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Schurken machen Krawall

Schurken machen Krawall

Titel: Schurken machen Krawall
Autoren: Frank Schmeisser
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Tür. Wieder näherten sich die schlurfenden Schritte der bösen Oma. Ich hörte das Klacken des Schlosses. Die Tür öffnete sich und ich starrte in das völlig verdutzte Gesicht der Oma. Dann sah ich das Gewehr in ihren Händen. Sofort bereute ich meinen Entschluss, ausgerechnet als Giraffe verkleidet nachts bei Jägern an die Tür zu bollern. Ich sah den Kopf von Latte schon als Jagdtrophäe in einem Holzrahmen an ihrer Wohnzimmerwand hängen. Direkt neben einem Hirschgeweih.
    Die Oma blinzelte und rieb sich die Augen. Ich ging rückwärts. Langsam. Schritt für Schritt. Ließ die Oma dabei nicht aus den Augen. Die richtete weiterhin ihr Gewehr auf mich. Merkwürdigerweise war ich ganz klar im Kopf. So klar wie nie zuvor. Ich war ruhig. Kein bisschen zittrig. Aber angespannt wie ein Flitzebogen.
    „Wer sind Sie? Was soll das Kostüm? Und was wollen Sie hier?“, fragte die Schurkenoma.

    „Ich bin …“, fing ich an und brach ab. Was sollte ich sagen? Dass ich der Superheld „Das Gehirn“ war, der als „Latte, die lustige Giraffe“, beliebt bei Alt und Jung, unterwegs war? Welchen Sinn würde das ergeben? War es nicht besser, einfach auf Kind zu machen? „Los, raus mit der Sprache!“ Die Oma kam einen Schritt auf mich zu. Sie hob ihr Gewehr drohend etwas an. Ihre Stimme klang nicht mehr überrascht, sondern ernst. Sehr ernst.
    „Ich bin der Sebastian von heute Nachmittag“, sagte ich.
    Die Oma legte ihren Kopf auf die Seite und musterte mich eindringlich.
    „Setz den blöden Kopf ab!“, befahl sie.
    Ich nahm ihn herunter. Erst als die kühle Nachtluft über meine Haut strich, merkte ich, dass ich total durchgeschwitzt war. Mein Gesicht war klitschnass, meine Haare klebten mir am Kopf und Schweißperlen, groß wie dicke Regentropfen, liefen mir den Nacken hinunter.
    Die Oma erkannte mich.
    „Was willst du schon wieder hier?“, fragte sie, ohne eine Miene zu verziehen oder das blöde Gewehr wegzulegen.
    „Ich wollte mich entschuldigen!“, behauptete ich schnell und versuchte mich an einem niedlichen Lächeln. Es misslang. Ich schnitt nur eine Grimasse.
    „Warum grinst du so blöde?“
    „Sie haben ein Gewehr“, sagte ich und zeigte mit einem Huf auf die Waffe. Auch die Oma sah hinunter. Sie zögerte. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Was würde sie tun? Einerseits war ich ein Kind. Und Kinder bedroht man nicht mit einer Waffe. Niemanden bedroht man mit einer Waffe, um genau zu sein. Andererseits plante sie aber, das Verbrechen des Jahrhunderts zu begehen, und hatte dafür sogar eine Geisel genommen.
    Als die Oma das Gewehr sinken ließ, atmete ich erleichtert auf. Zwar zielte sie nicht mehr auf mich, aber aus der Hand legen wollte sie das Gewehr scheinbar trotzdem nicht.
    „Du willst dich bei mir entschuldigen?“, fragte sie misstrauisch. Ihre Augen funkelten böse.
    „Ja.“
    „Um diese Uhrzeit?“
    Ich tat überrascht und sah auf meine Uhr. 15 Uhr 76. Jetzt war auch noch meine Digitaluhr komplett durchgedreht.
    „Ich konnte nicht einschlafen, weil ich so ein schlechtes Gewissen hatte“, log ich. Und zwar ziemlich gut, wie ich fand, denn ich setzte auch noch meinen Dackelblick auf, der in zwei von zehn Fällen sogar meine Mutter beruhigen konnte.
    Die Oma aber nicht. Sie machte einen Schritt auf mich zu und schaute sich auf der Veranda um, wahrscheinlich um zu sehen, ob ich allein gekommen war. Dann stupste sie mich mit ihrem Stock an.
    „Los, rein da!“
    Ich ging ins Haus und die Oma folgte mir.
    „In die Küche. Und setzen!“, blaffte sie mich an.
    Ich setzte mich. Die Oma schien unschlüssig, was sie tun sollte. Sie war nervös. Gerade als sie sich neben mich setzen wollte, hörten wir vom Dachboden Geräusche. Gleichzeitig wandten wir unseren Blick nach oben. Glotzten blöd die Decke an.
    „Fledermäuse“, sagte sie schnell, nachdem ihr auffiel, dass auch ich den Lärm bemerkt hatte.
    „Wie bitte?“, fragte ich.
    „Wir haben Fledermäuse im Dachstuhl“, erklärte die Oma.
    „Echt? Toll! Darf ich die mal sehen? Ich finde Fledermäuse …“
    „Nein!“, unterbrach sie mich barsch. „Das darfst du nicht!“
    Wir blieben sitzen und starrten beide weiter an die Decke. Es war wieder still. Kein Geräusch drang zu uns herunter. Was war passiert? Hatte Action-Bärbel den Spinnenmann schon befreit? Hatten sie etwas umgestoßen? War sie gefallen?
    „Warum trägst du schon wieder so ein dämliches Kostüm? Tickst du nicht ganz sauber?“, fragte mich die Oma mit
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