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Schwarzes Blut

Schwarzes Blut

Titel: Schwarzes Blut
Autoren: Christopher Pike
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sanft. »Alles, was ich gesagt habe, stimmt. Ich bin eine junge Frau, hilflos und fremd hier. Am besten bringen Sie mich direkt zu meinem Wagen.«
Er läßt sich meine Worte eine Zeitlang durch den Kopf gehen. Wie ein Echo verhallt meine Stimme in seinem Inneren. Schließlich schüttelt er sich, als wolle er das abschütteln, was ich ihm einimpfe. Was in ihm vorgeht, kann ich regelrecht spüren, obwohl ich seine Gedanken selbst nicht lesen kann. Sein Zweifel bleibt stark. Er greift über mich hinweg zur Tür und schließt sie; der Motor läuft schon.
»Warst du heute abend im Kolosseum?« fragt er.
»Nein. Was ist denn im Kolosseum?«
»Schon gut. Die Polizei sagt, sie hat dich hier auf dem Parkplatz gefunden. Was wolltest du hier?«
»Ich bin vor den Kerlen weg, die mich belästigt haben.«
»Wie viele waren es denn?«
»Ich weiß es nicht genau. Drei oder vier.«
»Uns liegt eine Anzeige vor von zwei jungen Männern hier aus der Gegend. Sie sagen aus, ein Kumpel von ihnen sei hier von jemanden angegriffen worden, auf den deine Beschreibung paßt. Vor ein paar Minuten haben wir die Leiche von ihrem Kumpel gefunden. Sie lag in einer Dachrinne. Was hast du dazu zu sagen?«
Ich verziehe das Gesicht. »Ich hab’ keine Ahnung davon. Wie hat man ihn denn umgebracht?«
Joel runzelt die Stirne. »Brutal.«
Ich schüttele den Kopf, wirke ängstlich. »Ich wollte bloß zu meinem Auto zurück. Können Sie mich nicht dort hinbringen? Es war ein langer Abend für mich.«
»Wo kommst du her?«
»Aus Oregon. Ich kenne mich in Los Angeles nicht aus. Ich hab’ ‘ne falsche Ausfahrt genommen, und dann ist mir der Wagen stehengeblieben. Aber wenn Sie mir helfen, finde ich ihn bestimmt wieder.« Ich fasse ihn leicht am Arm, fixiere wieder seine Augen – aber nur sanft und ohne Nachdruck.
»Bitte?« sage ich artig.
Schließlich nickt er und legt einen Gang ein. »Welche Ausfahrt hast du genommen?«
»Ich hab’ den Namen wieder vergessen. Irgendwo hier lang. Ich zeige es Ihnen, vielleicht können wir den Weg zurückverfolgen.« Wir fahren vom Parkplatz, und ich deute in Richtung Schnellstraße. »Ganz ehrlich, ich hab’ noch nie im Leben jemandem was getan.«
Sein Lächeln ist bitter. »Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß du was zu tun hast mit dem, was heute nacht hier passiert ist.«
»Los Angeles soll ja eine ganz schön gefährliche Stadt sein.«
Grimmig pflichtet er mir bei. »Vor allem in letzter Zeit. Wahrscheinlich hast du in der Zeitung davon gelesen?«
»Ja. Haben Sie mit der Untersuchung der Mordfälle zu tun?«
»Eine ganze Reihe von uns arbeitet daran.«
»Gibt es schon eine heiße Spur?«
»Nein. Aber das ist vertraulich.«
Ich lächele ihn an. »Ich bin keine Journalistin, Kommissar Drake.«
Auch er schmunzelt sachte. »Nachts solltest du diese Gegend hier im Umkreis von zwanzig Meilen meiden. Wie lange bleibst du hier in Los Angeles?«
»Warum?«
»Möglicherweise müssen wir dir später noch einmal ein paar Fragen stellen.«
»Wenn wir mein Auto finden, gebe ich Ihnen meine Nummer.«
»Gut. Bist du am Harbor Freeway raus oder bei Santa Monica?«
»Ich war auf dem Santa Monica. Am besten, wir fahren noch ein paar Blocks weiter nach Norden. Dann erkenne ich die richtige Straße bestimmt.«
»Wie alt bist du, Alisa?«
»Zweiundzwanzig.«
»Was machst du in Los Angeles?«
»Freunde besuchen. Ich überlege, ob ich hier im nächsten Jahr auf die Uni gehe.«
»Oh. Auf welche denn?«
»Auf die USC.«
»Das Kolosseum liegt ganz in der Nähe von der USC.«
»Deswegen bin ich ja auch hier rumgefahren. Einer meiner Freunde wohnt am Campus.« Wieder wirke ich reichlich verschreckt. »Aber bei der ganzen Gewalt hier muß ich mir das mit der Uni noch mal ernsthaft durch den Kopf gehen lassen.«
»Kann ich gut verstehen.« Er schaut mich an, mustert mich dieses Mal von oben nach unten. Einen Ehering trägt er nicht. »Du bist also Studentin. Was hast du denn als Hauptfach?«
»Geschichte«, antworte ich.
Schweigend fahren wir weiter. Ab und zu deute ich dabei dorthin, wo es langgehen soll. In Wirklichkeit will ich natürlich gar nicht, daß er mich zu meinem Wagen bringt, denn auch wenn er auf meine Suggestionskraft anspricht, bleibt ihm doch noch ein ziemlich starker Wille. Im übrigen scheint er gut ausgebildet. Er würde sich mein Nummernschild merken, wenn ich mit ihm zu meinem Mietwagen führe. Einen Block entfernt von der Stelle, an der ich mein Auto abgestellt habe, kommen wir an einem roten Honda vorbei, und ich
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