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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma
Autoren: Brent Weeks
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Blick zu und begann an Land zu schwimmen. Und er war ein guter Schwimmer. Schneller als Kip. Es wäre Wahnsinn gewesen, ihm zu folgen. Und er blutete.
    »Kip!«
    Kip spürte, wie ihn das erste Beben der Lichtkrankheit traf. Oh, Scheiße.
    Aber er hatte seinen Dolch einmal verloren. Er war alles. Er durfte ihn nicht wieder verlieren. In den Wellen auf und ab hüpfend und während er versuchte, mindestens zwanzig dreieckige Flossen zu ignorieren, die das Wasser durchschnitten und sich dem Dock näherten, schob er die Klinge in die Scheide und steckte sie sich in den Hosenbund, und erst dann griff er nach dem Seil.
    Nur gut, dass sich am Ende eine Schlinge befand. Kip schaffte es, sich die Schlinge über Kopf und Arme zu ziehen, bevor er sich erneut übergab. Es war nichts mehr in seinem Magen, also würgte er nur, während die Barkasse ihn ein Stück durchs Wasser zog, bis die Männer auf Deck ihn nach oben ziehen konnten.
    »Lass den Rest Luxin los, Kip«, sagte jemand zu ihm.
    »Ich kann nicht, ich kann nicht.« Er wusste, dass es ein schlimmes Ende nehmen würde. Er konnte nicht noch mehr Schmerz ertragen. Er konnte nicht einmal die Augen öffnen.
    »Komm schon, Kip, tu es für mich«, sagte Gavin sanft.
    Kip ließ den Rest des Luxins los. Das Letzte, was er wahrnahm, war Schmerz, der durch seinen Kopf schoss, Lanzen aus Licht, die die Dunkelheit ausblendeten, nur um mehr Dunkelheit zurückzulassen.

92
    Das Fieber hatte den Gefangenen voll im Griff. Die Schnittwunde auf seiner Brust, die er sich zugefügt hatte, und das verdreckte Haar, das er sich in die Wunde gedrückt hatte, hatten ihre Arbeit getan. Tod oder Freiheit. Es war Zeit.
    Er versuchte aufzustehen, vermochte es jedoch nicht. Er zitterte zu heftig. Vielleicht hatte er zu lange gewartet. Er hatte warten wollen – warten müssen –, bis das Fieber seinen heißesten Punkt erreicht hatte, um überhaupt eine Chance zu haben. Wenn er sich verrechnet hatte, würde er einfach sterben und alle Probleme Dazens, die ihn betrafen, beenden.
    Das wäre schlicht tragisch.
    Er stützte sich auf, fand seine schmutzige kleine Haarschale dicht neben sich und versuchte zum tausendsten Mal, sie auf Mängel zu inspizieren. Er konnte nichts erkennen. Er hätte am liebsten geweint; das Fieber brachte seine Gefühle in Aufruhr.
    »Es tut mir leid, Dazen. Ich habe dich enttäuscht«, sagte er laut. Bedeutungslose Worte. Aus dem Nichts. Der Teil von ihm, der so viele Jahre in Blau eingelegt gewesen war, fand das merkwürdig. Nicht unerwartet, aber trotzdem seltsam. Warum sollte er Dinge fühlen, nur weil sein Blut buchstäblich heißer war als gewöhnlich? Seltsam, aber bedeutungslos.
    Er zog die Schnittwunde auf seiner Brust auf, zerrte den schmutzigen, blutgetränkten Klumpen Dreck hinaus und warf ihn beiseite. Es kam nicht alles gleichzeitig heraus. Etwas klebte in der Wunde. Mit einem schmutzigen Fingernagel kratzte er den verbliebenen Dreck heraus. Er würgte vor Schmerz.
    Dummheit. Er hatte den Fingernagel benutzt? Wenn er versuchte, eine Wunde zu reinigen? Er hätte eine Pinzette wandeln sollen. Er konnte nicht klar denken. Er blinzelte, schwankte. Nein, da war kein Versagen. Geringere Männer mochten versagen. Nicht er. Nicht ohne seinen Plan auszuprobieren.
    Gavin rutschte zu der flachen Schale hinüber, die er mit eigenen Händen im Laufe von sechzehn Jahren in den Boden gekratzt hatte.
    Nun, manche Männer hätten vielleicht nach sechzehn Jahren harter Arbeit nichts vorzuweisen gehabt.
    Er lachte laut auf.
    Der tote Mann in der Mauer wirkte besorgt. Bleib bei der Sache, Dazen. Gavin. Was auch immer. Wer immer du bist, heute bist du ein Gefangener, heute kannst du ein freier Mann sein. Oder ein toter Mann, was auf seine eigene Weise Freiheit ist, nicht wahr?
    Der Gefangene nahm seine fein gewebte Haarschale und legte sie in die steinerne Schale, die er über die Jahre gegraben hatte. Sie passte perfekt, und so sollte es auch sein. Er hatte sie so gemacht, dass sie passte, und sie tausend Mal überprüft, während er sie geschaffen hatte. Als er nun vor der Schale saß, band Dazen sein Lendentuch auf und rutschte unbeholfen umher, bis er es beiseitelegen konnte.
    »Wenn uns Karris doch jetzt nur sehen könnte, hm?«, bemerkte der tote Mann. »Wie könnte sie ihn dem hier vorziehen?«
    Er sah den toten Mann kaum an, der in seiner leuchtend blauen Wand saß und ihn verspottete, die Beine grotesk vor einer Haarschale und einer flachen Kuhle ausgestreckt. »Du kannst
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