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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst
Autoren: Klaus Wanninger
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Absperrung des Weges. »Ein Nachbar, er hat ihn identifiziert.«
    Braig sah die aufgeregte Menschengruppe, die von den beiden uniformierten Kollegen offenbar nur schwer im Zaum gehalten werden konnte. »Er wohnt hier?«
    »Am oberen Ende Rotenbergs.«
    »Ein Landwirt.«
    »Es sieht so aus.«
    Markus Schöffler kniete im nassen Gras, füllte hellen Schaum in eine kleine Einkerbung.
    »Wer hat den Mann gefunden?«, fragte Braig.
    Söhnle blickte auf einen Zettel, las den Namen ab. »Monique Gilbner, eine junge Frau. Schauspielerin.«
    »Schauspielerin?«
    »Sie steht dort vorne, ist völlig durcheinander.«
    »Wie kam sie hierher?«
    Söhnle zeigte nach oben. »Sie lernte für eine Rolle. Hier oben. Macht sie öfters, wie sie erklärte. Sie wohnt in Rotenberg und läuft durch die Weinberge oder, wenn wenig Besucher unterwegs sind, zur Grabkapelle hoch, um ihre Texte zu pauken. Unterwegs sah sie ihn liegen. Klingt plausibel.«
    Braig sah zur Kapelle hoch, nickte. Eine Schauspielerin lernt ihre Texte und sieht plötzlich einen Toten. Nur ihn? »Was ist mit der zweiten Person, von der Markus sprach? Hast du Frau Gilbner schon danach gefragt?«
    Söhnle schüttelte den Kopf. »So lange bin ich noch nicht hier.«
    Braig überlegte. »Die Angehörigen des Toten. Wurden sie verständigt?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Die beiden Beamten, die als Erste herkamen, sind damit beschäftigt, uns die Neugierigen vom Hals zu halten. Sollen wir …?«
    Steffen Braig sah sich um, wusste nicht, wozu er hier noch gebraucht wurde, nahm Söhnles Vorschlag auf. »Ihr kommt allein zurecht?«, fragte er.
    Schöffler und der Arzt nickten. Beide waren bereits wieder intensiv mit der Untersuchung der Umgebung und des Toten beschäftigt.
    Der Kommissar verabschiedete sich, lief mit seinem Kollegen zu der aufgeregten Menschenmenge, die sich hinter dem rotweißen Plastikband versammelt hatte.
    »Ein Toter«, rief eine Frau, »stimmt es wirklich?«
    Braig reagierte nicht, ließ sich von Bernhard Söhnle mit Monique Gilbner bekannt machen, die etwas abseits über einen Text gebeugt im nassen Gras saß.
    »Mein Name ist Braig. Ich komme vom Landeskriminalamt. Frau Gilbner, Sie haben den Toten entdeckt?« Er musste laut reden, weil die aufgeregten Stimmen hinter ihm seine Worte zu übertönen drohten.
    Die Schauspielerin sah mit fahrigen Augen auf, blickte ihn erschrocken an. »Ich habe doch schon alles erzählt. Kann ich immer noch nicht gehen?« Sie schaute auf ihre Uhr, streckte sie dem Kommissar entgegen. »Wir haben Vorstellung. Premiere.«
    Braig betrachtete die Frau, wunderte sich über ihr jugendliches Alter. Sie war groß und schlank, um nicht zu sagen: dünn, hatte spindeldürre Arme, ein schmales, bleiches Gesicht. Er schätzte sie auf Anfang zwanzig, vielleicht sogar noch jünger, merkte, wie aufgeregt sie war.
    »Sie spielen heute Abend?«
    Monique Gilbner nickte mit dem Kopf. »Wir haben Premiere.«
    »Theater?«
    »In der tri-bühne.«
    Er erinnerte sich an begeisterte Berichte von Kollegen über das Haus, versuchte, sich kurz zu fassen. »Ich will Sie nicht länger aufhalten. Wenn Sie mir nur ganz kurz noch einmal erzählen würden, wie Sie den Toten entdeckten?«
    Die Frau schilderte den Hergang ihrer Beobachtung in knappen Sätzen, wies auf die Stelle, von der aus sie den Toten entdeckt hatte. »Es war Zufall, wirklich Zufall. Wäre die Sonne nicht plötzlich zwischen den Wolken durchgebrochen …«
    »War der Mann alleine?« Braig merkte, dass sie seine Frage nicht verstand. »Ich meine, Sie sahen keine andere Person in seiner Nähe?«
    Sie schaute ihn überlegend an, schüttelte den Kopf.
    »Sonst irgendwo in der Umgebung? Ein anderer Mann, eine Frau, in einem der Weinberge?«
    Monique Gilbner wusste keine Antwort. »Eine andere Person? Aber die hätte ich doch um Hilfe gebeten …«
    Braig dankte der jungen Frau für ihre Unterstützung, gab ihr seine Karte, bat sie, ihn zu informieren, falls ihr doch noch etwas einfallen sollte. »Wie heißt das Stück, in dem Sie spielen?«
    Monique Gilbner benötigte einige Sekunden, bis sie reagierte. »Das Fräulein Pollinger.«
    Er glaubte, irgendwann davon gehört zu haben, verabschiedete sich von ihr und wünschte ihr alles Gute für ihren Auftritt. Bernhard Söhnles Kommentar ging im heftigen Geraune der wartenden Menschenmenge unter, das durch die Ankunft eines schwarz-grau lackierten Leichenwagens ausgelöst wurde. »Die ist völlig durch den Wind. Hoffentlich spielt sie keine wichtige
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