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Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Titel: Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei
Autoren: Fritz Leiber
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trug einen Hauch von Panik in ihr Herz: eine kühne, schöne Frau, die stets eine Peitsche in der Hand trug und die selbst ihr Vater gefürchtet hatte. Ivrian wußte noch, daß bei der Nachricht der Dienerschaft, ihre Mutter habe sich bei einem Sturz vom Pferd das Genick gebrochen, ihr einziges Gefühl in der Angst bestanden hatte, man könne sie anlügen, und das alles wäre ein neuer Trick ihrer Mutter, um sie wieder aus dem Gleichgewicht zu bringen, und die Strafe würde bald folgen.
    Vom Tage des Todes ihrer Mutter an hatte ihr Vater sie mit einer seltsam perversen Grausamkeit behandelt. Vielleicht lag es an seiner Enttäuschung, keinen Sohn zu haben, daß er sie wie einen feigen Jungen anstatt wie ein Mädchen schalt und daß er seine niedrigsten Untergebenen ermunterte, sie zu quälen – von den Zimmermädchen, die ihr des Nachts als Gespenster erschienen, bis zu den Küchenfräulein, die ihr Frösche in die Milch und Nesseln in den Salat taten.
    Manchmal hatte sie aber das Gefühl, daß Wut über ihr Geschlecht eine zu schwache Erklärung für die Grausamkeiten ihres Vaters war, daß er sich vielmehr in Ivrian an seiner toten Frau rächen wollte, die er gewiß gefürchtet hatte und die noch immer sein Leben beeinflußte, denn er hatte nicht wieder geheiratet oder auch nur offen eine Mätresse genommen.
    Oder vielleicht war doch etwas Wahres an dem, was er über ihre Mutter und Glavas Rho gesagt hatte – nein, bestimmt war das ein Phantasiegebilde, aus Wut geboren. Oder vielleicht ging es darum, daß er – wie er ihr manchmal gesagt hatte – bemüht war, sie dem bösartigen und blutdurstigen Beispiel ihrer Mutter nacheifern zu lassen, daß er sich wünschte, seine gehaßte und bewunderte Frau in der Person ihrer Tochter wiedererstehen zu sehen, und daß er an der Brüchigkeit des Materials, mit dem er arbeitete, und an dem grotesken Versuch ein seltsam verqueres Vergnügen fand.
    Dann hatte sie bei Glavas Rho einen Unterschlupf gefunden. Als sie dem weißbärtigen alten Mann auf ihren einsamen Waldwanderungen zum erstenmal begegnete, war er gerade dabei, das gebrochene Bein eines Fauns zu richten, und er hatte ihr leise von der Freundlichkeit in der Welt und der Verwandtschaft allen tierischen und menschlichen Lebens erzählt. Und Tag um Tag war sie wiedergekommen und hatte zugehört, wie ihre vagen Intuitionen als große Wahrheiten enthüllt wurden, hatte eine Zuflucht gefunden in seinem großen Herzen ... und sie hatte ihre schüchterne Freundschaft mit dem schlauen kleinen Lehrling des Zauberers ausgekostet.
    Doch jetzt war Glavas Rho nicht mehr am Leben, und Maus hatte den Spinnenweg genommen – oder den Schlangenpfad oder Katzentritt, wie der alte Zauberer die Böse Magie manchmal genannt hatte.
    Sie blickte auf und sah Maus ein Stück schräg vor sich reiten, die Hände auf dem Rücken gefesselt, Kopf und Körper nach vorn geneigt. Das Gewissen schlug ihr, denn sie wußte, daß sie an seiner Gefangennahme schuld war. Aber schlimmer als das Gewissen war der Schmerz um eine verpaßte Gelegenheit, denn dort vor ihr, zum Untergang verurteilt, ritt der einzige Mann, der sie vor ihrem Leben hätte bewahren können.
    Eine schmale Stelle auf dem Pfad brachte sie dicht neben ihn. Sie sagte hastig und beschämt: »Wenn ich irgend etwas für dich tun kann, damit du mir ein wenig vergibst ...«
    Der Blick, den er ihr von der Seite zuwarf, war scharf, abschätzend und überraschend munter. »Vielleicht kannst du das«, murmelte er leise, damit die Jäger weiter vorn ihn nicht hören konnten. »Wie du sicher weißt, wird mich dein Vater zu Tode foltern. Er wird von dir verlangen, daß du zusiehst. Tu das. Halt die Augen die ganze Zeit auf mich gerichtet. Setz dich dicht neben deinen Vater. Lege ihm deine Hand auf den Arm. Aye, und küß ihn auch. Vor allem laß dir keine Angst und auch keinen Widerwillen anmerken. Sei eine Marmorstatue. Sieh zu, bis alles vorüber ist.
    Noch etwas – wenn du kannst, mußt du ein Kleid deiner Mutter tragen, oder wenn du kein Kleid findest, irgendeinen Schmuck von ihr.« Er lächelte sie dünn an. »Wenn du das tust, habe ich wenigstens den Trost, dich leiden zu sehen – wirklich leiden!«
    »Keine Zaubersprüche da!« rief plötzlich einer der Jäger und zerrte Maus' Pferd von Ivrians Seite.
    Das Mädchen schwankte im Sattel, als wäre es geschlagen worden. Sie hatte gedacht, ihr Elend könnte nicht noch größer werden, doch Maus' Worte hatten sie noch eine weitere letzte Stufe
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