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Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Qualität der Sprossen und warf einen Blick auf den Dachboden. Spinnweben, Staub und Schmutz waren von Onkel Hugo ordentlich konserviert worden. Bevor mich eine Hustenattacke von der Leiter fallen ließ, trat ich den Rückzug an. Wenn ich mal bei »Wer wird Millionär« gewinnen sollte, konnte ich sicherlich einen netten Loft daraus basteln.
    Ebenfalls im hinteren Teil des Hauses führte eine Treppe in den Keller. Nach der Erfahrung mit dem Dachboden wollte ich mir diese Erkundigung jedoch für später aufheben.
    Insgesamt musste man konstatieren, dass es mich schlimmer hätte treffen können. Nur der fehlende Strom stellte ein ernsthaftes Problem dar.
    Da der Nieselregen mittlerweile aufgehört hatte, stiefelte ich zu den Ställen. Bei dem Gedanken, mich den zukünftigen Schutzbefohlenen vorzustellen, fühlte ich mich etwas unbehaglich, denn meine einzige Erfahrung mit Tieren beruhte auf der Pflege von Lotte, die ja dank meiner Hilfe ins Wellensittichnirwana eingegangen war.
    Die Bedenken erwiesen sich als unbegründet, denn ein wohl genährtes Schwein grunzte mich erwartungsvoll an. So leicht schloss man auf dem Dorf Freundschaften.
    Weil sich meine Kenntnisse in der Schweinezucht bisher lediglich auf den Verzehr des fertigen Produktes beschränkt hatten, beschloss ich, bei der Nachbarin vorbeizufahren, die bis jetzt die Tiere gefüttert hatte. Anrufen konnte ich nicht, da der Akku meines Handys leer und im Haus kein Telefon zu finden war.
    Zum Glück hatte mir Onkel Hugo ein rostiges Hollandrad vererbt, das neben dem Schweinekoben stand. Voller Neid dachte ich an meine Essener Kollegen. Wer von ihnen musste sich am Sonntagmorgen um acht Uhr auf einem Gefährt, das die Bezeichnung Fahrrad nur entfernt verdiente, auf die Suche nach Schweinefutter begeben?
    Nach fünf Minuten frischer Morgenluft erreichte ich einen Hof, der zwar nicht größer war als meiner, aber irgendwie wirtschaftlicher aussah. An der Hofeinfahrt hing ein Schild mit der Aufschrift »Karin Schumann — Biogemüse«.
    Mein Klopfen an der Vordertür erntete keine Reaktion, aber die Tür war unverschlossen. Guten Willens betrat ich eine geräumige, mit alten Bauernmöbeln ausgestattete Diele. Als ich die Tür zum nächsten Raum öffnete, kam ich nicht dazu, das antik-rustikale Interieur zu bewundern.
    »Wer sind Sie ?«
    Bäuerinnen waren korpulent, mittleren Alters und ihre Gesichter warfen Falten wie eine Ziehharmonika. Sie hatten klobige schwielige Hände, die niemand gerne schüttelte, aus Angst vor schmerzhaften Quetschungen. Da sie keine Zeit für Kosmetik und Haarwäsche fanden, verbargen sie den Großteil ihres Kopfes unter einem Tuch. Die Schlussfolgerung war eindeutig: Karin Schumann konnte keine Bäuerin sein! Von zierlicher Statur, reichte sie mir bis zum Kinn. Sie war höchstens neunundzwanzig, was ich für die Leitung eines Landgutes erstaunlich jung fand. Ihre angriffslustig funkelnden Augen verrieten mir, dass sie sich von niemandem die Butter vom Brot klauen ließ.
    Ihre verzweifelten Bemühungen, gleichzeitig die langen pechschwarzen Haare zu kämmen und ihren Körper mit einem Handtuch zu bedecken, zauberten ein Grinsen auf mein Gesicht. Das war ganz großes Tennis, was mir hier geboten wurde. Vor allem, als das Handtuch ein Stück nach unten rutschte und einen Großteil der für ihren Körperbau erstaunlich großen Brüste enthüllte. Auf der rechten befand sich ein dunkelbraunes Muttermal.
    Als sie meinen Blick bemerkte, ergriff sie das Handtuch, und vorbei war es mit dem kostenlosen Anschauungsunterricht über die Vorzüge des Münsterlands.
    »Darf ich mich vorstellen? Dieter Nannen aus Essen und seit gestern Ihr neuer Nachbar«, versuchte ich etwas Normalität herzustellen. »Ich wäre gern später vorbeigekommen, aber ich habe ein kleines Problem .«
    »Ihre Manieren haben Sie anscheinend zu Hause gelassen. Oder sind Sie Frauenarzt und untersuchen mich nebenbei auf Brustkrebs ?« Anscheinend hatte ich mit meinem unschuldigen Ausblick auf die Natur ihre Sympathien verscherzt, bevor sie auch nur welche entwickeln konnte.
    »Hören Sie, tut mir Leid, wenn ich Sie in Verlegenheit gebracht habe«, versuchte ich meinen Charme spielen zu lassen. »Ich bin, wie gesagt, neu hier und wohl noch etwas verwirrt. Aber im Grunde habe ich eine gute Kinderstube und meistens habe ich sie auch dabei .«
    »Verwirrt, da haben Sie völlig Recht !« , tat sie kund, ohne näher auf meine ebenso rührende wie spritzige Entschuldigung
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