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Schulterwurf

Schulterwurf

Titel: Schulterwurf
Autoren: Andreas Schlueter , Irene Margil
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Frühlingswind, hockten diese Typen mit
     ihren gedrungenen Körpern da wie Betonklötze. Sie hatten allesamt ihre Arme vor der Brust verschränkt und es war nicht zu
     übersehen, dass sie nicht besonders viel von Yamada Yuutos Weisheiten hielten. Schon vor der Veranstaltung waren zwei von
     ihnen aufgefallen, weil sie zwei Kampfhunde mit sich führten. Natürlich ohne Leine. Der Hausmeister hatte sie nicht etwa weggeschickt,
     sondern sogar extra ein Seil besorgt, um die Hunde vor dem Schultor anbinden zu können. Aber selbst darauf hatten sich die
     Typen nur mit Murren eingelassen. Sie hatten ernsthaft geglaubt, zwei frei laufende Kampfhunde mit in die Veranstaltung nehmen
     zu können.
    Yamada Yuuto erhob sich und schwebte leichtfüßig die Stufen zur Bühne hinauf.
    Linh klatschte sofort kräftig Beifall und animierte so den ganzen Saal, es ihr gleichzutun. Nur die Muskelpakete behielten
     ihre Arme vor der Brust verschränkt. Vermutlich waren ihre Hände längst unter den Achseln festgeklebt, dachte Linh verärgert.
    Sie wusste natürlich, dass die friedliche Art Yamada Yuutos und seine Weisheiten bei den meisten Kampfsportlern nicht angesagt
     waren. Yamada Yuuto legte außerordentlichen Wert auf einen freundschaftlichen Umgang auch im Kampfsport. Im Grunde drehten
     sich alle Bücher Yamada Yuutos um dieses eine Thema. Die Kampfsportler hingegen schlugen auch gern mal richtig zu.
    Jetzt konnte es endlich losgehen!
    Der Meister begann seinen Vortrag mit einem Zitat eines berühmten japanischen Pädagogen aus dem 19.   Jahrhundert und machte danach eine kleine Pause, als ob er über den ersten Satz meditierte. Dann wandte er seinen Blick wieder
     ins Publikum und bedankte sich mit freundlicher Stimme für die Einladung. Linh war von den Worten des Meisters hin und weg.
     Es war einer dieser Momente, in denensie glaubte, ihre Begegnung mit dem Großmeister wäre nur ein wunderschöner Traum. Sie hing ihrem großen Vorbild an den Lippen,
     obwohl sie viele vorgetragene Gedanken schon aus seinen Werken kannte. Umso weniger konnte sie verstehen, wieso zwei der bunten
     Muskelpakete jetzt einfach miteinander quatschten.
    Auch Yamada Yuuto bemerkte das Gespräch. »Haben Sie eine Frage?«, rief er zu den beiden hinunter. »Ich konnte sie leider nicht
     hören, weil ich gerade sprach.«
    Das Publikum lachte. Auch Linh musste grinsen und war erleichtert, dass der Meister sich diese unhöfliche Störung nicht zu
     Herzen nahm.
    Die beiden Männer standen auf und verließen mit lautem Stuhlrücken den Saal. Der Großmeister wartete ruhig, bis sie draußen
     waren, ehe er mit seinem Vortrag fortfuhr.
    Für Linh verflog die Zeit wie im Wind. Für ihren Geschmack ging Yamada Yuutos Rede viel zu schnell zu Ende.
    »Wenn man die Faust zumacht, besitzt man nichts, wenn man die Hand aufmacht, besitzt man die ganze Welt«, schloss Yamada Yuuto
     seine Ausführungen, schwieg wie zu Beginn seines Vortragesund nach einer Weile sagte er: »Ich bedanke mich für Ihre freundliche Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen allen einen guten Heimweg.«
     Der Meister verneigte sich vor dem Publikum und verließ das Rednerpult.
    Der Direktor kam ihm entgegen, bedankte sich per Handschlag und sagte: »Sie denken daran? Gleich beginnt ein spannender Wettkampf
     in der Halle drüben. Unsere Schüler messen sich mit ihrer härtesten Konkurrenz, der Grünheim-Schule.«
    Linh lief schon hinüber zur Sporthalle, um sich dort schnell für den anstehenden Wettkampf umzuziehen. Gleich würde der Meister
     ihr zusehen! Gleich würde sie zeigen, wie viel sie aus seinen Lehren in ihre Kampfweise übernommen hatte. Vor lauter Aufregung
     kam sie gar nicht aus ihren Klamotten. Das Hosenbein verhakte sich an ihrer Ferse, ihr Gesicht steckte in dem halb über den
     Kopf gezogenen Shirt, die Ärmel verdrehten sich und die Hände blieben darin stecken. Linh geriet ins Straucheln, hatte nichts
     mehr, womit sie sich hätte festhalten können, und kippte um.
    In dem Moment kam Ilka in die Umkleidekabine. Sie entdeckte Linh als zappelndes Knäuel, das mit ihrer Wäsche kämpfte.
    »Ist das eine neue Übung deines Meisters?«, lachte sie.
    »Quatsch nicht! Hilf mir!«, gab das Knäuel verzweifelt zurück. »O Mann, ich komme zu spät!«
    »Nein!«, beruhigte Ilka sie. »Professor Stölzer führt deinen Meister noch durch die Schule. Das kann dauern!«
    Trotzdem wollte Linh so schnell wie möglich bereit sein für ihren Wettkampf.
    Ilka zog ihr das Shirt aus, damit
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