr
    Es hatte angefangen zu schneien. Kleine feste Flocken segelten aus der grauen Wolkendecke herab. Liz legte ihr Handy auf den Beifahrersitz des Focus, zögerte und steckte es dann in die Innentasche ihrer Jacke. Sie zweifelte nicht daran, dass Birgit Clarenberg ihre Nachricht begreifen und die notwendigen Maßnahmen einleiten würde. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wie lange es dauerte, bis der Ort, an dem sie ihren Bruder und Georg Stadler zu finden hoffte, von bewaffneten Einsatzkräften gestürmt wurde. Für die Handyortung benötigte Birgit bestimmt eine richterliche Genehmigung. Selbst wenn allen Beteiligten klar war, dass es eilte, fraß die Bürokratie vermutlich mindestens eine halbe Stunde.
    Genug Vorsprung, um Hendrik in Sicherheit zu wiegen und ihn zu überreden, die Sache unblutig zu Ende zu bringen. Und wenn sie es nicht schaffte, würde das SEK rechtzeitig eintreffen, das Haus stürmen und sie und Stadler befreien. Das hoffte sie zumindest.
    Liz stieg aus und betrachtete ihr Elternhaus. Es hatte sich kaum verändert. Alles sah noch fast genauso aus wie vor sechzehn Jahren, der Wendehammer, die kleine Garage, die vier Stufen zum Eingang.
    Als Liz auf die Treppe zuging, öffnete sich die Tür. Erschrocken blieb sie stehen, doch nichts rührte sich, niemand trat heraus. Hendrik erwartete sie, aber er wollte sich nicht vorzeitig zu erkennen geben.
    Liz holte tief Luft und erklomm die Stufen. Im Inneren des Hauses war es düster, schemenhaft erkannte Liz die Konturen fremder Möbelstücke und einen grauen Teppichboden, der hier früher nicht gelegen hatte. Sie nahm die Mütze vom Kopf, klopfte den Schnee von ihrer Jacke und horchte. Nichts.
    Liz hielt den Atem an. Ein merkwürdiger Geruch hing in der Luft. Spiritus? Benzin? Sie trat einen Schritt vor und zog die Haustür hinter sich zu.
    «Hendrik?», rief sie leise. «Hendrik, bist du hier?»
    Ein Knarren aus der Küche verriet ihr, wo sie erwartet wurde. Mit hämmerndem Herzen schlich Liz auf die Tür zu. Kaum hatte sie die Schwelle übertreten, da wurde sie gepackt und gegen die Küchenzeile geschleuderte. Sie prallte mit dem Kopf gegen einen der Hängeschränke, ein jäher Schmerz durchzuckte sie.
    Gerade als sie sich zu ihrem Angreifer umdrehen wollte, griffen die Hände erneut nach ihr und pressten sie unsanft gegen die Spülmaschine. «Mal sehen, was du uns mitgebracht hast», raunte eine Stimme, die Liz sofort als die aus dem Krankenwagen erkannte.
    Die Hände fuhren an ihrem Körper entlang, glitten unter ihre Jacke, sogar unter ihren Rollkragenpullover. Liz ließ es ohne Gegenwehr geschehen.
    «Keine Waffen und nicht verkabelt. Du bist tatsächlich ohne Rückendeckung hergekommen.» Der Mann stockte kurz, dann tastete er die Jacke ab. «Bis auf das hier», ergänzte er und zog ihr Handy aus der Tasche.» Er ließ von ihr ab und warf das Telefon achtlos auf den Tisch.
    Liz drehte sich langsam um, darauf gefasst, dass der Mann sie daran hindern würde. Doch er ließ sie gewähren. Im Zwielicht der unbeleuchteten Küche betrachtete sie ihn: Die leicht gewellten dunklen Haare, die hohe Stirn, das markante Kinn. Auch wenn ihr seine Züge fremd vorkamen, die Körperhaltung und die Art, wie er sie ansah, ließen keinen Zweifel zu: Vor ihr stand ihr totgeglaubter Bruder.
    «Hendrik», flüsterte sie. Ihre Gefühle wirbelten durcheinander. Angst, Wut, aber auch eine überwältigende, süße Wiedersehensfreude rangen in ihrem Inneren miteinander. Auf der Fahrt hatte sie sich zurechtgelegt, was sie ihm sagen wollte, doch jetzt fiel ihr kein einziges Wort ein.
    «Herzlich willkommen zu Hause, Schwesterlein», sagte er kalt. «Ich dachte schon, du findest mich nie.»
    «Wo ist Stadler?», fragte sie, obwohl sie das Thema eigentlich hatte meiden wollen. Aus gutem Grund.
    Hendriks Mund zuckte verärgert. «Du bist also nur seinetwegen
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