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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall
Autoren: Ross Thomas
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Prolog
     
    Der Rotschopf, Detective bei der Mordkommission, trat um sieben Uhr dreißig morgens aus der Tür, hinaus in die Augusthitze, die schon jetzt 32 Grad betrug. Gegen Mittag würde die Temperatur auf 40 Grad ansteigen, und zwischen zwei und drei Uhr nachmittags würde sie sich um 42 Grad bewegen. Bis zum äußersten angespannte Nerven würden dann durchreißen und ein merkliches Ansteigen der Polizeiarbeit bewirken. Brotmesserwetter, dachte der Detective, Brotmesser am Nachmittag.
    Die Tür, aus der der Detective trat, führte auf die Terrasse der ersten Etage eines einstöckigen, gelben Ziegelhauses, das mit einem von Patina überzogenen Kupferdach gedeckt war. Der Detective wandte sich noch einmal um, vergewisserte sich, daß die Tür verschlossen war, und ging dann die Außentreppe hinab. Der gelbe Duplex-Ziegelbau stand in dem noch immer als vornehm geltenden Teil von Jefferson Heights und war, solide gebaut, vor 52 Jahren an einem angenehm beschatteten, zwanzig Meter breiten Streifen an der südöstlichen Ecke der 32nd Street und Texas Avenue errichtet worden. Mit Hilfe halbwegs zweifelhafter, aber kreativer Finanzierungsmethoden hatte der Detective der Mordkommission das Wohnhaus vor siebzehn Monaten gekauft, bewohnte jetzt das obere Zweizimmerapartment allein und hatte die untere Etage für 650 Dollar im Monat an einen Verkäufer von Heimcomputern, der etwa Mitte Dreißig war, und an dessen Freundin vermietet, die beide gewöhnlich mit der Miete in Verzug waren.
    Es war sieben Uhr einunddreißig am Morgen des vierten August, einem Donnerstag, als der Detective den Vorplatz der Außentreppe erreichte, sich nach links wandte, vor der Tür des Vertreters stehenblieb und auf die Klingel drückte. Nach etwa einer halben Minute wurde die Tür von einem unrasierten, verschlafen wirkenden Harold Snow geöffnet, der sein Bestes versuchte, überrascht auszusehen, was ihm auch beinahe gelang.
    »Ach herrje, Rusty«, sagte Snow, »sagen Sie nicht, ich hätte schon wieder nicht gezahlt!«
    »Sie haben nicht bezahlt, Harold.«
    »Gott, ich hab’s schon wieder vergessen«, sagte Snow lahm. »Wollen Sie einen Moment reinkommen, während ich den Scheck ausschreibe?« Snow trug nur die fleckigen Jockey-Shorts, in denen er geschlafen hatte.
    »Ich warte hier draußen«, erwiderte der Detective, »hier ist es kühler.«
    »Ich hab aber schon die Klimaanlage an.«
    »Ich warte hier draußen«, wiederholte der Detective mit einem flüchtigen, nichtssagenden Lächeln.
    Harold Snow zuckte die Achseln und schloß die Tür, um die Hitze draußen zu halten. Der Detective bemerkte eine verdächtig aussehende graue Blase von etwa fünf Zentimetern im Durchmesser im braunen Lack eines der Pfosten, die die Tür einrahmten. Mit Hilfe einer Nagelfeile prüfte der Detective vorsichtig die Verwerfung, da er argwöhnte, dahinter könnten Termiten stecken. Ich kann mir keine Termiten leisten, dachte der Detective, es dürfen einfach keine Termiten sein.
    Die graue Blase stellte sich als das heraus, was sie war, nämlich eine simple Ausblühung im Lack, und der Detective stieß einen kleinen Seufzer der Erleichterung aus, als Harold Snow, jetzt angetan mit einem blauen Polohemd, aber noch immer ohne Hosen, die Tür öffnete und den Scheck für die Miete herausreichte. Es war einer dieser buntfarbig bedruckten Schecks mit einem hübschen Bildchen drauf. Der Detective fand Schecks dieser Art albern, nahm ihn jedoch entgegen und musterte ihn sorgfältig, um sicherzustellen, daß Harold Snow ihn nicht zurückdatiert, zu unterzeichnen vergessen oder gar, wie schon einmal, einen falschen Betrag eingesetzt hatte.
    »Tut mir wirklich verdammt leid, daß er schon wieder überfällig ist«, sagte Snow, »es war mir ganz einfach entfallen.«
    Der Rotschopf deutete wieder ein Lächeln an. »Gewiß, Harold, das wird’s wohl sein.«
    Harold Snow gab das Lächeln zurück. Es war ein schafsdämliches, ganz offenkundig falsches Lächeln, aber irgendwie zu Snows langem, schmalem Gesicht passend, das der Detective ebenfalls für ziemlich schafsähnlich hielt, abgesehen von den gerissenen Kojotenaugen, die ihm daraus entgegenblickten.
    Noch immer lächelnd, sagte Snow dann, was er dem Detective der Mordkommission stets als gutgemeinten kleinen Scherz mit auf den Weg zu geben pflegte: »Na ja, ich vermute, Sie werden jetzt erst einmal die üblichen Verdächtigen festnehmen.«
    Und wie immer machte sich der Detective nicht die Mühe, darauf zu antworten,
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