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Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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ich eine Wahl? Morgen würde ich Meuer anrufen und die Erbschaft annehmen.
    Vorher suchte ich aber noch einen Bankautomaten auf und hob Schmerzengsgeld in Höhe von fünfhundert Euro ab — mehr spuckte der Kasten nicht aus —, denn es bestand kein Zweifel, dass mir das Konto morgen nicht mehr zur Verfügung stehen würde. In finanziellen Dingen war Tina sehr fix.

2

    A ls die ersten Sonnenstrahlen meine Einsiedlerklause erhellten, löschte ich die Kerze, die einzige Lichtquelle im Haus. Leider hatte ich bei meiner Ankunft gestern Abend feststellen müssen, dass Onkel Hugo es nicht für nötig befunden hatte, Stromleitungen verlegen zu lassen. Bis zum Haus musste es der Strom aber geschafft haben, denn im Keller war eine Pumpe angesprungen, als ich den Wasserhahn aufgedreht hatte. Auch wenn der Kran nur kaltes Wasser spendete, musste ich meinen Körper zumindest nicht im angrenzenden Bach waschen.
    Nachdem ich gestern alle Formalitäten in Münster erledigt hatte und mit Hilfe der Deutschen Bahn zum Bulderner Bahnhof gelangt war, hatte ich mir zur Feier des Tages ein Taxi gegönnt. Andernfalls hätte ich den Kastanienweg 45, meine neue Adresse, auch nicht gefunden. Der redselige Taxifahrer, ein ehemaliger Entwicklungshelfer, hatte mich mit wichtigen Informationen versorgt: Das nächste bewohnte Gehöft war zwei Kilometer entfernt. Dort wohnte angeblich eine Frau, die das Vieh bis zu meiner Ankunft versorgt hatte.
    Ich trat aus dem Haus, das einsam in einem Meer von Feldern stand. Neben dem Wohngebäude umfasste mein Erbe einen baufälligen Schuppen und ein größeres Gebäude, in dem das Vieh untergebracht sein musste. Da es leicht nieselte, entschloss ich mich, zuerst das Hauptgebäude zu erkunden und die Außenanlagen später abzuschreiten.
    Passierte man die Eingangstür, über der die Zahl 1284 ins Holz geritzt war, gelangte man direkt in einen rund neunzig Quadratmeter großen Raum, der durch eine Stufe in zwei Bereiche geteilt war. Zur Linken befand sich das Wohnzimmer und rechts die Küche. Das Wohnzimmer war gemütlich eingerichtet: Rustikale Eichensitzmöbel, die sicherlich keinen Innovationspreis gewinnen konnten, waren um einen schweren Couchtisch gruppiert, der aus einem Stück gefertigt war. In der Ecke war ein Kamin eingelassen, der deutliche Gebrauchsspuren aufwies. Kein Wunder, musste er doch als Heizung dienen. Neben dem Kamin war Zedernholz gestapelt, daneben waren Regalbretter an die Wand gedübelt und mit Büchern bestückt.
    Ging man vom Wohnzimmer nach rechts die eine Stufe hinunter, fand man sich in der Küche wieder. Ein Kieferntisch mit zwei Stühlen lud zum Essenfassen ein. Die Küchenzeile war ebenfalls in Kiefer gehalten. Kein Kühlschrank, kein Herd, kein Backofen und keine Mikrowelle waren kunstvoll in den Küchenblock integriert, was angesichts der fehlenden Elektrizität nur logisch war. In der Ecke prunkte ein riesiger Kohleofen, den Hugo für die Zubereitung der Mahlzeiten genutzt, aber anschließend nicht immer konsequent gesäubert hatte. Mit einem Flammenwerfer ließ sich der Ofen aber bestimmt wieder sauber kriegen.
    Von der Küche gelangte man in den hinteren Teil der Hütte. Das weiß geflieste Badezimmer war ebenfalls riesig; trotz einer Dusche, einer Wanne, eines großen rechteckigen Waschbeckens und der Toilette hätte man noch problemlos eine Kegelbahn und eine Minigolfanlage einbauen lassen können. Das Bad musste vor kurzem renoviert worden sein, denn Duschkabine, Klo und Waschbecken sahen aus wie neu. Nur der Spiegelschrank über dem Waschbecken versprühte den Charme der Biedermeierzeit.
    Direkt neben der Keramikabteilung lag das Schlafgemach, das ebenfalls ausreichend dimensioniert war. Es beherbergte einen gigantischen weiß lackierten Kleiderschrank und ein zwei Meter breites Metallbett, das überaus bequem war, wie ich in der vergangenen Nacht hatte feststellen können. Die Nachtschränkchen, die es offensichtlich immer im Doppelpack gab, egal ob man allein oder zu zweit lebte, waren ebenfalls in Weiß gehalten. Auf dem rechten stand der Wecker, der mich vorhin so unsanft geweckt hatte.
    In der Mitte des Nachbarzimmers thronte ein Monster von Schreibtisch; ansonsten war die Stube leer. Das letzte Zimmer hatte als einziges kein Fenster und diente offenbar als Rumpelkammer. Zahlreiche Kisten und Truhen sowie drei mit allem möglichen Plunder gefüllte Regale luden nicht zu längerem Verweilen ein.
    Von diesem Raum führte eine Leiter nach oben. Ich testete die
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