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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn
Autoren: Klaus Wanninger
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Testament zu ändern, äußerte sie heute zum ersten Mal? Ich meine, gestern oder vorgestern wurde sie deswegen bei Ihnen noch nicht vorstellig – schließlich hat sie bereits am Montag vom Tod ihres Sohnes erfahren?«
    Rettenmaier schüttelte den Kopf. »Nein, damit kam sie erst heute. Meine Sekretärin hätte mich informiert, wenn sie vorher schon darum gebeten hätte.«
    Braig wandte den Blick zur Straße, wo ein grauer Kombi langsam an ihnen vorbeifuhr, dann ruckartig bremste. Der Fahrer legte den Rückwärtsgang ein, brachte das Auto gerade vor ihm zum Stehen. Er erkannte ihn noch durch die Scheibe.
    »Es sieht so aus, als seien wir hier richtig«, sagte Markus Schöffler, als er auf die Straße trat. Er lief auf Braig zu, reichte ihm die Hand. »Katrin erzählte irgendwas von der Esslinger Straße in Fellbach, wo wir die Schlüssel für eine Wohnung in Hohenacker abholen sollten. Ich nehme an, das hat was mit dir zu tun?«
    Braig erkannte Volker Seibert, einen quirligen, etwa vierzigjährigen Kollegen, der seit ein paar Wochen bei der Spurensicherung arbeitete. »Das ist richtig.« Er griff in seine Tasche und reichte die Schlüssel Schöffler.
    »Wir haben noch überlegt, ob wir sie überhaupt abholen sollen«, meinte der Techniker, »eigentlich hätten wir uns den Umweg sparen können.«
    Braig wusste nicht, worauf er hinauswollte, schaute ihn fragend an. »Wieso?«
    »Naja«, Schöffler zeigte auf seinen Kollegen, »Volle ist bekannt dafür, dass er jedes Schloss in wenigen Minuten knackt.«
    Rettenmaier lachte laut. »Da können wir ja froh sein, dass er das im Dienst der Polizei tut.«
    Braig starrte Seibert nachdenklich an. Er überlegte nicht lange. »Sie sind auf das Öffnen von Schlössern spezialisiert?«, fragte er.
    Seibert stieg aus dem Auto, trat näher. »Es macht mir keine größeren Schwierigkeiten, nein.«
    »Haben Sie die Werkzeuge, die sie dafür benötigen, dabei?«
    »Immer«, erklärte der Kollege, klopfte an seinen Hosenbund, »viel ist dazu nicht nötig.«
    Braig hörte das metallische Klappern an Seiberts Oberschenkel, wandte sich Rettenmaier zu. »Sie sagen, Frau Herzog ist normalerweise sehr korrekt, auch was Termine betrifft?«
    Der Anwalt nickte. »Mehr als korrekt. Ich könnte auch sagen: penibel.«
    »Und fünfzehn Uhr war der Zeitpunkt, für den Sie sich verabredeten.«
    »Vorher wäre ihr noch lieber gewesen. Ich nannte diese Zeit als für mich frühest möglichen Termin. Sie sagte, sie sei auf jeden Fall daheim. Auch vorher schon. Deshalb wundert es mich so.«
    Braig nickte, schaute auf seine Uhr. Achtzehn Minuten nach drei. »Dann gehen wir rein.« Er bemerkte die erstaunten Blicke. »Meine Ermittlungen lassen mich vermuten, dass Gefahr im Verzug sein könnte. Ich fürchte, dass Frau Herzog im Moment daran gehindert wird, mit uns Kontakt aufzunehmen.« Er sah die Fotos des Mädchens vor sich, war sich nicht sicher, welche Rolle die junge Frau spielte, die er nach Emilie Herzogs Aussage in Hohenacker hätte antreffen sollen. Hatte diese Swetlana mit den Morden zu tun? Wenn ja, dann war Frau Herzog ebenfalls in Gefahr. Und sei es auch nur, weil sie die Mörderin ihres Sohnes kannte. Vielleicht hatte die junge Frau sein Eindringen in die Wohnung in Hohenacker bemerkt. Woher er die Adresse dort kannte, war nicht schwer zu erraten. Swetlana glaubte, Emilie Herzog wolle sie der Polizei ausliefern und war deshalb nach Fellbach gekommen, um sich an der alten Frau zu rächen. Ungewiss war nur noch, ob sie es nicht schon längst getan hatte.
    »Sie wollen gewaltsam in die Wohnung eindringen?«, hörte er die Stimme Rettenmaiers.
    Braig schaute nach oben, dann zu dem Anwalt. »Von Gewalt kann keine Rede sein. Mein Kollege öffnet die Türen und ich überprüfe die Situation.« Er wusste, wie problematisch sein Ansinnen war, noch dazu in Gegenwart eines Juristen, versuchte, noch einmal auf seine Beweggründe hinzuweisen. »Ich habe dringenden Anlass, zu vermuten, dass Frau Herzog sich in Gefahr befindet. Verstehen Sie bitte, dass ich Ihnen das im Moment nicht genauer erklären kann. Eine richterliche Erlaubnis einzuholen wäre zu langwierig.«
    Rettenmaier nickte mit dem Kopf, erhob keinen Einwand. »Es ist Ihr gutes Recht. Wenn Sie wirklich auf Gefahr im Verzug plädieren, will ich Sie nicht davon abhalten.« Er trat einen Schritt zurück, ließ Seibert an sich vorbei.
    »Ich läute ein letztes Mal«. Braig drückte dreimal kräftig auf die Klingel, wartete eine Minute, wiederholte
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