Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall
Autoren: Ross Thomas
Vom Netzwerk:
kurze Windjacke und braune Gabardinehosen, die nach Dills Urteil kostspielig aussahen. Windjacke und Hosen waren feucht, aber nicht triefnaß. Colders Füße steckten in braunen Schnallenschuhen. Zur Hälfte waren sie von Überschuhen aus Gummi verdeckt. Dill konnte sich nicht erinnern, wo er zuletzt jemandem begegnet war, der im Sommer Überschuhe getragen hatte.
    Colder sah Dill an. »Los, mit dem Rücken zur Wand«, befahl er.
    »Soll ich auch die Hände hochnehmen?« fragte Dill.
    »Halten Sie sie so, daß ich sie sehen kann.« Colder warf Jake Spivey einen kurzen Blick zu, der noch immer bequem auf der Couch saß. »Und du, Fettwanst, bleibst einfach da sitzen. Spivey, wie?«
    Spivey nickte. »Jake Spivey.«
    Noch immer in gebückter Haltung und mit beiden Händen die Pistole umklammernd, wandte Colder jetzt mit einer Körperdrehung Clyde Brattle seine Aufmerksamkeit zu. »Und wer zum Teufel sind Sie?« blaffte er.
    Brattle saß noch immer mit übereinandergeschlagenen Beinen in seinem Lehnstuhl. Er lächelte und setzte seinen Drink ab. Er bewegte die linke Hand zur Innentasche seines Jacketts, während er sagte: »Wenn sie gestatten, werde ich mich auswei–«
    Er hörte zu sprechen auf, als Captain Colder ihn kurz über dem linken Auge in die Stirn schoß. Die Wucht der Kugel schleuderte Brattle gegen die Rückenlehne. Als er zusammensackte, schoß Colder ein zweites Mal, diesmal in die Brust.
    Sekundenlang rührte sich niemand. Keiner sagte etwas. Langsam erhob sich Captain Colder aus seiner gebückten Haltung und steckte den Revolver zurück in das Gürtelhalfter unter seiner Windjacke. Er wandte sich Dill zu. »Ich hatte gar keine andere Wahl«, erklärte er. »Er hat nach seiner Waffe gelangt.«
    »Klar«, sagte Dill. »Absolut.«
    Spivey erhob sich und ging langsam hinüber zu dem toten Clyde Brattle. Er blieb bei ihm stehen, sah sekundenlang zu ihm herab, schüttelte dann den Kopf und sagte: »Scheiße, Clyde, was hast du denn anderes erwartet?«
    Er kniete sich neben der Leiche hin und schaute von dem toten Brattle zu dem mit hängenden Armen dastehenden Captain Colder hinüber, als wollte er Entfernung und Schußwinkel abschätzen. Dann griff Spivey in seine linke Jackentasche. Er zog die Walther Automatik heraus, die Brattle gehört hatte. Er richtete die Pistole auf Colder und jagte ihm wenige Zentimeter über dem Bund seiner Windjacke eine Kugel in den Leib.
    Colder taumelte erst einen, dann zwei Schritte zurück und preßte beide Hände auf die Wunde. Er ging in die Knie und starrte auf das Blut herab, das ihm zwischen den Fingern hervorquoll. Langsam hob er den Kopf und schaute zu Jake Spivey hin, der mit ausdruckslosem Gesicht dastand. Er schien in Spiveys Gesicht nach einer Antwort auf eine sehr wichtige Frage zu forschen, und als er sie nicht fand, drehte er den Kopf so weit nach links, wie er nur ging, und schrie einen Namen. Der Name, den er hinausschrie, war »Strucker«.
    John Strucker, Chief of Detective, schleuderte kurz darauf durch die noch immer weit geöffnete Wohnungstür. Er wirkte gepflegt, und der Regen hatte ihm nichts anhaben können. In der linken Hand hielt er eine angezündete Zigarre. Er trug einen grauen Seidenanzug, und Dill fand aus irgendeinem Grund die Vorstellung unwiderstehlich, ihm ein Preisschild über achthundert Dollar anzuheften. Strucker drehte sich um, schloß die Tür, nickte Dill zu und ging zu dem noch immer am Boden knienden Captain Colder hinüber.
    Colder starrte zu ihm hinauf. »Spivey … es war Spivey«, flüsterte er.
    Strucker schüttelte bekümmert den Kopf. »Wissen Sie, was Sie sind. Gene? Sie sind eine ganz schändliche Figur.«
    Strucker wandte sich von ihm ab, ging auf Spivey zu und streckte seine Hand aus. Spivey gab ihm die Walther-Pistole. Strucker zog sein Ziertaschentuch heraus und wischte die Pistole sorgfältig ab.
    »Hat die Brattle gehört?« fragte er Spivey.
    Spivey nickte.
    »War er Rechts- oder Linkshänder?«
    »Rechts«, sagte Spivey.
    Noch immer auf den Knien kauernd, stöhnte Colder und murmelte: »Verdammt noch mal, Strucker, tun Sie doch etwas.«
    »Ich hab’s gerade vor«, sagte Strucker, ließ einen seiner etwas sorgenvolleren Seufzer hören, klemmte die Zigarre zwischen die Zähne und beugte sich über den toten Clyde Brattle. Er legte Brattles rechte Hand um den Griff der Walther und schob Brattles rechten Zeigefinger in den Abzugsring und über den Abzug. Vom Lauf der Automatik sah er zu dem noch immer knienden,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher