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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall
Autoren: Ross Thomas
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Recorders. Dill beobachtete Brattle beim Zuhören – genauso wie er vorher Spiveys Reaktion studiert hatte. Zuerst verzog Brattle leicht befremdet das Gesicht, doch nur vorübergehend, und bald schon entspannte sich seine Miene, als hätte er etwas wiedererkannt und lauschte jetzt einem erlesenen Musikstück, vielleicht einer Sonate, jedenfalls aber ganz vertrauten Klängen, denen er vor langer Zeit andächtig gelauscht hatte. Er schloß die Augen. Er lächelte leicht. Er nahm jedes Wort in sich auf.
    Als es vorüber war, öffnete Brattle die Augen, sah zu Dill hinüber und fragte: »Ist das Ihre Arbeit?«
    »Ja.«
    »Genial.« Brattle richtete seinen Blick auf Spivey.
    »Nun, Jake, meinen Glückwunsch. Aber jetzt laß uns mal zusehen, welche Art Geschäft wir miteinander machen können. Was verlangst du?«
    »Nur ein paar Kleinigkeiten«, sagte Spivey. »Erstens, wir vergessen alles, was mich betrifft und was ich während der ganzen Jahre getan oder nicht getan haben mag, die ich mit dir gemeinsam herumgezogen bin.«
    »Natürlich. Ganz offensichtlich. Was sonst noch – Geld?«
    »Gott, daran hab ich noch gar nicht gedacht. Aber Geld – nein. Ich hab genug Geld.«
    Brattles linke Augenbraue hob sich, und der sanft geschwungene Bogen drückte Belustigung aus. »Weißt du was, Jake? Ich glaube nicht, daß ich jemals zuvor in meinem Leben jemanden so etwas habe äußern hören. Der ›nein‹ gesagt hat und es auch so gemeint hat. Aber schön, ich akzeptiere das. Was ist es also dann, was du von mir willst?«
    »Ich will den Namen der miesen Drecksau, der die Schwester von Pick hier umgebracht hat.«
    Diesmal schossen Brattles beide Augenbrauen nach oben. Seine Verwunderung schien echt, als er den Kopf Dill zuwandte und ihn musterte. »Ihre Schwester?«
    »Felicity Dill. Detective zweiten Grades der Mordkommission.«
    »Wie ich schon gesagt habe, ich hab darüber gelesen. Dann war da diese Riesenbeerdigung. Jemand wurde dabei getötet. Aber davon abgesehen, weiß ich absolut nichts.« Er legte eine Pause ein. »Tut mir leid, aber es ist wirklich so.«
    »Clyde, ich sag dir mal, was du bist«, entgegnete ihm Spivey. »Du bist der verdammt größte und gerissenste Lügner, der mir je über den Weg gelaufen ist.«
    »Brauchst du denn jemanden dafür, Jake? Ist es das? Brauchst du unbedingt jemanden? Wenn es so ist, kannst du Harley haben. Oder Sid. Oder alle beide. Natürlich waren sie es nicht, aber ich schenk sie dir, in Gottes Namen. Vielleicht könnten sie sogar einen gemeinsamen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem sie alles gestehen. Du bist früher mit solchen Abschiedsbriefen mal sehr gut gewesen, Jake.«
    Spivey schüttelte den Kopf und lächelte. »Mein Gott, du bist schon Sonderklasse, Clyde, wirklich. Ich sag dir jetzt mal, was ich denke. Du hast mir jemanden auf den Hals gehetzt vor – na, vor etwa anderthalb Jahren, würde ich sagen. Woher ich das weiß? Ich weiß es auf dieselbe Weise, in der du es wissen würdest, falls jemand hinter dir her wäre. Du kannst es fühlen, riechen, greifen, beinahe auch schmecken. Wen immer du geschickt hast, er hat sich Zeit gelassen, nichts überstürzt, hat den richtigen Zeitpunkt ausgewählt, den günstigsten Ort und all das.
    Ich hab auch das gespürt. Aber dann stolperte Picks Schwester irgendwie darüber und wird mit ihrem Wagen in die Luft gejagt. Also sag mir jetzt, wen du angeheuert hast, um mich abzuservieren, Clyde, und ich kann dann Pick darüber aufklären, wer seine Schwester aus dem Weg geräumt hat.«
    Brattle nahm wieder einen winzigen Schluck von seinem Drink. Während er sein Glas absetzte, schüttelte er bedauernd den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Jake, außer daß ich das alles ganz einfach abstreite –«
    Lautes Klopfen an der Wohnungstür unterbrach Brattles Beteuerungen. Niemand rührte sich. Sekundenlang starrten Spivey und Brattle einander mißtrauisch an, und dann richteten sich ihre mißtrauischen Blicke fast gleichzeitig auf Dill. Wieder wurde geklopft, nur war es diesmal kein heftiges Klopfen mehr, sondern ein krachendes Einschlagen auf die Tür, übertönt von einer grollenden Stimme, die brüllte: »Polizei! Aufmachen!«
    Es war Dill, der zur Tür ging und öffnete. Gene Colder, Captain bei der Mordkommission, kam mit gezogener Waffe hereingestürmt. »Keine Bewegung!« bellte er. »Jeder bleibt da, wo er ist.«
    Niemand bewegte sich. Colder stand halb gebückt, beide Hände um den Revolvergriff geklammert. Er trug eine
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