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Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Titel: Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei
Autoren: Fritz Leiber
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einen Pfad zwischen seinen und Ivrians Augen – einen felsigen Tunnel, durch den sich die Kräfte des menschlichen und auch eines übermenschlichen Geistes wie ein Bergstrom ergießen konnten.
    Und noch immer wandte sie sich nicht ab. Ihr Gesicht blieb steinern, wenn er stöhnte, nur ihre Augen schienen sich zu verdunkeln, als sie noch bleicher wurde.
    Maus spürte, wie sich in seinem Körper etwas regte. Durch die kochendheißen Wasser des Schmerzes stieg sein Haß, erreichte die Oberfläche und schwamm gleichfalls dort oben. Er stieß seinen Haß durch den felsigen Tunnel, sah, wie Ivrians Gesicht unter dem Aufprall noch totenstarrer wurde, sah, wie sich ihre Hand um den Unterarm ihres Vaters krampfte, spürte das Zittern, das Janarrl nicht länger unterdrücken konnte.
    Das Rad drehte sich. Von weitem hörte Maus ein ständiges herzzerreißendes Wimmern. Doch ein Teil seiner selbst hing jetzt außerhalb des Raumes, schien sich hoch hinaufzuschwingen in die frostige Leere über der Welt. Er sah ein nächtliches Panorama waldiger Hügel und Täler unter sich ausgebreitet. Nahe bei einer Hügelspitze ragte eine kleine Gruppe spitzer Türme auf. Als wäre er mit den magischen Augen eines Zaubervogels ausgestattet, konnte er durch die Wände und Dächer dieser Türme schauen, bis in die Fundamente darunter, in einen winzigen, kaum erleuchteten Raum, in dem sich Menschen – kleiner als Insekten – zu schlimmem Tun zusammengefunden hatten. Einige machten sich an einem Mechanismus zu schaffen, der einem anderen Wesen Schmerz zufügte – einem Wesen, das eine sich windende Ameise sein mochte.
    Und der Schmerz dieses Wesens, dessen Schreie dünn zu hören waren, hatten einen seltsamen Einfluß auf ihn da oben, stärkten seine inneren Kräfte und rissen ihm einen Schleier von den Augen fort – einen Schleier, der ihm ein schwarzes Universum verhüllt hatte.
    Dann begann er ringsum ein gewaltiges Murmeln zu hören. Die frostige Dunkelheit wurde wie von mächtigen Flügeln erschüttert. Das stählerne Licht der Sterne durchschnitt wie schmerzlose Klingen sein Gehirn. Er spürte einen wilden Wirbel des Bösen wie einen reißenden Strom von Raubtieren von oben auf sich herabstoßen, und er wußte, daß es an ihm lag, diesen Ansturm zu lenken.
    Er ließ ihn durch seinen Körper fahren und schleuderte ihn durch jenen ungebrochenen Pfad, der zu zwei schwarzen Punkten in dem winzigen Raum unter ihm führte – in die beiden starren Augen Ivrians, der Tochter des Herzogs Janarrl.
    Er sah, wie sich die Schwärze des Wirbels wie ein Tintenfleck auf ihrem Gesicht bemerkbar machte, ihre weißen Arme hinabrann und ihre Finger färbte. Er sah, wie sich ihre Hand zuckend um den Arm ihres Vaters klammerte. Er sah, wie sie ihre andere Hand dem Herzog näherte und ihre geöffneten Lippen an seine Wange hob.
    Und dann, einen Augenblick lang, während die Fackeln blau durchgepeitscht wurden von heftigen Windstößen, die die Steine des Kellerraumes zu durchdringen schienen ... einen Moment lang, während die Folterknechte und Wächter ihr Handwerkszeug fallen ließen ... einen unauslöschlichen Augenblick des erfüllten Hasses und der vollzogenen Rache, sah Maus das starke, gedrungene Gesicht Herzog Janarrls in höchstem Entsetzen erzittern, sah die Gesichtszüge, die wie ein schweres Tuch von unsichtbaren Händen durchgewrungen wurden, sah sie zerfallen in Hilflosigkeit und Tod.
    Die Bänder, die Maus gehalten hatten, entspannten sich. Sein Geist stürzte wie ein Vogel auf den Kellerraum zu.
    Ein stechender Schmerz erfüllte ihn, doch ein Schmerz, der Leben verhieß und nicht den Tod. Über ihm war die niedrige Steindecke. Die Hände am Rad waren weiß und schlank. Dann merkte er, daß der Schmerz ein Schmerz der Entspannung war, als jetzt der Druck auf seine Arme und Beine nachließ.
    Langsam löste Ivrian die Lederbänder um seine Hand- und Fußgelenke. Langsam half sie ihm auf, stützte ihn mit ganzer Kraft. Sie schleppten sich durch den Raum, aus dem alle anderen entsetzt geflohen waren mit Ausnahme einer zusammengesunkenen, juwelengeschmückten Gestalt in einem hölzernen Stuhl.
    Sie blieben einen Augenblick davor stehen, und er betrachtete das tote Ding mit dem kühlen, befriedigten, maskenhaften Ausdruck einer Katze. Dann gingen sie weiter, die Treppen hinauf, Ivrian und der Graue Mausling, durch die in panischem Entsetzen verlassenen Korridore, hinaus in die Nacht ...
     
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