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Schwester der Toten

Schwester der Toten

Titel: Schwester der Toten
Autoren: Marcel Feige
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fragte Philip, der abermals keinen blassen Schimmer hatte, worauf der Kommissar hinauswollte.
    »Warten Sie!« Berger hob abwehrend die Hand. »Warten Sie. Lassen Sie es mich ausführen.«
    Philip zog die Augenbrauen hoch.
    »Drogen im Übermaß sind schädlich. Sie trüben die Wahrnehmung, verwirren den Verstand, sie enthemmen den Menschen. Wussten Sie, dass Drogen wie Ecstasy, Speed und Kokain in diesem Ausmaß bei dauerhaftem Konsum aggressiv machen?« Er schnaufte, als habe das viele Reden ihn angestrengt. »Sehr aggressiv.« Er atmete durch. »So aggressiv, dass man sogar einen Mord begehen könnte.«
    Philip richtete sich auf. »Was wollen Sie damit sagen?«
    Berger nahm die Enden seines Schnurrbarts zwischen die Finger, rollte sie zu zwei feinen Spitzen zusammen, mit denen er Philip aufzuspießen drohte. Mit grollender Stimme sagte er: »Ich will damit sagen: Falls Sie es noch nicht gemerkt haben, Sie sitzen mächtig in der Scheiße.«
    Philip verzog die Mundwinkel. Das war nun wahrlich nichts Neues. Die letzten Tage waren derart mies für ihn gelaufen, dass selbst die Aussicht, im Gefängnis zu landen, ihn nicht mehr schockieren konnte. Nein, korrigierte er sich. Es hatte auch positive Überraschungen gegeben. Er dachte an die alte verwahrloste Frau, die ihn empfangen hatte, als er von seiner Reise zurückgekehrt war; sein Verstand sträubte sich, es als etwas anderes als eine Reise zu betrachten.
    Ich bin deine Großmutter, hatte sie gesagt. Es gab keinen Grund, ihre Behauptung anzuzweifeln, nicht nach allem, was er erlebt hatte. Außerdem war ihr Gesicht ihm seltsam vertraut erschienen, als hätte er es vor wenigen Tagen erst auf einem Foto betrachtet. Die Tatsache, dass er offenbar noch eine Großmutter hatte, nach so vielen Jahren, in denen ihn sein Vater in dem Glauben gelassen hatte, es gäbe keine weiteren Familienangehörigen mehr, barg auch ein Stück Glück, vielleicht sogar Hoffnung.
    Berger legte die Hände auf den Tisch und faltete sie wie zum Gebet. Zeit für die Beichte. »Sie haben mir immer noch nichts zu sagen?«
    »Was wollen Sie hören?«
    »Zum Beispiel ein Geständnis.«
    Philip knurrte. »Was soll ich gestehen?«
    Berger stöhnte auf. »Herr Hader, bitte, drehen wir uns doch nicht im Kreis. Sie wissen, was Ihnen vorgeworfen wird. Sie stehen im dringenden Verdacht, den Fotografen Rüdiger Dehnen umgebracht zu haben.«
    »Oh Mann, warum sollte ich Rüdiger töten?«
    »Vielleicht weil man Sie beim Kurier gefeuert hat? Vielleicht weil Sie ihn nicht ausstehen konnten und es ihm angedroht haben? Vielleicht weil Sie bis in die Haarspitzen mit Drogen voll gepumpt waren? Sagen Sie es mir!«
    »Das ist doch lachhaft«, presste Philip hervor.
    »Warum sind Sie dann geflohen?«
    »Ich war in Panik.« Wer wäre das nicht, wenn er gerade einen mordenden Geist gesehen hat. »Ich hatte keinen klaren Kopf mehr…« Noch während er es sagte, wurde ihm bewusst, wie dumm die Bemerkung war.
    Berger ging nicht darauf ein. »Wir haben die Mordwaffe.«
    »Und?«
    »Sie wissen, was es ist?«
    Philip schnaubte wütend. »Sagen Sie es mir!«
    »Wir haben die Kamera.«
    »Dann müssten Sie wissen, dass ich es nicht war.«
    »Ihre Fingerabdrücke sind drauf!«
    »Natürlich, es ist schließlich meine Kamera! Aber es müssen noch andere Abdrücke drauf sein!«
    Berger lehnte sich zurück. »Das ist richtig, und ich gebe zu, das macht uns stutzig. Andererseits haben uns Ihre ehemaligen Kollegen bestätigt, in der Redaktion seien die Apparate häufig von unterschiedlichen Fotografen genutzt worden.«
    »Das war meine Kamera! Außer mir hat die niemand benutzt!«, schrie er fast.
    Berger nickte. »Umso schlimmer für Sie.«
    Philip hätte sich am liebsten die Haare gerauft, als ihm bewusst wurde, dass es Berger gelang, ihn zu immer mehr Aussagen zu drängen, die ihn selbst belasteten. Aber da war nur noch eine Glatze, seit er sich den Kopf in einem Akt der Verzweiflung rasiert hatte. Er funkelte den Polizisten böse an. »Aber es gibt keine Zeugen!«
    »Oh. Hatte ich das noch nicht erwähnt? Wir haben einen Zeugen.«
    Klar, mich! Nur glaubt mir das keiner. »Wen?«
    »Ihren Chef.«
    »Fankow? Der hat nichts gesehen!«
    »Wieso?«, fragte der Kommissar und nahm eine lauernde Stellung ein. »Hätte er denn etwas sehen können?«
    »Nein, verdammt.« Philip verdrehte die Augen. »So war das nicht gemeint.«
    »Dann erklären Sie es mir.«
    »Er hat nicht gesehen, was tatsächlich passiert ist.«
    »Er hat aber
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