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Schwarze Schmetterlinge

Schwarze Schmetterlinge

Titel: Schwarze Schmetterlinge
Autoren: Anna Jansson
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eigenes Gesicht betrachtete. Dem schwarzen Blick und der aschegrauen Haut begegnete, die Hand über das geteilte Kinn, die hohe Stirn und das rote Haar gleiten ließ. Es gab keinen Zweifel: Er war Frank Leanders Sohn. Håkan Stensson hatte mehr als einen Grund gehabt, ihn von den Ermittlungen auszuschließen. Und wenn er Frank Leanders Sohn war, dann war Pernilla mit hoher Wahrscheinlichkeit Franks Tochter. Hatte sie das die ganze Zeit gewusst, aber sich entschieden, darüber zu schweigen? Gut möglich.
    Franks Drängen, Mütter und Kinder voneinander zu trennen, war sicherlich in der eigenen Erfahrung und der Angst des Arztes begründet gewesen. Er hatte seine eigenen Defizite zu einer Tugend gemacht und das allgemeine Gesetz der untauglichen Mutter geschaffen. Sicherlich hatte er dafür gesorgt, dass Helen ihre Kinder weggab. Ihre gemeinsamen Kinder. Hatte sie gerettet, indem er sie zur Adoption freigegeben hatte. Welche Kindheitserinnerungen trug Pernilla in ihrem tiefsten Innern mit sich? Welche Verzweiflung hatte Helen gefühlt, ehe sie sich entschloss, den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen, anstatt sich selbst um sie zu kümmern? Wie hatte er so blind, so verhext von Felicia sein können, dass er es nicht früher gesehen hatte? Vielleicht hatte er es nicht sehen wollen. Der Wunsch, dazuzugehören, war so viel stärker gewesen als die Vernunft.
    Pernilla war mit ihm zusammen in Felicias Wohnung gewesen. Natürlich rechnete man damit, ihre Fingerabdrücke dort zu finden, auf den Benzinkanistern, auf den Lappen und den anderen Gegenständen. Deshalb waren ihre Abdrücke in der Ermittlung ganz einfach aussortiert worden. Hatte Pernilla die Requisiten aus purer Eifersucht in Felicias Wohnung untergebracht? Jetzt haben wir nur noch uns beide. Du und ich gegen den Rest der Welt, Per. Bella Svanberg gab es nicht mehr als Konkurrentin. Felicia war weg. Aber Maria gab es. Plötzlich war die Gefahr für Maria, die an ihm genagt hatte, höchst real.
    Per nahm den Block zur Hand, auf dem er die Zahlen der Tarotkarten notiert hatte. Wie einfach alles doch war, als er es mit dem Ergebnis in der Hand betrachtete. Auch wenn die letzte Karte fehlte, so war es doch offensichtlich. Pyret! Pernillas alter Kosename aus der Kindheit, von dem sie ihm erzählt hatte. Ach, Pernilla, was hast du getan?
    Ohne sich um die Uhrzeit zu bekümmern, wählte Per die Nummer seiner Schwester. Nach ungefähr zehnmaligem Klingeln ging Svenne ran.
    »Was ist los?«
    »Ist Pernilla zu Hause?«
    »Sie ist weg, kurz bevor die Polizei kam. Die haben hier alles auf den Kopf gestellt. Weißt du, was sie mitgenommen haben? Eine Rolle Müllsäcke. Jetzt sitzen ein paar bewaffnete Typen auf der Treppe und bewachen ihre Wohnung. Also doch wieder die Einzimmerwohnung in der Stadt.«
    »Weißt du, wo sie hin ist?«
    »Sie hat meinen Van genommen. Wohin wollte sie nur … Ich muss kurz nachdenken. Ich hab so einen verdammten Kater. Was hat sie denn gesagt? Richtig, jetzt hab ich’s: Reicht das Benzin nach Kronviken?«
     
    Per Arvidsson riss die Garagentür auf, während er gleichzeitig die Nummer von Maria wählte. Das Telefon war tot. Er ver suchte es auf dem Handy und fuhr derweil auf die Landstraße hinaus. Geh doch ran! Großer Gott, lass sie unversehrt sein! Ein klickendes Geräusch im Telefon.
    »Maria? Bist du da? Hörst du mich?«
    »Sie kann dir nicht antworten. Sie wird uns nie mehr stören, Per.«
    »Pernilla?«
    »Jetzt gibt es nur noch uns beide. Du und ich gegen den Rest der Welt.«
    »Wo ist Maria?«
    »Was spielt das noch für eine Rolle?«
    »Ich will es wissen. Wo ist sie?« Er musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um sie nicht anzuschreien.
    »Bald wird sie ein Schmetterling sein, ein schwarzer Schmetterling.« Das Gespräch wurde unterbrochen. Er versuchte wieder anzurufen, aber ohne Erfolg. Verdammt! Per Arvidsson verfluchte seine eigene Unfähigkeit. Wenn er wachsamer gewesen wäre, hätte er sie vielleicht beschäftigen können, sie von ihrer Wahnsinnstat ablenken, wenn es noch nicht zu spät war. Es durfte nicht zu spät sein!
    Hinter sich hörte er Polizeisirenen. Sie schienen in dieselbe Richtung unterwegs zu sein wie er. Trotz des Nebels fuhr er weitaus schneller, als erlaubt war. Die Sirenen hinter ihm wurden immer leiser.

50
    Maria Wern kauerte sich auf dem Fußboden zusammen und sah zum brennenden Dach hinauf. Es knackte in den Dachbalken. Schwarzer, qualmender Rauch quoll aus dem hinteren Teil des
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