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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel
Autoren: V.C. Andrews
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Lügen hatte er ihnen sonst noch aufgetischt?
    Betreten sah ich von einem zum anderen, ängstlich bedacht, ja nicht zu weinen. Denn instinktiv wußte ich, sie hätten Tränen für geschmacklos gehalten. Warum hatte ich nur geglaubt, kultivierte Großstädter hätten Verwendung für eine Hillbilly-Enkelin wie mich? Mein Hals war wie zugeschnürt.
    Was sollte aus meiner College-Ausbildung werden, wer würde dafür aufkommen, wenn nicht sie? Um ja nicht zu schreien oder das Verkehrte zu sagen, biß ich mir auf die Zunge.
    Vielleicht könnte ich mich ja selbst durchschlagen, immerhin konnte ich tippen…
    So saß ich lange Augenblicke in ihrer schwarzen Limousine, völlig verstört durch das fatale Mißverständnis.
    Bevor ich mich von dem Schock erholt hatte, fing ihr Mann mit tiefer, heiserer Stimme zu sprechen an, auf englisch, aber mit einem fremden Akzent: »Ich halte es für das Beste, wenn du gleich von Anfang an weißt, daß ich nicht dein richtiger Großvater bin. Jillian war in erster Ehe mit Cleave VanVoreen verheiratet, der vor rund zwei Jahren starb, und Cleave war auch der Vater deiner Mutter, Leigh Diane VanVoreen.«
    Zum zweiten Mal total verblüfft sank ich immer mehr zusammen. Gerade er war ein Vater, wie ich ihn mir immer gewünscht hatte, ein offener, freundlicher Mann. Meine Enttäuschung war bodenlos. Vor langer Zeit hatte ich geglaubt, mich einmal riesig zu freuen, wenn ich endlich den ganzen Namen meiner Mutter erfahren würde, aber unter diesen Umständen konnte ich mich nicht richtig freuen. Wieder schluckte ich und biß mir noch fester auf die Zunge, ich verabschiedete mich von der Idee, dieser elegante, gutaussehende Mann sei mit mir verwandt, und versuchte mühsam, mir Cleave VanVoreen vorzustellen. Was war das bloß für ein Name? Niemand in den Tälern und Hügeln West Virginias hieß VanVoreen.
    »Ich fühle mich sehr geschmeichelt, daß du bei der Nachricht, ich sei nicht dein richtiger Großvater, so enttäuscht dreinschaust«, meinte Tony mit einem kleinen, amüsierten Schmunzeln. Verwirrt von seinem Tonfall sah ich meine Großmutter fragend an. Aus irgendeinem Grund wurde sie rot, und die Farbe machte ihr hübsches Gesicht noch schöner.
    »Ja, meine liebe Heaven, ich bin eine dieser schrecklich modernen Frauen, die sich mit einer unbefriedigenden Ehe nicht einfach abfinden. Mein erster Mann hat mich nicht verdient. Am Anfang unserer Ehe liebte ich ihn, damals als er mir noch genug Zeit widmete. Leider hielt das nicht lange an, er vernachlässigte mich für seine Geschäfte. Vielleicht hast du ja schon von der VanVoreen Dampfschiff-Linie gehört, darauf war Cleave ungeheuer stolz. Seine dummen Boote und Schiffe beanspruchten seine ganze Aufmerksamkeit, sogar seine Ferien und die Wochenenden gingen dafür drauf – und ich wurde immer einsamer, genau wie deine Mutter…«
    Da unterbrach Tony sie: »Jillian, bitte schau dir mal das Mädchen genau an! Kannst du dir solche Augen vorstellen, solche unglaublich blauen Augen, genau wie deine, genau wie die von Leigh?«
    Mit einem kühlen, strafenden Blick beugte sie sich nach vorne. »Selbstverständlich ist sie nicht Leigh, nicht exakt, da ist mehr verschieden als nur die Haarfarbe. In ihren Augen liegt ein bestimmter Ausdruck – ein Ausdruck, der, nun ja, nicht ganz so unschuldig ist.«
    Ich mußte sehr aufpassen, mußte mehr daran denken, was meine Augen verraten könnten. Nie, niemals sollten sie auch nur ahnen, was zwischen Cal Dennison und mir passiert war.
    Wenn sie davon wüßten, würden sie mich genauso wie Logan Stonewall verachten, der geliebte Freund meiner Kindertage.
    »Jawohl, natürlich hast du recht«, stimmte Tony mit einem Seufzen zu. »Niemand gleicht einem anderen aufs Haar.«
    Die zwei Jahre und fünf Monate, die ich mit Kitty und Cal Dennison in Candlewick, kurz vor Atlanta, gelebt hatte, hatten mich doch nicht so erfahren gemacht, wie ich es jetzt gebraucht hätte. Kitty war siebenunddreißig als sie starb, aber ihr Alter war für sie bereits unerträglich gewesen. Und hier saß nun meine Großmutter, die viel älter als Kitty sein mußte.
    Trotzdem sah sie jünger aus. Außerdem wirkte sie äußerst zuversichtlich. In Wahrheit hatte ich noch nie eine so jugendlich aussehende Großmutter gesehen, obwohl man in den Bergen sehr früh Großmutter wurde, besonders wenn man schon mit zwölf, dreizehn oder vierzehn geheiratet hatte. Ich ertappte mich, wie ich am Alter meiner Großmutter herumrätselte.
    Im Februar würde
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