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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo
Autoren: Michael Connelly
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anonymen Anruf. Das war alles. Die Telefonistin sagte, es wäre ein Junge gewesen, weiter nichts. Auf eine solche Information hin wollte ich nicht einen meiner Männer mitten in der Nacht in diese Röhre schicken. Hätte ein Streich sein können. Hätte ein Hinterhalt sein können. Herrgott noch mal, es hätte alles mögliche sein können. Ich hab’ gewartet, bis es hell wurde und hier langsam etwas Ruhe einkehrte, dann hab’ ich gegen Ende der Schicht ein paar von meinen Männern hingeschickt. Da wir gerade vom Schichtende reden … ich bin so gut wie auf dem Weg. Ich hab’ nur gewartet, bis ich was von denen höre und dann von dir. Noch was?«
    Bosch hätte ihn gern gefragt, ob ihm schon mal in den Sinn gekommen wäre, daß es in der Röhre dunkel war, egal ob sie um vier oder um acht darin herumstocherten, aber er ließ es. Was sollte das schon bringen?
    »Noch was?« sagte Crowley wieder.
    Bosch wollte nichts einfallen. Crowley durchbrach die Stille.
    »Ist wahrscheinlich nur wieder ein Junkie, der den Löffel abgegeben hat, Harry. Kein eigentlicher 187er-Fall. Passiert doch dauernd. Teufel auch, du weißt doch, daß wir letztes Jahr schon mal einen aus derselben Röhre gezogen haben … ach so, das war, bevor du nach Hollywood gekommen bist … also damals klettert so ein Typ in diese Röhre – die Landstreicher, die schlafen ständig da oben – aber er, ein Knacki, setzt sich den Goldenen Schuß, und aus. Abgemeldet. Nur daß wir ihn damals nicht so schnell gefunden haben, und bei der Sonne auf der Röhre hat er zwei Tage lang da drin gebraten. Geröstet wie ein Truthahn. Nur hat er nicht so gut gerochen.«
    Crowley lachte über seinen eigenen Scherz. Bosch nicht. Der wachhabende Sergeant fuhr fort.
    »Als wir den Mann rausgeholt haben, steckte die Nadel noch in seinem Arm. Ist diesmal bestimmt dasselbe. Ein Scheißjob, ein Toter unter vielen. Fahr da raus, und wenn du mittags wieder zurück bist, leg dich aufs Ohr und sieh dir vielleicht die Dodgers an. Und dann am nächsten Wochenende? Steckt der nächste in der Röhre, und du hast dienstfrei. Das sind drei Tage am Stück. Nächstes Wochenende ist Memorial Day. Tu mir also einen Gefallen. Fahr raus und sieh dir an, was da los ist.«
    Bosch dachte einen Moment nach und wollte schon auflegen, dann sagte er: »Crowley, was soll das heißen, den anderen habt ihr nicht so schnell gefunden? Woher willst du wissen, daß wir diesen schnell gefunden haben?«
    »Meine Leute da draußen sagen, sie können bei dem Toten nichts riechen, nur Pisse. Der muß frisch sein.«
    »Sag deinen Leuten, ich bin in einer Viertelstunde da. Sag ihnen, sie sollen an meinem Tatort keinen Mist bauen.«
    »Sie …«
    Bosch wußte, daß Crowley seine Leute wieder verteidigen wollte, legte aber auf, bevor er es sich anhören mußte. Er steckte sich die nächste Zigarette an, als er zur Haustür ging, um sich die Times von der Treppe zu holen. Er breitete die zwölf Pfund Sonntagszeitung auf dem Küchentresen aus und fragte sich, wie viele Bäume dafür sterben mußten. Er fand den Immobilienteil und blätterte darin herum, bis er eine große Anzeige für »Valley Pride Properties« fand. Er fuhr mit dem Finger über eine Liste frei zu vermietender Häuser, bis er eine Adresse fand, unter der SPRECHEN SIE MIT JERRY stand. Er wählte die Nummer.
    »Valley Pride Properties, kann ich Ihnen helfen?«
    »Jerry Edgar, bitte.«
    Einige Sekunden vergingen, und Bosch hörte es ein paarmal klicken, bis sein Partner an den Apparat kam.
    »Jerry am Apparat, kann ich Ihnen helfen?«
    »Jed, wir haben gerade einen Auftrag bekommen. Oben am Mulholland-Damm. Und du trägst deinen Pieper nicht.«
    »Scheiße«, sagte Edgar, dann war es still. Bosch konnte beinahe hören, was er dachte: Drei Besichtigungen hab’ ich heute. Es blieb still, und Bosch stellte sich seinen Partner am anderen Ende der Leitung in einem 900-Dollar-Anzug mit bankrottem Stirnrunzeln vor. »Was für einen Auftrag?«
    Bosch erzählte ihm das wenige, was er wußte.
    »Wenn du möchtest, daß ich das solo mache, tu ich es«, sagte Bosch. »Wenn Ninety-eight irgendwas will, denk’ ich mir was aus. Ich sag’ ihm, du kümmerst dich um die Fernsehsache und ich mich um die Leiche in dem Rohr.«
    »Ja, ich weiß, daß du das tun würdest, aber es ist schon okay. Ich mach’ mich auf den Weg. Ich muß bloß jemanden finden, der für mich einspringt.«
    Sie wollten sich bei der Leiche treffen, und Bosch legte auf. Er schaltete den
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