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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schreibtisch, und Lisa hatte sich gewundert, daß Franz von Köln abflog und nicht von Frankfurt, das viel näher lag. Auch heute war Hergarten wieder in Köln, wie fast jeden Tag, und kam erst in der Nacht nach Hause, müde, wortkarg, abgespannt. »Es geht um große Dinge, Schatz«, hatte er gestern gesagt. »Mehr kann ich dir nicht sagen. Es hängt alles mit Amerika zusammen.«
    Lisa nahm einen dunkelgrauen Anzug aus dem Schrank, kontrollierte die Knöpfe, bürstete den Rock ab und begutachtete die Stoßbänder der Hosenbeine, als sie plötzlich mit der Bürste gegen den Rock stieß. Nein, sie hatte sich nicht geirrt: In der Innentasche raschelte etwas.
    Sie griff hinein und holte ein längliches Kuvert hervor. In roter Schrift stand darauf. »Die OZEANIC begrüßt Sie.«
    Lisa Hergarten steckte das Kuvert in ihre Rocktasche und ging hinüber in das große Wohnzimmer. Dort setzte sie sich unter eine bronzene Stehlampe, nahm das Kuvert aus der Tasche und öffnete es.
    Eine Art Scheckheft fiel heraus, ein roter Fahrplan, eine Broschüre ›Kleine Winke für alle Reisenden zur See‹ und eine große Fahrkarte mit einem Kabinenplan.
    Das ist nicht möglich, dachte Lisa und legte alles auf den Rauchtisch neben der Stehlampe. Das ist nicht für Franz. Das hat er für jemand anderen besorgt.
    Aber dann begannen ihre Finger in fliegender Hast zu sortieren. Sie breitete alles vor sich aus und nahm das, was sie las, wie ein schreckliches, den Körper mit Feuer überziehendes Gift in sich auf.
    Fahrkarte Cuxhaven – New York. Luxuskabine 12, Promenadendeck. Kategorie C.
    Ein Scheckheft mit Travellerschecks, ausgestellt auf Dr. F. Hergarten. Gesamtwert 2.000 Dollar.
    Der Kabinenplan. Kabine 12 war rot angekreuzt. Eine große Kabine mit Bad, Telefon, Radio, einem Extra Ankleideraum, einem abgeteilten Salon und zwei Betten. – Zwei Betten.
    Lisa lehnte sich zurück. Das Feuer in ihr ließ nach, nun kam die schreckliche Kälte. Sie fror, klapperte mit den Zähnen und merkte erst, als ihre Lippen salzig schmeckten, daß sie haltlos weinte.
    Sie rannte hinüber zum Herrenzimmer und starrte auf den Schreibtisch. Dort lag die Flugkarte. Dr. Franz Hergarten, Köln-Wahn – New York. Übermorgen.
    Sie rannte zurück ins Wohnzimmer. Dort lag die Schiffskarte. Dr. Franz Hergarten, Cuxhaven – New York. Nächste Woche, Freitag. Eine Zweibettkabine.
    Es dauerte lange, ehe Lisa Hergarten sich so weit beruhigte, daß sie wieder klar denken konnte. Mit bebenden Fingern packte sie alles wieder in das Kuvert, steckte es zurück in die Innentasche des grauen Anzuges und hängte den Anzug in den Schrank. Dann sank sie auf das Bett, rollte sich auf den Rücken und starrte an die Decke.
    Ist nun eingetreten, was ich immer befürchtet habe? dachte sie und ballte die Fäuste. Bin ich zu alt geworden für ihn? Fährt er mit einer Jüngeren nach New York? Wie ist sie? Wie sieht sie aus? Wie jung ist sie? Hat sie blonde Haare? Braune? Schwarze? Rote? Ist sie ein Aas? Liebt sie ihn nur, weil er reich ist, ein berühmter Mann, ein kluger Mann? Warum nimmt sie ihn mir weg? Warum? Oder hat er gar nicht gesagt, daß er verheiratet ist? Zieht er seinen Trauring vom Finger, wenn er das Haus verlassen hat? Wie lange kennt er sie schon? Wo treffen sie sich? Wo schlafen sie zusammen? In einem Stundenhotel in Köln? In Frankfurt? In Bonn? Hat er ihr eine Wohnung eingerichtet? Hat sie selbst eine Wohnung? Ist er deshalb immer so müde? Seine Augen sind ganz grau geworden. Sie richtet ihn zugrunde! Sie macht ihn kaputt! Sie laugt ihn aus! Oh, man sollte sie zerreißen! Man sollte ein Tiger sein und sie zerfleischen! Man sollte …
    So lag sie eine Stunde lang, gepeinigt von Rache und Eifersucht, immer neue Grausamkeiten ersinnend und sie wegwerfend, weil sie zu milde waren. Dann wurde sie ruhiger, mit hohlen Augen starrte sie in die Dunkelheit des Zimmers, und ihr Gehirn arbeitete präzise wie ein gut eingestellte Maschine.
    Was soll die Flugkarte? Sie soll täuschen.
    Was soll die Schiffskarte? Er fährt mit ihr nach New York.
    Zwischen Flug und Schiffsfahrt liegen vier Tage. Wo verbringt er sie? Bei seiner Geliebten? Mit seiner Geliebten?
    Und in New York? Werden sie dort zusammen wohnen, als Mr. und Mrs. Hergarten aus Grünberg bei Frankfurt? Ein Doppelzimmer mit Blick auf den Hudson-River? Ein verschwiegenes Motel im Hinterland?
    Ist diese Reise überhaupt geschäftlich? Ist es nicht eine Flucht aus der Ehe, bekleidet mit der Lüge, Forschungen zu
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