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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt
Autoren: Maya Trump
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sehen kann.“ Marek war wie erstarrt vor den Blumen gestanden und hatte kein Wort gesagt. Ich bedankte mich bei der Verkäuferin für ihren Rat und Marek trug mich wieder zum Auto.
    Er war noch immer stumm, als er mich zurück in die Klinik fuhr. Es war höchste Zeit, dass ich wieder an meine Schmerzmittel angeschlossen wurde, jede Bewegung war eine Qual und mein Rücken schien auseinanderzubrechen.
    Als ich endlich wieder in meinem Bett lag, sagte Marek:
    „Du hast dir heute viel zu viel zugemutet. Von jetzt an werde ich besser auf dich aufpassen!“
    „Danke, Marek, aber ich habe jetzt das Meiste erledigt, nur die Zeichnung meines Grabsteines muss ich morgen noch verbessern.“ Mareks Gesichtsausdruck wechselte von entschlossen zu entsetzt.
    „Du lässt wirklich nichts aus“, sagte er resigniert.
    Ich bekam jetzt einen neuen Cocktail an Schmerzmitteln, der mir die Sinne ziemlich vernebelte. Ich hatte Probleme, Worte deutlich auszusprechen und verlor schnell den Faden. In meinem Kopf war zwar alles noch klar, doch ich konnte mich nicht mehr gut mitteilen. Immerhin fühlte ich meine Glieder kaum mehr und auch der Rücken gab Ruhe. So lag ich einfach ausgestreckt in diesem großen Krankenbett und blickte an die Decke. Selbst das Drehen meines Kopfes bereitete mir Schwindel und ich sah dunkle Flecken vor meinen Augen tanzen. Trotzdem spürte ich, dass Marek immer um mich war und mir hin und wieder die Wangen streichelte. Auch hörte ich, wie er telefonierte, doch ich konnte nicht verstehen mit wem und worüber er sprach.
    Am nächsten Morgen kamen mehrere Ärzte an mein Bett und einer machte sich Notizen. Die Schwester wechselte den Tropf aus und Dr. König sagte zu mir: „Sie können mit diesem kleinen Regler selbst die Menge bestimmen, die in die Vene gelangt. Das ist eine Neuentwicklung für Schmerzpatienten.“ Mit diesen Worten gab er mir ein kleines Gerät in die Hand, das nur einen Knopf hatte. Dann fügte er noch hinzu: „Eine Überdosierung kann nicht stattfinden, das ist reguliert.“
    War ich jetzt ein Versuchskaninchen für neue Techniken? Hauptsache die Wirkung setzte schnell ein. Das war mein einziger Wunsch. Ich war erst seit vierzehn Tagen in dieser Klinik, aber die Schmerzen waren bereits jetzt in einem Stadium, wo ich mir keine Steigerung mehr vorstellen konnte. Wie gut, dass ich dieses Hospiz gefunden hatte.
    Nachdem die Ärzte wieder gegangen waren, setzte sich Marek zu mir. Ich bat ihm, mir vorzulesen. Er holte das Buch 'Die Möwe Jonathan'. „Soll ich die Musik dazu auflegen?“, fragte er. Er holte die CD und schob sie in das Gerät. Es war wunderschön.
    „Könntest du diese Musik nicht an meiner Beerdigung mit deiner Band spielen?“, fragte ich. Marek nickte.
    „Das kann ich gerne tun, aber kannst du mal an etwas anderes denken, als an deine Beerdigung?“, fragte er zurück. „Heute ist es draußen so sonnig. Möchtest du, dass ich dich auf den Balkon bringe?“
    „Ich bleibe lieber im Bett.“, sagte ich. „Ohne die Infusion kann ich im Moment nicht sein.“ Er blieb sitzen und las weiter aus dem Buch vor. Ich hörte nur seine Stimme, den Inhalt konnte ich nicht mehr richtig verfolgen. Das war mir zu anstrengend. In meinem Kopf waren mehrere Stimmen gleichzeitig, die wirr durcheinandergingen. Ich machte die Medikamente dafür verantwortlich. Meine Welt schrumpfte immer mehr zusammen, bald würde ich nur noch in meinem Kopf leben. Es fühlte sich schon jetzt so an, als ob es nichts Wichtiges mehr gab, das noch zählte. Sicher waren es die Schmerz- und Beruhigungsmittel, die mich so gleichgültig werden ließen. Ich spürte keine Sehnsucht mehr nach Zärtlichkeit oder Liebe. Ich wollte, dass es bald vorbei war. Die Schmerzen, die man mir genommen hatte, würden in dem Augenblick wiederkehren, wo ich das Bett verließ. Davor hatte ich wirklich Angst. Sie waren nicht mehr zu ertragen und ich wollte auf keinen Fall vor Marek zusammenbrechen. Er war bei mir und ich fühlte, dass ich getrost sterben konnte. Er würde alles für mich regeln, was es noch so gab.
    Wenn mir auch das Sprechen schon schwer fiel, versuchte ich, Marek noch ein paar Dinge zu sagen, die ich für wichtig hielt. Er sollte vor allem meinen Vater verständigen und auch meine Mutter anrufen. Sie würde dann die Beerdigung in die Hand nehmen. Doch Marek musste den Zeremonienmeister für mich spielen. Das war es, worum ich ihn bat.
    Ich fühlte, dass ich die Nacht nicht überleben würde, deshalb sagte ich zu Marek:
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