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Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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    »Einen Platz im Himmel!«
    Die Kirchentür fiel ins Schloss.

4

    D as Futter für die Sau — ich hatte sie Wilpert getauft — ging zur Neige. Die Kaninchen waren kein Problem, denn auf der Wiese hinter dem Haus wuchs genug Löwenzahn. Aber wegen des Schweins musste ich mir etwas einfallen lassen. Ich hatte a) kein Geld, b) keinen Job und c) keine Idee, wie ich a) und b) ins Gegenteil verkehren konnte.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als erneut Karin Schumann anzupumpen.
    Ich schwang mich aufs Fahrrad, nachdem ich mich in Schale geschmissen hatte: Flanellhose, Blazer, Hemd, Krawatte und Lederschuhe.
    Doch bei der Ankunft auf dem Biogemüsehof waren die Hosenbeine versaut. Ich stieg vom Rad, steckte mir eine Zigarette an und schlenderte über den Hof.
    Karin stand mit einem etwa achtzehn Jahre alten Bübchen vor der Scheune und unterhielt sich angeregt. Ich lehnte mich gegen das Scheunentor, schnippte elegant die Asche von der Zigarette und studierte meine Nachbarin. Die Sachen, die sie trug, passten zur biologischen Ausrichtung ihres Hofes. Der Oberkörper wurde von einem senffarbenen Schlabberpulli bedeckt. Dazu trug sie einen rotbraun gestreiften Wickelrock, der leider nicht lang genug war, um die grauenhaften Schuhe zu bedecken. Eigentlich waren es auch keine Schuhe, sondern so was Ähnliches wie Pantoffeln. Nein, nicht etwas Ähnliches; es waren Pantoffeln.
    »Ist was oder sind Sie nur hergekommen, um die Scheune in Brand zu stecken ?«
    Ich riss mich vom Anblick der Puschen los.
    »Ich würde gerne mit Ihnen über eine geschäftliche Angelegenheit sprechen, Frau Schumann, oder darf ich Sie Karin nennen ?«
    »Nein, dürfen Sie nicht. Außerdem mache ich keine Geschäfte mit Leuten, die ihre Schulden nicht begleichen. Auf Wiedersehen.«
    »Darum geht es; ich möchte bezahlen, aber...«
    »Aber was, das ist ja noch schöner, zuerst...«
    »Wenn ich kurz unterbrechen darf, ich gehe jetzt besser«, fiel ihr der Junge ins Wort und schlurfte breitbeinig zu einem alten Ford Granada.
    Als er außer Hörweite war, fragte ich Karin nach dem Namen des Unbekannten.
    »Er heißt Frank Stöffken , wohnt im Nachbarort, ist der Sohn des Kneipenbesitzers Hubert Stöffken und hat mir soeben mitgeteilt, dass ich keine Essensreste mehr bekomme, weil es jemanden gibt, der Bares dafür hinlegt. Reicht das ?«
    »Dann haben wir ein Problem«, sagte ich zu ihr.
    »Nein, genau genommen haben wir, beziehungsweise ich, zwei Probleme. Zum einen muss ich ab heute teures Geld für Schweinefutter ausgeben, zum anderen einen Schmarotzer vom Hof werfen .«
    »Wie viel schulde ich dir, Karin ?«
    »Ich habe Ihnen bereits klar gemacht, dass ich von Ihnen nicht geduzt werden will !« , giftete sie mich an. »Abgesehen von den Essensresten habe ich seit Simons Tod sechsundzwanzig Strohballen und drei Sack Schweinemehl vorgestreckt, denn Essensreste allein reichen nicht aus. Insgesamt schulden Sie mir hundertvierzig Euro plus zweihundert für den Rasenmäher, den Hugo ausgeliehen und völlig demoliert zurückgebracht hat .«
    »Morgen Abend bringe ich das Geld vorbei. Ich muss nur nach Essen fahren und einige finanzielle Transaktionen tätigen. Leihen Sie mir Ihren Wagen ?«
    Der Blick, den ich für diese Frage erntete, hätte den gesamten Bauernverband ausgerottet, wenn Blicke die sprichwörtlichen Mörder wären.
    »Der Zug nach Münster fährt jeden Morgen um sieben Uhr sechzehn; von dort bekommen Sie einen Anschluss nach Essen .«
    Angesichts der überaus freundlichen Art, mit der sie diese Info übermittelte, musste ich mir einen großen Ruck geben, um die letzte Bitte vorzubringen: »Wissen Sie noch, dass Sie mich gestern gedrängt haben, eine Telefonleitung legen zu lassen ?«
    »Ja und?«
    »Das dauert natürlich seine Zeit, aber ich habe ein Handy .« Dabei zog ich das Gerät aus der Jackentasche. »Leider gibt es bei mir keinen Strom und da wollte ich Sie fragen...«
    »Sie wollen Ihren Akku bei mir aufladen ?«
    »Wenn es keine Umstände bereitet .«
    Karin schnaufte, und ich wollte schon in Deckung gehen, als sie resigniert ihre Hand ausstreckte: »Geben Sie her, und jetzt verschwinden Sie, sonst lasse ich den Hund raus .«
    Ich drückte ihr Handy und Ladekabel in die Hand und beschloss, ihrer Aufforderung unverzüglich Folge zu leisten.

5
    D ie Zugfahrt nach Münster verlief unspektakulär. Ich saß zwischen zwei Omas, die sich über die gesegnete Verdauung ihrer Enkel unterhielten. Die Hälfte der Bockwurst, die ich am
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