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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
Autoren: Karl May
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ERSTES KAPITEL
    Die Höhle des Königsschatzes
    „Das Wasser rauscht, die Woge brüllt,
Entfesselt ist das Element.
Es wird das Herz von Grau'n erfüllt,
Für das es keine Worte kennt.
    Jedoch des Wassers düsterer Grimm,
Der Woge kalt gefräß'ge Wut
Ist nicht so schrecklich, nicht so schlimm,
Als wie der Rache wilde Flut!
    Das Feuer steigt, die Flamme braust,
Die lodernd in die Wolken brennt,
So daß es selbst dem Kühnsten graust,
Der sonst des Schreckens Macht nicht kennt.
    Jedoch des Feuers heißer Grimm,
Der Flamme schonungslose Wut
Ist nicht so schrecklich, nicht so schlimm,
Als wie der Rache wilde Glut!“
    Der ununterbrochen und so wunderbar zusammenhängende Verlauf der Ereignisse veranlaßt den freundlichen Leser, über den Atlantischen Ozean einen Blick hinüberzuwerfen in jenes mittelamerikanische Land, welches in Rodriganda so viele Male genannt wurde, weil da drüben die bedeutenden Besitzungen des Hauses Rodriganda de Sevilla lagen.
    Es ist nicht notwendig, langweilige geographische Bemerkungen über Mexiko zu machen; aber wie der Mensch überhaupt von dem Boden abhängig ist, auf welchem er lebt, so ist auch der Charakter des echten Mexikaners demjenigen seines Landes ganz konform. Der Boden des Landes ist zum großen Teil ein vulkanischer, und so glüht auch im Innern des Bewohners ein Feuer, welches oft mächtig und verzehrend emporflammt. An den Küstenstrichen herrschen tödliche Fieber; so sind auch die politischen Verhältnisse des Landes krankhaft und höchst unzuverlässig; das ganze Leben und Treiben der Nation ist ein reich phantastisches und wechselvolles, und man kann in einer Woche dort mehr Abenteuer erleben als bei unseren geordneten Verhältnissen in zehn Jahren.
    Die Grenze des Landes nach Texas hin, welches zu den Vereinigten Staaten gehört, bildet der Rio Grande del Norte, auch Rio Bravo del Norte, in welchen sich der Conchos, Salados, Sabinas und San Juan ergießen. Zwischen diesem Fluß und den Kordilleren von Cohahuila lagen einige der zerstreuten Besitzungen, welche dem Grafen Ferdinando de Rodriganda gehörten. Dieser war, wie wir bereits gesehen haben, der Bruder des Grafen Emanuel, er lebte ausschließlich nur auf seinen mexikanischen Besitzungen und hatte sich den Sohn seines Bruders, den jungen Grafen Alfonzo, hinüberkommen lassen, um seine Reichtümer auf ihn zu vererben.
    Ungefähr zwei Jahre vor dem Beginn der unglücklichen Ereignisse in Rodriganda schwamm ein leichtes Kanu langsam den Rio Grande hinab. Es war aus langen Baumrindenstücken gebaut, die mit Pech und Moos verbunden waren, und trug zwei Männer, welche verschiedenen Rassen angehörten. Der eine führte das Steuer, und der andere saß sorglos im Bug, damit beschäftigt, aus Papier, Pulver und Kugeln Patronen für seine schwere Doppelrifle zu drehen.
    Derjenige von den beiden, welcher das Steuer führte, hatte die scharfen, kühnen Züge und das durchdringende Auge eines Indianers, und auch ohne diese hätte man an seiner Kleidung sofort gesehen, daß er zur amerikanischen Rasse gehörte. Er trug nämlich ein wildledernes Jagdhemd, dessen Nähte phantastisch ausgefranst waren, ein Paar Leggins (Lederhosen), deren Seitennähte mit den Kopfhaaren der von ihm erlegten Feinde geschmückt waren, und Mokassins (Jagdschuhe), welche doppelte Sohlen zeigten. Um seinen nackten Hals hing eine Schnur von den Zähnen des grauen Bären, und sein Haupthaar war in einen hohen Schopf geflochten, aus welchem drei Adlerfedern hervorragten, ein sicheres Zeichen, daß er ein Häuptling sei. Neben ihm im Kanu lag ein feingegerbtes Büffelfell, welches ihm beim Gehen als Mantel diente. In seinem Gürtel staken ein glänzender Tomahawk (Schlachtbeil), ein zweischneidiges Skalpmesser und der Pulver- und Kugelbeutel. Auf dem Büffelfell lag eine lange Doppelflinte, deren Kolben mit silbernen Nägeln verziert war und in deren Schaft man viele eingeschnittene Kerben bemerkte, um die Zahl der bereits erlegten Feinde zu bezeichnen. An der Bärenzahnschnur war das Kalumet (Friedenspfeife) befestigt, und außerdem sah man aus einer Tasche seines Jagdhemdes die Kolben von zwei Revolvern hervorblicken. Diese beiden bei den Indianern so seltenen Waffen waren ein sicheres Zeichen, daß er mit der Zivilisation in eingehende Berührung gekommen sei.
    Das Steuer in der Rechten, schien er seinem Begleiter zuzuschauen und sich um weiter nichts zu kümmern, ein aufmerksamer Beobachter aber hätte bemerkt, daß er dennoch unter den tief gesenkten
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