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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt
Autoren: Maya Trump
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spürte, dass meine Zeit knapp wurde. Es war wie in einem Kinofilm, wo man zwar das Ende herbeisehnt, aber auch weiß, dass es am Schluss keine großen Überraschungen mehr geben wird. Das Ende war vorbestimmt.
    Am nächsten Tag kam meine Mutter gegen 12 Uhr vorbei. Sie erzählte mir, dass sie wegen der Hotels viele Telefongespräche führen musste. Einen Strauß Rosen hatte sie auf dem Esstisch abgelegt.
    Ich war unter großen Mühen aufgestanden und hatte ein hübsches Sommerkleid angezogen, das einzige, das ich eingepackt hatte. Meine Mutter bemerkte: „Hier im Ort gibt es ein paar nette Boutiquen, sag doch deinem Freund, dass er mit dir einkaufen gehen soll.“
    „Daran habe ich auch schon gedacht“, sagte ich.
    Doch die Wahrheit war, dass ich ein langes Kleid für den Sarg anschaffen wollte, möglichst aus Spitze und in Weiß. Vielleicht musste ich ein Brautkleid kaufen. Doch das behielt ich für mich.
    „Schade, dass du nicht wieder nach Berlin ins Krankenhaus willst“, sagte sie bedauernd. „Dort könnte ich dich öfter besuchen.“
    „Grüße Frau Koch von mir und auch Papa, wenn du mit ihm telefonierst.“, sagte ich und versuchte meine Tränen zurückzuhalten. Wir umarmten uns und der Duft ihres Haares war noch der gleiche wie zu meiner Schulzeit. Meine Mutter sagte, als sie schon die Türklinke in der Hand hatte: „Sieh zu, dass du wieder zu Kräften kommst!“
    Marek kam gerade rechtzeitig, um mich aufzufangen. Meine Beine waren einfach zu schwach und das kurze Gespräch, bei dem ich versucht hatte, mich aufrecht zu halten, hatte mich überanstrengt. Er trug mich zum Sofa und holte eine Decke.
    „Brauchst du die Tabletten?“, fragte er fürsorglich.
    Meine Antwort war nur ein Stöhnen. Erst als ich die Tabletten geschluckt hatte, sagte ich zu Marek: „Sie glaubt, dass ich wieder gesund werde. Hat der Arzt sie nicht informiert?“ Marek schüttelte den Kopf. „Sie will es glauben“, sagte er.
    „Wir gehen einkaufen, sobald die Tabletten wirken.“, sagte ich und versuchte ein zuversichtliches Gesicht zu machen. Marek nickte nur.
    Die Sonne brannte herunter, als wir gegen drei Uhr in die Stadt hinunter fuhren. Die unebene Straße und die Stöße des Autos verursachten mir schreckliche Schmerzen. Doch ich biss die Zähne zusammen. Ich wollte unbedingt ein weißes Kleid kaufen und Marek in einem Blumengeschäft zeigen, wie der Schmuck für meinen Sarg aussehen sollte.
    Es war schwierig, ein passendes Geschäft zu finden. Die Sommermode war einfach zu bunt für meinen Geschmack. Schließlich landeten wir bei einem Brautausstatter. Die Dame, die uns bediente, sah mich von oben bis unten an. Dann sagte sie: „In ihrer Größe haben wir nur Kleider für Brautjungfern, die Brautkleider gibt es erst ab Größe 38.“
    Ich sagte: „Dann zeigen sie mir etwas in hellen Farben.“ Die Auswahl war riesig. Marek brachte mir einen Stuhl, damit ich in Ruhe alles betrachten konnte. Die Dame fragte immer wieder: „Möchten sie dieses Kleid nicht probieren?“ Doch ich antwortete: „Nein, ich weiß genau was mir passt.“ Schließlich entschied ich mich für ein hellgelbes Spitzenkleid, das zwar nicht bodenlang war, aber doch bis zur Wade ging. Es war sündhaft teuer.
    Marek trug mich zum Auto. Ich konnte nicht mehr gehen.
    „Fahr mich noch zu einem Blumengeschäft.“, sagte ich. Er sah mich zweifelnd an.
    „Willst du das wirklich heute noch machen?“, fragte er.
    „Ja, es ist wirklich nötig.“, antwortete ich.
    Wir hielten vor einem kleinen Blumengeschäft am Bahnhof. Es war das einzige, das noch geöffnet hatte. Marek half mir aus dem Auto. Wir nahmen die Tüte mit dem Spitzenkleid mit. Im Geschäft legte ich es auf den Ladentisch und sagte zu der Verkäuferin:
    „Haben sie passende Rosen zu diesem Kleid.“
    „Für welchen Zweck sollen die Rosen denn sein?“, fragte sie neugierig.
    „Für eine Beerdigung“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Sie blickte erschrocken. Dann ging sie hinter eine spanische Wand und brachte einen Arm voll hellgelber Rosen, die kaum aufgeblüht waren. „Diese würden perfekt zu dem Kleid passen.“, sagte sie und legte eine der Rosen auf den Stoff. „Sie werden noch etwas heller, wenn sie voll aufgeblüht sind.“ Ich sah Marek triumphierend an.
    „Siehst du, jetzt passt alles zusammen. Ich möchte, dass der Sarg von einem großen Rosenbouquet bedeckt wird und viele kleine Rosenblüten in ein Netz von Efeuranken gesteckt werden, damit man den Sarg darunter nicht
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