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Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Titel: Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei
Autoren: Fritz Leiber
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Fackelfeuers schwankten.
    Dann vergingen die niedrigen Wände um ihn, und als ob es plötzlich keine Entfernungen mehr gab, sah er die ganze weite Welt da draußen, die er noch nicht zu Gesicht bekommen hatte: große Wäldereien, hellbraune Wüsten und türkisfarbene Meere; der See der Ungeheuer, die Stadt der Geister, das herrliche Lankhmar, das Land der Acht Städte, das Trollgebirge, die sagenumwobene Eis-Öde, einen großen rothaarigen Jungen mit ehrlichem Gesicht, den er bei den Piraten kennengelernt hatte – Orte und Leute, die ihm nun ewig fremd bleiben würden, die sich ihm jetzt aber in herrlichem Detail zeigten, wie von einem Meisterbildhauer gestaltet und bemalt.
    Mit erschreckender Plötzlichkeit kehrte der Schmerz zurück und verstärkte sich. Das Nagen wurde zu Nadelstichen, ein vorsichtiges Tasten in seinem Innern – kräftige Finger, die an seinen Armen und Beinen entlang und auf sein Rückgrat zukrochen – ein Lockern und Knacken an der Hüfte. Verzweifelt straffte er seine Muskeln, um der Bewegung zu begegnen.
    Dann hörte er die Stimme des Herzogs: »Nicht so schnell. Haltet mal einen Moment.« Maus glaubte einen Hauch von Panik in dieser Stimme wahrzunehmen. Gegen den Schmerz wandte er den Kopf und starrte in die unruhigen Augen. Sie schwangen wie kleine Pendel hin und her.
    Und dann plötzlich, als gäbe es die Zeit nicht mehr, sah Maus eine andere Szene in diesem Raum. Der Herzog saß da, und seine Augen schwangen von einer Seite zur anderen, doch er war jünger, und auf seinem Gesicht zeigten sich Schrecken und Panik. Dicht neben ihm saß eine aufreizend gutaussehende Frau in einem dunkelroten Kleid mit gewagtem Ausschnitt und Ärmelschlitzen, in denen gelbe Seide glänzte.
    An Maus' Stelle auf der Streckbank lag ein wohlgeformtes, in höchsten Tönen wimmerndes Mädchen, das die rotgekleidete Frau unbarmherzig verhörte. Es ging um ein amouröses Zusammensein mit dem Herzog und einen Giftmordversuch an ihr, der Herzogin.
    Schritte unterbrachen diese Szene, so wie ein geworfener Stein ein Spiegelbild im Wasser zerstört, und brachten die Gegenwart zurück. Dann eine Stimme: »Deine Tochter kommt, o Herzog.«
    Maus stählte sich. Ihm war bisher nicht bewußt geworden, wie sehr er sich trotz seines Schmerzes vor dieser Begegnung fürchtete. Ihn erfüllte die bittere Gewißheit, daß Ivrian seinen Worten nicht gefolgt war. Er wußte, daß sie nicht böswillig war und ihn nicht hatte verraten wollen, doch gleichermaßen war sie ohne Mut. Sie würde sicher wimmernd herbeikommen, und ihre Qualen würden ihm auch noch den Rest seiner Selbstbeherrschung rauben und seine letzten hoffnungsvollen Pläne zunichte machen.
    Leisere Schritte näherten sich jetzt; sie hatten etwas seltsam Gemessenes.
    Es bereitete ihm Schmerzen, den Kopf so weit zu wenden, daß er auch die Tür sehen konnte; und doch tat er es und verfolgte, wie ihre Gestalt an Umriß gewann, als sie jetzt den verschwommenen Lichtkreis der Fackeln betrat.
    Dann sah er die Augen. Sie waren weit aufgerissen und hatten etwas Starres. Sie waren unbeweglich auf ihn gerichtet. Sie wandten sich nicht ab. Das Gesicht war bleich, von einer tödlichen Ruhe geprägt.
    Er sah, daß sie ein dunkelrotes Kleid trug, mit großem Ausschnitt und Armschlitzen, in denen gelbe Seide schimmerte.
    Und dann machte Maus' Herz einen gewaltigen Sprung, denn er erkannte, daß sie seiner Bitte gefolgt war. Glavas Rho hatte gesagt: »Der Leidende kann seine Leiden dem Unterdrücker zuschleudern, wenn nur der Unterdrücker dazu gebracht werden kann, einen Weg für seinen Haß zu bahnen.« Jetzt lag ihm ein solcher Weg offen – ein Weg, der in Janarrls Innerstes führte.
    Hungrig richtete sich Maus' Blick auf Ivrians starre Augen, als wären sie Zentren Schwarzer Magie unter einem kalten Mond. Jene Augen, das wußte er, würden empfangen, was er zu geben hatte.
    Er sah, wie sie sich neben den Herzog setzte. Er sah, wie der Herzog seine Tochter von der Seite ansah und dann auffuhr, als wäre sie ein Gespenst. Doch Ivrian wandte nicht den Kopf, nur ihre Hand stahl sich heraus und legte sich auf seinen Unterarm, und der Herzog sank zitternd auf seinen Stuhl.
    »Fortfahren!« hörte er den Herzog ausrufen, und diesmal war die Panik in seiner Stimme ganz dicht vor dem Ausbrechen.
    Das Rad drehte sich. Maus hörte sich mitleiderregend stöhnen. Aber da gab es jetzt etwas in ihm, das oben auf dem Schmerz schwamm und das daran nicht teilhatte. Er hatte das Gefühl, als gäbe es
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