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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste
Autoren: Andreas Föhr
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loslachen und ihm auf die Schulter hauen (auch keine schöne Aussicht). Aber Kummeder hatte keinen Scherz gemacht. Kreuthner zog also Uniformjacke, Hemd und Hose samt Gürtel aus und musste auch seine Dienstmütze abliefern. Die Schuhe zog er wieder an und spielte im Unterhemd weiter.
    Beim nächsten Spiel sah Kreuthner die Gelegenheit gekommen, den Topf und damit seine Uniform wiederzubekommen.
    »Tät spielen«, sagte er.
    »Überleg dir des gut«, sagte der alte Lintinger. »Net, dass du noch einen mit ins Elend reißt.«
    Aber Kreuthner war nicht von seinem Vorhaben abzubringen und spielte erneut mit der Gras-Sau. Die hatte diesmal der alte Lintinger. Und weil er Kreuthners riskantes Spiel kannte und keine Lust hatte, zusammen mit Kreuthner die Henn aufzudoppeln – inzwischen dreihundert Euro für jeden –, hatte er Kreuthner noch einmal dringlich ermahnt, keinen Scheiß zu machen. Es half nichts. Wie befürchtet, ging es auch mit diesem Spiel steil bergab. Bis Kreuthner beim letzten Stich überraschend dreißig Punkte mit dem Herz-Zehner einkassierte und die Partie gewann. Dem alten Lintinger leuchteten die Augen, als er sich anschickte, den Berg Geldscheine zusammenzuraffen. Doch Kummeder ließ seine mächtige Pranke auf Lintingers ebenfalls nicht zarten Hände niederfahren und gebot dem Gegrabsche Einhalt. Dann deckte Kummeder die Stiche vor sich auf und suchte einen davon heraus, den er Richtung Tischmitte schob. »Wer hat denn da auf den Schellen-Ober den Gras-Siebener rein, ha?«
    Kreuthner sah suchend in die Runde. »Keine Ahnung. Weiß des noch wer?«
    »Ja. Ich«, dröhnte Kummeder. »Des warst du.«
    »Ich?« Kreuthner klang ungewohnt kleinlaut.
    »Hätt ma da net den Herz-Zehner zugeben sollen?«
    Ja, hätte man. Kreuthner hatte beschissen und sich erwischen lassen. Blieb nur die Frage, was ihn als Strafe erwartete. Kummeder machte einen äußerst verstimmten Eindruck auf Kreuthner. Das konnte bitter werden.

[home]
    3
    K reuthner hing im Beifahrersitz, den Kopf an die Seitenscheibe gelehnt, dünstete Alkohol aus und blickte mit müden Augen auf die Straße. Selbst in diesem Zustand arbeitete sein Verstand erstaunlich präzise. »Da vorn – der hat nur ein Rücklicht.« Etwa einen halben Kilometer voraus bewegte sich ein dunkelblaues Fahrzeug die Bundesstraße entlang. Man brauchte gute Augen, um zu erkennen, was Kreuthner gesehen hatte.
    »Der is aber ziemlich weit weg.«
    »Und deswegen darf er ohne Rücklicht fahren? Gib Gas!«
     
    Die Temperaturanzeige sank um drei Grad, als Baptist Krugger in das Waldstück fuhr, am Boden mochte es noch kälter sein. Um vereiste Stellen rechtzeitig zu sehen, heftete Krugger seinen Blick auf den Asphalt. Deswegen entging ihm, dass am Eingang des Waldes jemand stand, der ein Handy am Ohr hatte und trotz der schlechten Lichtverhältnisse eine Sonnenbrille trug. Hinter der Abzweigung eines Forstweges sah Krugger mit einem Mal ein rotes Licht zwischen den Baumstämmen, und unmittelbar darauf, nach einer sanften Kurve, tauchte eine Ampel vor ihm auf. Vor der Ampel wies ein Schild darauf hin, dass Straßenbauarbeiten im Gang waren. Was hier gebaut wurde, war nicht ersichtlich. Weder gab es eine aufgerissene Straße noch Erdaufschüttungen noch Baugerät am Straßenrand. Die Baustelle würde wohl heute erst eingerichtet werden, dachte sich Krugger und hielt an. Einige Sekunden vergingen, dann näherte sich ein weiterer Wagen von hinten. Es war ein blauer BMW .
    Krugger wartete eine Weile, aber nichts geschah. Vor allem schaltete die Ampel nicht auf Grün um. Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein Arbeiter aus dem Wald auf. Er hatte eine orangefarbene Warnweste an und trug eine tief ins Gesicht gezogene Wollmütze sowie einen Schal, der die untere Hälfte des Gesichts verdeckte. Krugger kam die Aufmachung für einen Septembertag etwas übertrieben vor. Der Arbeiter ging zur Ampel, winkte Krugger zu und machte Anstalten, zum Wagen zu kommen. In diesem Moment blieb er am Fuß der Ampel hängen und stolperte, wobei sein Schal nach unten rutschte. Mit unangebrachter Hektik, so schien es Krugger, drehte sich der Mann vom Wagen weg und schob den Schal wieder ins Gesicht. Krugger hatte mit einem Mal das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Eine Unruhe erfasste ihn. Er suchte den Wald ab, ob sich zwischen den Bäumen noch andere Menschen befanden, die bedrohlich werden konnten. Doch im Wald war alles ruhig. Nur der Mann mit der orangefarbenen Weste bewegte sich auf
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