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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste
Autoren: Andreas Föhr
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Kreuthner und schob das Geld, das schon auf dem Tisch lag, in die Mitte. »Plus hundertvierzig.«
    »Da brauch ich a bissl Zeit.«
    »Drei Stund. Dann ruf ich bei deinem Chef an und frag, wo das Geld bleibt.«
    »Jetzt mach keinen Scheiß. Kriegst die Kohle ja. Was is mit der Uniform?«
    »Die bleibt hier.«
    »Dann gib mir wenigstens den Autoschlüssel. Is in der Jacke.«
    »Die Uniform bleibt da. Und zwar vollständig.«
    »Soll ich vielleicht laufen oder was?«
    Kummeder gab keine Antwort.
    »Krieg ich wenigstens mein Handy? Dass ich wen anrufen kann, dass er mich abholt.«
    »Dafür, dass du beschissen hast, stellst ganz schön viel Forderungen. Mach dich vom Acker. Du hast noch zwei Stunden achtundfünfzig.«
    »Und die EC -Karte? Krieg ich die auch net? Herrschaft! Jetzt kannst mich langsam.«
    »Du, Obacht, gell! Nicht so eine ordinäre Sprache. Da bin ich fei empfindlich.« Kummeder untersuchte Kreuthners Jacke, fand die EC -Karte und schnippte sie zu ihrem Eigentümer über den Tisch. »Noch zwei Stunden siebenundfünfzig.«
     
    Dreihundert Meter vom Wirtshaus Zur Mangfallmühle entfernt stand ein altes Haus, das einmal einem Waldarbeiter als Unterkunft gediente hatte. Jetzt wohnten darin Norbert und Heidrun Jankowitsch, beide Anfang sechzig und nach einem entbehrungsreichen Arbeitsleben in der Papierfabrik frühpensioniert. Heidrun Jankowitsch war ein wenig erstaunt, als ein Mann in seltsam buntem Umhang frühmorgens vor ihrer Gartentür stand und läutete. Unter dem Umhang schauten nackte Beine in Schnürstiefeln hervor.
    »Grüß Gott«, sagte Frau Jankowitsch zögernd und mit einigem Argwohn.
    »An wunderschönen guten Morgen wünsch ich, Frau …«, Kreuthner schielte auf das Klingelschild, »… Jankowitsch. Ich weiß, es is a bissl früh. Aber ich müsst mal telefonieren. Ich hab a Autopanne, und mein Handy geht nimmer.«
    »Aha.« Heidrun Jankowitsch erinnerte sich jetzt daran, dass es in den letzten Tagen im Landkreis wiederholt Zwischenfälle gegeben hatte, bei denen junge Frauen von einem Unbekannten belästigt worden waren. Die Polizei suchte nach dem Mann. »Haben Sie da gar nix unter dem Dings … was is des überhaupts?«
    »Des? Des is … a Poncho. So a südamerikanischer Umhang. Is ganz praktisch bei dem Wetter.«
    »Echt? Schaut aus wie a Tischdecken.«
    »Ja mei!« Kreuthner lachte. »Die ham oft ganz verrückte Muster.«
    »Des is doch a Tischdecken von der Mangfallmühle.«
    Kreuthner überlegte, ob er die Ponchodiskussion weiterführen sollte, entschied sich aber, die Sache abzukürzen. »Sie, ich müsst nur ganz schnell telefonieren. Zwei Minuten. Dann bin ich wieder weg.«
    Kreuthner machte Anstalten, das Gartentor zu öffnen. Aber Heidrun Jankowitsch gab ihm per Handzeichen zu verstehen, dass sie das nicht wünschte. »Moment. Ich frag grad meinen Mann.«
    Sie ging ins Haus und zog die Tür sorgfältig hinter sich zu. Durch ein offenes Fenster hörte Kreuthner Bruchstücke des Dialogs zwischen den Eheleuten Jankowitsch. Unter anderem den Satz: »Was! Die Drecksau steht bei uns vorm Haus?« Da er nach diesen Worten nicht mehr damit rechnete, dass sich irgendeine Tür öffnete, geschweige denn ihm ein Telefon angeboten würde, wollte sich Kreuthner wieder auf den Weg machen und sein Glück woanders versuchen. Doch da trat unverhofft Norbert Jankowitsch vor die Tür. Er trug ein Unterhemd, das sich über einen enormen Bauch spannte, Flanellhosen mit Hosenträgern, die an den Seiten herabhingen (die Hose hielt auch so), und schwere Arbeitsstiefel. »Sie wollen telefonieren?«, fragte Herr Jankowitsch mit finsterem Blick und winkte Kreuthner mit der linken Hand herbei. Als er sich dem Haus näherte, dachte Kreuthner darüber nach, warum der Mann die Linke zum Winken genommen hatte und gleichzeitig die Rechte hinter seinem Rücken verborgen hielt. Die Antwort kam, als Kreuthner vor Jankowitsch stand. In dessen rechter Hand, die jetzt hervorschnellte, befand sich ein Pfefferspray, das Jankowitsch auf Kreuthners Gesicht abfeuerte. Wie von einer Keule getroffen sank Kreuthner zu Boden und wurde dort mit Stiefeltritten attackiert, begleitet von unflätigsten Beschimpfungen und der Empfehlung, Leuten wie Kreuthner und seinesgleichen die Eier abzuschneiden.
     
    Als Kreuthner wenig später an der Tür des Neubauerhofs klopfte, der ein paar hundert Meter weiter lag, sah er noch weniger vertrauenerweckend aus als zuvor. Die Tischdecke um seine Schultern war verschmutzt und an einer Stelle
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