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Schwarzes Blut

Schwarzes Blut

Titel: Schwarzes Blut
Autoren: Christopher Pike
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jemanden umbrachten. Eddie ist ein schlimmerer Fall. Er war in seiner Schule bestimmt der Typ Schwachkopf, der sich mittags in der Bücherei vergräbt, an seinen Pickeln rumpult und sich jedesmal, wenn ein einigermaßen hübsches Mädchen vorbeikommt, an seinen Vergewaltigungsphantasien aufgeilt. Sein Ton wird gemein und dreckig.
»Zur Sache«, sagte er. »Komm in einer halben Stunde an den Santa Monica Pier. Wenn du nicht pünktlich da bist, mache ich deinen Freund hier kalt. Und zwar langsam und gemütlich. Das sage ich dir für den Fall, daß du durch eine Reifenpanne ein wenig aufgehalten wirst. Vielleicht kannst du ihn ja immer noch erkennen, wenn du weniger als zwanzig Minuten zu spät erscheinst. Meiner Mutter wirst du natürlich kein Haar krümmen, sie bleibt zu Hause.« Er läßt seine Worte verklingen. »Hast du mich verstanden?«
Ich schnaube. »Momentchen mal. Wenn du sagst, daß ich springen soll, springe ich noch lange nicht. Du hast nichts, womit du mich unter Druck setzen kannst. So etwas gibt es auch auf der ganzen Welt nicht. Wenn du mit mir reden willst, kommst du in ‘ner halben Stunde hierher. Wenn nicht, hänge ich den Kopf von deiner Mutter als Adventsgesteck draußen an die Tür. Das Rot macht sich bestimmt toll zur Festtagsstimmung.« Ich halte inne. »Hast du mich verstanden, du vulgärer Perversling?«
Er ist sauer. »Du bluffst doch nur!«
»Eddiechen, mittlerweile solltest du mich doch ein bißchen besser kennen, oder?«
Damit lege ich auf. Ich bin sicher, daß er kommt. Nicht sicher bin ich, ob ich wirklich will, daß er Joel mitbringt. Wird eine erneute Begegnung mit jemandem, an dessen Leben ich hänge, mich nicht verunsichern und zögerlich werden lassen? Fast bete ich, daß er Joel tötet, bevor ich selbst gezwungen sein könnte, ihn zu töten.
    14.
KAPITEL
    Vor tausend Jahren, im schottischen Hochland, war ich schon einmal mit einer solchen Situation konfrontiert. Damals hatte ich einen Liebhaber, der zur Königsfamilie zählte: Lord Welson – mein Harold. Wir lebten in einem bescheidenen Schlößchen an der schottischen Nordwestküste, wo die beißenden Winterstürme eisig vom aufgeschäumten Wasser heranbliesen. Sie ließen mich von Urlaub auf Hawaii träumen, obwohl Hawaii ja noch gar nicht entdeckt worden war. Ich mochte Harold. Mehr als irgendein anderer Mensch, der mir begegnet war, erinnerte er mich an Cleo, meinen alten griechischen Freund. Sie hatten einen ähnlichen Sinn für Humor und waren alle beide ziemliche Lustmolche. Männer, die geil sind, mag ich; ich finde, sie verhalten sich dann ihrer Natur entsprechend.
    Harold war allerdings kein Arzt wie Cleo, sondern Künstler, und zwar ein bedeutender. Er malte mich in vielen Posen, oft auch nackt. Eines dieser Bilder hängt heute im Pariser Louvre und wird einem Künstler zugeschrieben, den es überhaupt nie gegeben hat. Ich habe das Museum einmal besucht und dabei einen begabten Kunststudenten getroffen, der das Bild gerade abmalte. Ich trat an seine Seite und stellte mich lange neben ihn. Er blickte mich an und wurde immer neugieriger. Je näher er mich betrachtete, desto unheimlicher schien ihm allerdings auch zumute. Er wollte mir irgend etwas sagen, wußte jedoch nicht, was. Bevor ich wieder ging, lächelte ich ihm einfach zu und nickte. Harold hatte mich perfekt getroffen.
    Zu jener Zeit gab es in Schottland einen arroganten Grundbesitzer in der Gegend, einen gewissen Lord Tensley. Er bewohnte ein weitaus größeres Schloß und hatte auch ein stärker entwickeltes Ego als mein Harold; was er jedoch nicht hatte, war das Objekt seiner Begierde, und das war zufälligerweise ich. Lord Tensley wünschte sich nichts auf der Welt mehr als mich und tat alles, was in seiner Macht stand, um mich Harold auszuspannen. Er schickte mir Blumen, Pferde, Kutschen und Juwelen – eben all den üblichen Plunder des Mittelalters. Aber Humor ist für mich mehr wert als Macht und Geld. Außerdem war Lord Tensley grausam, und obwohl ich in meinem Leben schon mehr als einmal in einen Hals gebissen und ein paar Schädel eingeschlagen habe, habe ich mich doch nie als jemanden gesehen, der auf anderer Leute Kosten Spaß an Schmerzen hat. Einer Erzählung zufolge hatte Lord Tensley seiner ersten Frau den Kopf abgeschlagen, als diese sich weigerte, ihre leicht behinderte Erstgeborene zu ersticken. Alle späteren Liebhaberinnen von Lord Tensley litten unter einem steifen Hals, weil sie sich ständig und ewig umschauten.
    Als ich mit Harold
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