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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt
Autoren: Maya Trump
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zur Ruhe. Er half mir zwei Mal beim Aufstehen und bettete mich anschließend wieder in das hohe Krankenbett.
    Als der Morgen graute, stand er auf und ging auf den Balkon, um sein Morgengebet zu verrichten. Eine Schwester, die sich um meine Infusionen kümmerte, sah ihm neugierig zu und als sie das Zimmer verließ, schüttelte sie den Kopf. Sie hatte wohl noch nie einen Moslem beim Gebet gesehen.
    Salman kam wieder an mein Bett. Er sagte: „Um 8 Uhr kommt mein Taxi.“ Es war also so weit. Wir mussten Abschied nehmen - und es würde ein Abschied für immer sein.
    Salman nahm meine beiden Hände, die leblos auf der Bettdecke lagen. Er blickte mich lange an. An seinen langen Wimpern hingen Tränen. „Arven“, sagte er mit erstickender Stimme, „bitte verzeih mir! Du bist meine große Liebe und nichts auf dieser Welt kann diese Tatsache ändern.“
    „Salman, ich danke dir.“, brachte ich mühsam heraus. Salman ließ seinen Kopf auf meine Hände sinken.
    Dann ging die Türe auf und zwei Pfleger blickten herein. Der eine sagte: „Frau Martinez, wir sollen sie abholen für die erste Untersuchung!“.
    Salman erhob sich. Die Pfleger schoben eine fahrbare Liege herein, dann hoben sie mich mit einem Schwung auf das Transportbett.
    Ich sagte: „Warten sie noch einen Moment draußen.“
    Salman kam an mein Bett. „Wenn ich zurückkomme, bist du schon fort.“, sagte ich. Salman verschloss meinen Mund mit einem Kuss. Er war kreidebleich. Ich strich ihm über den Kopf und sagte: „Ich wünsche dir, dass du mit deiner Frau und deinem Kind glücklich wirst.“
    Dann öffnete Salman die Türe, damit die Pfleger mich hinausfahren konnten. Ich blickte nicht zurück. Was konnte noch Schlimmeres kommen? Mein Herz war in diesem Augenblick gestorben.
     

20. Kapitel
     
    Die Untersuchungen waren innerhalb eines Tages alle abgeschlossen. Fünf verschiedene Ärzte hatte ich kommen und gehen sehen. Man hatte mich stark sediert, so dass ich keine Schmerzen erdulden mussten. Als Dr. König an mein Bett kam, um mir das Ergebnis mitzuteilen, sah ich schon an seinem Gesichtsausdruck, dass mich nichts Gutes erwartete. Er streichelte meine Hand und sagte:
    „Liebe Frau Martinez, es gibt leider keine neuen Erkenntnisse über den Verlauf Ihrer Erkrankung. Aber, - und das ist für Sie sicher wichtig: wir sind der Meinung, dass wir Ihnen so lange wie möglich die Schmerzen erträglich gestalten können, um ihre Lebensqualität zu erhalten.“
    „Wie lange?“, unser Blick traf sich. Dr. König schüttelte den Kopf: „Das wissen wir nicht. Darüber entscheidet ein anderer.“ Sein Blick senkte sich auf unsere Hände, die noch immer verbunden waren.
    „Danke.“, sagte ich und ließ mich auf mein Kissen zurückfallen.
    Als Dr. König das Zimmer verlassen hatte, ließ ich meinen Tränen freien Lauf. Durch die starke Wirkung der Medikamente war mein Weinen leise, so leise, dass ich mir ins Gesicht fassen musste, um festzustellen, dass es wirklich nass war. Die Gewissheit, dass ich schon bald sterben würde war plötzlich so greifbar, so nahe und unabänderlich. Ich verstand nicht, warum ich überhaupt noch atmete. Warum konnte es nicht jetzt sofort zu Ende sein. Wozu noch länger Schmerzen ertragen, wenn mein Leben nur noch in diesem Zimmer stattfinden würde. Und konnte man das überhaupt Leben nennen?
    Die Flasche, die an einem Metallständer aufgehängt war, leerte sich zusehends. Man würde mir bald eine neue bringen und ich wusste, dass ich ohne dieses Mittel kaum mehr existieren konnte. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen.
    Beim Aufwachen spürte ich, dass ich nicht alleine war. Marek war gekommen. Er saß auf dem kleinen Sofa und blätterte in einer Zeitung. Er hatte noch nicht bemerkt, dass ich aufgewacht war und ihn ansah. Einen langen Augenblick beobachtete ich ihn, wie er ruhig da saß und konzentriert las. Dann blickte er auf und er ließ sofort die Zeitung fallen und kam an mein Bett. Er umarmte mich sachte und küsste mich auf beide Wangen.
    „Oh Marek“, wie schön, dass Du schon da bist. Ich habe nicht geglaubt, dass du bereits heute kommst.“, sagte ich und hielt ihn fest. Marek sah mich vorwurfsvoll an:
    „Du weißt, dass mir dein Wunsch Befehl ist!“, sagte er mit einem Augenzwinkern.
    „Hilf mir aus diesem schrecklichen Bett.“, sagte ich und versuchte, mich aufzusetzen. Marek schlug die Decke zurück und nahm meine Beine, die er vorsichtig nach unten hob. Dann zog er mir meine Hausschuhe an. An seinem Arm
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