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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst
Autoren: Klaus Wanninger
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verstand.
    »Gar nix will i sage, überhaupt nix.« Der Alte rupfte ein Löwenzahnbüschel aus der Erde, warf es an Söhnle vorbei an den Rand des Gartens.
    »Also, die Böhlers hatten öfter Streit«, erklärte Söhnle, indem er die Andeutung des Nachbarn aufnahm, »ziemlich heftigen sogar. Seit langem schon. Richtig?«
    »Des woiß jeder im Ort. Do könnet Se frage, wen Se wellet.«
    »Gab es einen konkreten Anlass dafür?«
    »En Anlass?« Der Nachbar richtete sich abrupt auf, betrachtete die Männer mit misstrauischem Ausdruck. »Wozu wellet Sie des überhaupt wisse? Zeitungsschmierfinke, wie?«
    Söhnle schüttelte den Kopf. »Polizei. Mein Name ist …«
    »Dann lasset Se mi in Ruh! I verpfeif niemand. Nachher heißt’s no, der alte Allmachtsdackel hat die Böhlere in de Dreck neizoge. Noi, ohne mi!« So abrupt, wie er sich erhoben hatte, wandte er sich von ihnen ab, stapfte schwerfällig zu seinem Haus.
    Söhnle und Braig blieben stehen, riefen ihm nach. »Vielen Dank für Ihre freundliche Auskunft!«
    Der Alte verharrte mitten zwischen zwei Zwiebelbeeten, drehte sich um. »Dass oiner von dene eines schönen Tags de andere umbringt, überrascht in Roteberg niemand. Damit hent mir alle scho lang grechnet. Die hent sich doch so schon halb tot gschlage!« Er bückte sich, zupfte einen Grashalm aus der Erde, starrte in geduckter Haltung zum Zaun. »Kommet Se nach achte, wenn Se von der was wellet.« Seine Stimme wurde knorriger. »No isch die feine Dame vielleicht zurück.«
    Söhnle spürte, dass die Auskunftsfreude des Mannes endgültig erloschen war, nickte Braig zu. »Also heute Abend noch mal, ja?«
    Sie fuhren die Stettener Straße abwärts, bogen dann im Ortskern in die Württembergstraße ein, folgten deren Serpentine zwischen Weinbergen hinunter ins Tal.
    Die Worte des Nachbarn lagen Braig noch in den Ohren.
Damit hent mir alle scho lang grechnet. Die hent sich doch so schon halb tot gschlage
!
    Szenen einer zerrütteten Ehe. Falls der Nachbar auch nur in Ansätzen Recht hatte … Sie mussten die Frau genau überprüfen. Die meisten Verbrechen waren Beziehungstaten, Gewaltakte zwischen Partnern, Bekannten oder Verwandten. Vielleicht hatten sie Glück und der Fall war im Handumdrehen gelöst, das Wochenende doch noch gerettet.
    Braig sah einen Bauern am Rand der Fahrbahn, damit beschäftigt, den Zustand seiner Trauben zu begutachten. Der Mann trug mehrere kurzstielige Arbeitsgeräte in einer Art Rucksack, blickte sich prüfend um. Keine zwanzig Meter weiter werkelte der nächste Weinbauer. Das Ende der langen Regenperiode und die Rückkehr zu spätsommerlichen Temperaturen, die der Wetterbericht zumindest für die nächsten drei, vier Tage angekündigt hatte, lockte sie offensichtlich in Scharen in ihre Reviere.
    Nachprüfen, wie weit die Trauben sind, überlegte Braig, letzte Vorbereitungen zur Ernte der frühen Sorten treffen. Hatte er sich Konrad Böhler so, in dieser Pose vorzustellen? Ein Weinbauer, der sich auf die Erträge seiner sicher recht mühseligen Arbeit der vergangenen Monate freut, der die Belohnung für manche schweißtreibende Stunde des letzten Jahres deutlich vor Augen hat, jetzt aber das Ergebnis nicht mehr erleben darf. Ausgelöscht durch Gift. Ausgerechnet ein Mann, der mit Spritzmitteln, Giften verschiedener Art, umzugehen gewohnt ist. Wer tötet einen harmlosen Weinbauern mit Gift? Seine eigene, mit ihm heillos zerstrittene Frau?
    »Was glaubst du?«, fragte Bernhard Söhnle mitten in Braigs Überlegungen. »Haben wir es mit einer Frau zu tun?«
    Der Kommissar war noch ganz in Gedanken.
    »Gift. Das klassische Tötungsmittel von Frauen, oder?«
    Braig sah ihn erstaunt an. Diesen Aspekt hatte er bisher übersehen. »Suizid können wir ausschließen?«
    »Dr. Keils Argumente klangen überzeugend, oder nicht?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals total lag.«
    »Also.« Söhnle nickte, bog in Untertürkheim in die Augsburger Straße ein. Auf der Gegenfahrbahn stauten sich die Fahrzeuge. »Und dann noch die Fußabdrücke. Auffallend kleine Größe, wie Schöffler meinte.«
    Braig gab keine Antwort.
    »Kennst du den Film ›Arsen und Spitzenhäubchen‹?«
    »Wovon handelt er?«
    »Eine Uralt-Klamotte. Zwei Omas killen Männer. Aus Mitleid. Damit die nicht länger wegen Obdachlosigkeit und sozialer Isolation leiden müssen.«
    »Und dann begraben sie sie im Keller?«
    Söhnle nickte zustimmend.
    »Ich kenne ihn. Ann-Katrin hat ihn auf Video.«
    »Arsen. Sie schütten das
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