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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste
Autoren: Andreas Föhr
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Leichen mehr auftauchen würden. Und so freute er sich auf einen ruhigen Feierabend im Kreis der Familie.
    Vera und Manfred waren in der Küche, als Wallner heimkam. Manfred kochte, Vera half ihm. »Hallo«, sagte Wallner. »Riecht sensationell. Was gibt’s?«
    »Krautwickerl mit Rosenkohl. Mir ham uns drauf geeinigt, dass die Vera das Salzen übernimmt.«
    »Gut, dann bring ich mal das Kind ins Bett.«
    »Die wird gerade ins Bett gebracht«, sagte Vera. Wallner stutzte.
    »Von wem, wenn ich fragen darf?«
    »Von der neuen Kinderfrau«, sagte Manfred und lächelte, als sei das irgendwie sein Verdienst.
    »Moment mal – ist die schon eingestellt?«
    »Da gibt’s nix zum Überlegen«, sagte Manfred. »A Bessere findst du net.«
    Wallner sah Vera fragend an. »Sie ist wirklich ganz süß mit der Kleinen. Und Katja liebt sie jetzt schon.«
    »Wer ist das? Wo haben wir die her? Und warum so plötzlich?« Wallner sah argwöhnisch zum Flur.
    »Das ist ein total nettes, einfaches Mädchen«, sagte Vera. »Die kommt vom Bauernhof und hat Kindergärtnerin gelernt.«
    »Alter?«
    »Was hat sie gesagt?« Vera blickte zu Manfred. »Vierundzwanzig?«
    »Ich glaube. Ja doch.«
    »Ach, da weht der Wind her. Die Frau Burger war dir zu alt!«
    »Das hab ich net g’sagt. Außerdem – was is denn falsch, wenn eine jung und hübsch is? Oder vergunst es mir net?«
    »Doch, doch. Ich gönn dir das junge, hübsche Ding von Herzen. Ich hab nur was dagegen, wenn solche Sachen über meinen Kopf hinweg entschieden werden.«
    »Wenn du den ganzen Tag nicht da bist, dann passiert so was eben. Und du musst Manfred auch zugestehen, dass in erster Linie er mit der Kinderfrau auskommen muss. Also ich finde das völlig in Ordnung.«
    Wallner stellte sich neben Manfred und schaute in den Eisentopf mit den Kohlrouladen. »Na meinetwegen. Wie hast du das Mädchen gefunden?«
    »Auf der Straße.«
    »Wie bitte?«
    »Ich bin mit der Katja rausgegangen, weil mir wollten zum Metzger wegen dem Hackfleisch. Und da ist sie auf der Straße gestanden.«
    »Wieso steht die auf der Straße?«
    Vera verdrehte die Augen zur Decke. »Wahrscheinlich hat sie Drogen verkauft. Warum stehen Menschen auf der Straße?«
    »Hier in der Gegend steht man nicht auf der Straße. Es gibt keinen Grund, hier herumzustehen. Vielleicht geht man die Straße entlang, weil man wohin will. Vielleicht macht man was auf der Straße, Schnee schaufeln oder Eis vom Wagen kratzen …«
    »Clemens! Bitte! Wahrscheinlich hat sie irgend so etwas gemacht. Jetzt komm mal wieder runter. Du bist nicht im Vernehmungsraum, sondern zu Hause, okay?«
    »Das sind vollkommen einfache Fragen, die sich jedem vernünftigen Menschen aufdrängen.« In Erwartung ihrer Zustimmung sah Wallner zu Vera. Die schüttelte stumm den Kopf. »Gut. Dann nicht.« Wallner schwieg zwei Sekunden, dann zu Manfred: »Und wie kam’s zu der Einstellung der Dame?«
    »Die hat die Katja gesehen und gleich gesagt: Mei is die liab! Und dann samma ins Ratschen gekommen, und ich hab gesagt, dass mir wen für die Katja suchen. Und sie hat gesagt, dass sie Kindergärtnerin is. Und dann hab ich gefragt, ob sie sich das vorstellen könnt. Und sie hat gesagt, des könnt sie sich jederzeit vorstellen. Und dann ist sie gleich mitgekommen und bis jetzt geblieben.«
    Wallner verschränkte die Hände vor der Brust und sah Vera an. »Und da drängen sich dir keine Fragen auf?« Vera beschränkte sich auf eine unbestimmte Geste. »Von der Straße weg geht sie mit und ist jetzt Kinderfrau bei uns.«
    »Mein Gott – es gibt eben Leute, die sind vielleicht spontaner als … wir.«
    »Als ich, meinst du.«
    »Nein, als wir. Ich würde so was auch nicht machen. Du natürlich schon gar nicht. Aber darum geht’s nicht. Sieh sie dir doch erst mal an.«
    »Heißt das, ich kann die Entscheidung im Zweifel wieder rückgängig machen?«
    »Ja, natürlich. Wenn du sie ganz schlimm findest. Aber das kann nicht sein. Sie ist wirklich die netteste Person, die ich je getroffen habe.«
    »Jemand, wo die Annika net mag, des muss schon a ganz schlechter Mensch sein«, sagte Manfred und vertiefte sich in seinen Rouladentopf.
    »Ich finde es gut, dass ihr mich bei der Sache überhaupt nicht unter Druck setzt«, maulte Wallner. Just in diesem Moment hörte man, wie jemand die Treppe herunterkam.
     
    Sie trug einen Rollkragenpullover, der die Pflaster an ihrem Hals vollständig bedeckte. Auch die Stichwunden an den Armen waren unter dem Pullover verborgen.
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