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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst
Autoren: Klaus Wanninger
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seiner Antwort. »Warum nicht? Vielleicht bot der Typ ihm von seinem Mitgebrachten zum Trinken an. Wenn es ein Bekannter war …«
    Braig stimmte dem Kollegen zu. »Die beiden prosten sich zu, der oder die andere simuliert aber nur, als würde sie ebenfalls trinken. Oder sie hat zwei verschiedene Gläser oder Flaschen dabei. Eine mit und eine ohne Gift. Böhler kippt das Zeug, die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten.«
    »Der Mörder nimmt die Flasche oder das Glas wieder an sich und verschwindet.«
    »Denselben Weg, den sie gekommen ist?«
    »Denselben. Nur eine Rebenzeile weiter westlich, das haben wir schon eruiert.«
    »Dann hoffe ich, dass ihr ihre Spuren möglichst weit verfolgen könnt.«
    »Du sprichst immer von
sie
und
ihr

    »Schuhgröße siebenunddreißig. Eine Frau.«
    »Das muss nicht unbedingt sein. Auch Männer haben manchmal kleinere Füße.«
    »Richtig.«
    »Außerdem kann es ein Trick sein.«
    »Ein Trick?«
    »Extra für den Mord. Kleine Schuhe, um uns irre zu führen.«
    Braig musste Schöffler insgeheim Recht geben. »Vielleicht. Warten wir’s ab.« Er verabschiedete sich.
    Bernhard Söhnle trat ein. Die Haltung des jungen Kollegen hatte sich verändert, seine Augen blickten trotz der späten Stunde aufgeregt, sein Mund stand offen.
    »Ich habe etwas entdeckt«, erklärte er. Er baute sich vor Braigs Schreibtisch auf, drehte dessen Computermonitor zur Seite, trommelte auf das Kunststoffgehäuse. »Die Frau des Toten.«
    Braig wartete neugierig auf Söhnles Idee. »Was ist mit ihr? Mach es nicht so spannend!«
    »Ich gab meinem Suchprogramm die Aufgabe, alle Leute hier in der Umgebung auszudrucken, die mit Gift zu tun haben. Personen mit Zugang zu toxischen Stoffen.«
    »Und?«
    »Marion Böhler, Stuttgart- Rotenberg.«
    »Ja?«
    »Sie ist Apothekerin. In Bad Cannstatt.«
    Braig pfiff laut durch die Zähne.

4. Kapitel
    Zehn Minuten nach acht hatte Söhnle Marion Böhler endlich am Telefon.
    »Du glaubst es nicht, was die für ein Gezeter anstimmte, als ich ihr erklärte, dass wir heute Abend noch persönlich bei ihr vorbeischauen wollen. Als ob wir sie bei einem Verbrechen überraschen könnten«, erklärte der Kriminalmeister, als sie nach Rotenberg unterwegs waren.
    »Du traust der Frau nicht?«
    Söhnle überlegte nicht lange. »Das zu beurteilen, ist es noch zu früh. Erst will ich persönlich mit ihr sprechen und beobachten, wie sie reagiert.«
    Braig nickte, starrte in die dunklen Straßen, die draußen an ihnen vorbeizogen. »Hattest du den Eindruck, dass sie über den Tod ihres Mannes Bescheid weiß?«
    »Keine Ahnung. Vor lauter Schimpfen und Protesten kam ich nicht dazu, den Grund unseres Besuches auch nur anzudeuten.«
    Das Haus der Böhlers am Ortsrand Rotenbergs lag weitgehend im Dunkeln. Einzig eine einsame Straßenlaterne verbreitete trübes Licht in Höhe der Grundstücksgrenze zum Nachbarhaus. Das änderte sich jedoch schlagartig, als sie sich dem Zaun der Böhlers näherten. Wie von Geisterhand gesteuert flammten im Sekundenrhythmus hintereinander mehrere gleißend helle Strahler auf, setzten die beiden Beamten in ein unerträglich grelles Licht.
    Braig riss seine Arme hoch, hielt sich die Hände schützend vor die Augen. »Bewegungsmelder, wie ich die Dinger hasse!« Er hatte Mühe, den Klingelknopf zu finden, läutete ausgiebig. Das sanfte Dingdong war deutlich zu hören.
    Marion Böhler ließ sich Zeit. »Sie haben es wirklich eilig«, erklärte sie mit kräftiger Stimme, als sie langsam, vom unverhofften Licht immer noch geblendet, die Stufen zum Eingang des Fachwerkhauses hinaufstiegen.
    Braig reichte ihr die Hand, zeigte seinen Ausweis, stellte sich und seinen Kollegen vor. Er hatte Mühe, sie anzusehen, benötigte einige Sekunden, bis sich seine Augen wieder an das wohldosierte Licht im Inneren des Hauses gewöhnt hatten. Marion Böhler war von mittlerer Größe, hatte eine feine, schlanke Statur. Ihre Haare trug sie kurz, in einem modischen Hennaton gefärbt, das Gesicht dezent geschminkt. Im Gegensatz zu ihren Worten am Telefon war ihr keine Verstimmung anzumerken.
    Sie führte die Männer in ein weiträumiges Wohnzimmer, das mit einer modernen, dunkelroten Sofagarnitur, einem weißen Klavier und einem hohen Wandschrank ausgestattet war, bot ihnen Platz, dann auch Getränke an. Braig und Söhnle setzten sich, ließen sich Mineralwasser reichen, das sie in stilvoll schlanken Gläsern servierte. Nachdem sie die Flasche neben dem Sofa abgestellt hatte, nahm
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