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Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar

Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar

Titel: Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
Autoren: Fritz Leiber
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Straßenmündung, die Reihe der Wächter, die dem Platz nun den Rücken gewandt hatte, als wäre nichts geschehen – und Hunderte von winzigen rotschimmernden Augenpaaren, die aufmerksam durch die Ritzen der Straßenabflüsse, aus zahlreichen kleinen Löchern in den Mauern und sogar von den Dächern starrten. Aber wer zählt die Ratten in einer alten Stadt wie Lankhmar?
    Der große und der kleine Mann sahen sich noch eine Zeitlang stirnrunzelnd um. Dann entspannten sie sich langsam, begannen brüllend zu lachen, steckten ihre Waffen fort und wandten sich nicht ohne Neugier den Bläsern zu.
    Die Trompeter wichen zur Seite. Eine Reihe von Lanzenträgern vollführte hinter ihnen die gleiche Bewegung, und durch das Spalier schritt ein glattrasierter Mann in einer schwarzen silberbestickten Toga.
    Er hob eine Hand zum Gruß und sagte ernst: »Ich bin der Oberhofmeister von Glipkerio Kistomerces, dem Oberherrn Lankhmars, und hier ist das Symbol meines Amtes.« Er brachte einen kleinen Silberstab zum Vorschein, dessen eine Spitze aus einem fünfzackigen Seestern in Bronze bestand.
    Die beiden Männer nickten, als wollten sie sagen: »Schon gut.«
    Der Oberhofherr wandte sich an den großen Mann. Er zog ein Pergament aus seiner Toga, entrollte es, überflog den Text und schaute auf. »Sind Sie Fafhrd, Nordling-Barbar und Streithammel?«
    Der große Mann dachte einen Augenblick darüber nach und sagte: »Und wenn ich's wär?«
    Der Oberhofherr wandte sich an den kleinen Mann. Wieder konsultierte er sein Dokument. »Und sind Sie – verzeihen Sie, aber so steht es hier – der langverdächtigte Einbrecher, Beutelschneider, Schwindler und Attentäter, der Graue Mausling?«
    Der kleine Mann warf seine graue Kapuze zurück und sagte: »Wenn es Sie etwas angeht – nun, er und ich haben vielleicht einiges gemein.«
    Als stellten ihn diese vagen Antworten voll zufrieden, rollte der Oberhofherr sein Pergament wieder zusammen und steckte es fort. »Dann möchte mein Herr und Meister Sie sprechen. Sie können ihm einen Dienst erweisen, der nicht Ihr Schaden sein soll.«
    Der Graue Mausling fragte: »Wenn der allmächtige Glipkerio Kistomerces unserer so dringend bedarf, warum hat er uns dann überfallen lassen? Wir hätten dabei umkommen können!«
    Der Oberhofherr erwiderte: »Wenn Sie zu den Männern gehörten, die sich von einem solchen Mob umbringen lassen, wären Sie nicht die Richtigen für die Aufgabe, die mein Herr im Sinn hat. Aber die Zeit drängt. Folgen Sie mir.«
    Fafhrd und der Graue Mausling sahen sich an und zuckten die Achseln. Sie setzten sich hinter dem Oberhofherrn in Bewegung, gefolgt von den Lanzenträgern und Trompetern. Der Zug marschierte auf dem Wege zurück, den er gekommen war, und der Platz blieb leer zurück.
    Bis auf die Ratten natürlich.

2
    Zwei Tagesreisen von Lankhmar entfernt pflügten die schmale Kriegsgaleere und die fünf breiten Kornschiffe hintereinander durch das Binnenmeer; ein sanfter Westwind füllte ihre dreieckigen braunen Segel.
    Es war später Nachmittag an einem seltsam dunstigen Tag, da Meer und Himmel die gleiche Farbe zu haben und damit den unwiderlegbaren Beweis für eine Hypothese zu bieten schienen, wie sie im Augenblick von lankhmarischen Philosophen gern vertreten wurde; daß nämlich Nehwon eine gewaltige Luftblase ist, die durch die Wasser der Ewigkeit treibt – wobei Kontinente, Inseln und die großen Edelsteine, die des Nachts als Sterne erscheinen, auf der Innenfläche dieser Blase schwimmen.
    Auf dem Achterdeck des letzten Kornschiffs, das zugleich das größte war, spuckte der Graue Mausling einen Pflaumenkern nach Lee und sagte gedehnt: »Schönes Lankhmar! Kaum einen Tag waren wir in der Stadt der Schwarzen Toga nach monatelangem Abenteuer, und schon gibt uns der Oberherr persönlich diesen angenehmen Auftrag – noch dazu mit Anzahlung.«
    »Angenehme Aufträge erfüllen mich immer mit Mißtrauen«, sagte Fafhrd gähnend und öffnete sein pelzbesetztes Wams ein Stück weiter, damit der Wind besser durch sein dichtes Brusthaar streichen konnte. »Und wir wurden so schnell wieder aus der Stadt getrieben, daß wir uns nicht einmal bei den Damen sehen lassen konnten. Trotzdem muß ich zugeben, es hätte uns schlechter ergehen können. Ein voller Beutel ist der beste Ballast für jedes Schiff.«
    Schiffsherr Slinoor wandte sich um und musterte abschätzend den graugekleideten, geschmeidigen kleinen Mann und seinen großen, farbenfreudig ausgestatteten Barbarenfreund.
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