Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwester Lise

Schwester Lise

Titel: Schwester Lise
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
dir?“
    „Ausgezeichnet. Ich sehne mich bloß nach dir.“
    „Und ich hatte geglaubt, du würdest mich im Ausland
    vergessen!“
    „Eine eitle Hoffnung, Liselchen. Hast du mich denn vergessen?“
    „Nein - “, entgegnete Lise langsam. Dann sagte sie auf Wiedersehen und legte den Hörer auf.
    Seit diesem Anruf lief sie wieder nachdenklich herum. Auch in diese Sache mußte sie jetzt Klarheit bringen, so verzwickt sie auch war. Fredrik erwies sich nun doch als guter Freund. Der kleine Stachel, der sie lange genug geplagt hatte, war vergessen. Daß er sie geküßt hatte - nun, das lag weit zurück und wurde immer unwesentlicher. Die Hauptsache war, daß er sie jetzt gern hatte und daß man einander jetzt besser kannte.
    Aber hatte er sie gern? Kannte er sie wirklich? Was wußte er schon von ihr? Sie selbst hatte ihm nur erzählt, daß sie Waise war, seit drei Jahren in der Krankenpflege stand und vor dieser Zeit eine Bürostellung gehabt hatte. Mehr wußte er nicht, aber mehr interessierte ihn offenbar auch nicht.
    Alles um sie her war jetzt klar und geregelt, bis auf diese merkwürdige Freundschaft mit Fredrik.
    Wie stand es aber um sie selbst? Machte sie sich eigentlich etwas aus ihm? Haßte sie ihn, oder war sie vielleicht gar verschossen in ihn?
    Bei diesem Gedanken machte ihr Herz einen kleinen Sprung. Wenn sie nun doch noch ein glücklicher Mensch werden könnte; wenn aus der Liebe zu Halfdan eine Episode, eine Jugenderinnerung und Fredrik ihr Mann wurde?
    Sie grübelte noch vor sich hin, als das Auto vor der Klinik vorfuhr. Sie zupfte ihr hübsches Sommerkostüm zurecht, ergriff den großen weißen Hut und lief hinunter.
    Fredrik schien überglücklich, sie wiederzusehen. Und nachdem sie zusammen gegessen und das Wiedersehen mit Sekt begossen hatten und später von einem langen Ausflug mit dem Wagen zurückgekehrt waren, schlug Fredrik ihr vor, den Abend bei ihm zu beschließen.
    Nach dem Abendbrot, als sie beim Mokka saßen und der Schein der Kerzen im Cointreau funkelte, ergriff Fredrik Eirins beide Hände.
    „Nun, mein Mädchen - jetzt werden wir uns aussprechen. Ich will dir etwas gestehen: Du hast mich verzaubert. Seit ich dich zum ersten Male sah, fand ich keine Ruhe mehr. Du ließest mich nicht mehr los.“
    Seine Worte wirkten auf Eirin ernüchternd. War es nicht umgekehrt? Er hatte sie doch verfolgt, seit sie sich das erstemal getroffen hatten!
    „Ich verstehe dich nicht, Liselchen. Du bist doch meine Freundin, nicht wahr?“
    „Doch-“
    „Du mußt doch begreifen, daß es so nicht weitergehen kann, Jahr um Jahr mit einer kühlen, nüchternen Freundschaft. Für mich ist das nichts. Ich bin nicht von Stein, Lise, und ich glaube, du bist es auch nicht.“
    „Glaubst du -?“
    „Lise - jetzt setzt du wieder dieses eigentümliche, unergründliche Lächeln auf. Aber deine Gedanken sind weit weg. Lise - “ Er beugte sich über sie. „Lise, als wir das letztemal hier saßen, rücktest du mir aus, und ich behauptete, ich würde dich schon noch dahin bekommen, wo ich dich hinhaben wollte. Diesmal kommst du mir nicht so leicht davon, Lise. Ich liebe dich, hörst du - und ich muß jetzt wissen, wie du zu mir stehst. Lise, sag, daß du mich liebhast -ein wenig liebhast!“
    Eirins Herz klopfte. Sie schloß die Augen, damit er nicht sah, was sie heimlich sich wünschte. Aber ihm zu sagen, daß sie ihn liebhabe - das konnte sie nicht!
    „Lise!“ Seine Stimme war drohend. „Lise, jetzt weiß ich, was mit dir ist. Ist da ein anderer, Lise?“
    Sie blickte ihn mit großen, angstvollen Augen an. Sollte sie ihn belügen? Sie wollte ihm alles erklären, da trat er ganz nah vor sie hin und sprach mit belegter Stimme:
    „Ich mach’ mir nichts draus, Lise! Mag ein anderer dasein, mögen hundert andere dasein - ich finde mich damit ab. Aber jetzt bist du bei mir. Laß das ewige Grübeln. Denk lieber daran, daß du da bist, daß du jung bist, daß hier einer ist, der dich liebt. Liselchen, wir sind doch nur zwei Menschen, die einander zufällig begegnet sind -vielleicht müssen wir uns trennen - vielleicht werden wir uns nicht mehr wiedersehen. Hättest du nicht einen anderen lieb - nun gut, Lise, wenn doch ein anderer da ist, der so reich ist, deine Liebe zu besitzen, kannst du mir dann nicht eine winzig kleine glückliche
    Minute gönnen, hast du nicht ein Almosen für einen, der dich anfleht, Lise -?“
    Fredrik fuhr plötzlich erschrocken zurück. Sein Gesicht war aschfahl. Denn Eirin hatte einen Schrei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher