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Schulden ohne Suehne

Schulden ohne Suehne

Titel: Schulden ohne Suehne
Autoren: Kai A. Konrad , Holger Zschaepitz
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erwartet: nämlich, dass sie mit dem billigen Geld Staatsanleihen der wackeligen Staaten aufkaufen. 115
    Der Leidtragende dieses Geschäfts ist   – wen wird es wundern   – der Steuerzahler in den Euroländern. Als Anteilseigner der EZB verzichtet er angesichts der Dumping-Kredite an die Banken auf Staatseinnahmen aus Zentralbankgewinnen. Andererseits zahlt der gleiche Steuerzahler mit seinen hohen Steuern die hohen Zinsen, die sich die Banken für die Staatskredite zahlen lassen. Das Risiko in diesem Geschäft, das die Zinsdifferenz zwischen EZ B-Kredit und der Verzinsung von Staatsanleihen erklären könnte, tragen aber nicht die Banken, sondern auch der Steuerzahler; denn die zweifelhaften Staatspapiere sind ja gerade die Sicherheiten, mit denen die Bankkredite besichert sind. Kommt es also zum Zahlungsausfall beim Staat, werden die Sicherheiten wertlos. Der Zahlungsanspruch der EZB an die Banken bleibt zwar bestehen, die Banken wären aber pleite, wenn sie zahlen müssten. Das Ergebnis wäre eine Bankenrettung durch den Steuerzahler. Und da schließt sich der Kreis.

    Abb. 5: Aufkäufe von Schuldtiteln durch die EZB (in Millionen Euro)
Quelle: Bloomberg
    Zugespitzt könnte man sagen: Die EZB sollte den Staaten der Eurozone kein Geld leihen   – das gehörte zu ihren Grundsätzen.Nun tut sie es indirekt trotzdem. Aber damit nicht genug: Sie tut es hinter einem Deckmäntelchen, das den europäischen Steuerzahler jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag kostet.

Folgen der Schuldenvergemeinschaftung
    In der Folge von Rettungsmaßnahmen zeigt sich ein Muster: Die Vermeidung von Zahlungsunfähigkeit einzelner Mitgliedsstaaten erfolgt um den Preis immer größerer Rettungsaktionen, die in immer kürzeren Zeitabständen aufeinander folgen. Mit diesen Maßnahmen verlagert die Politik die Haftungsverpflichtungen für Staatsschulden in den Krisenstaaten systematisch auf die Staaten mit verhältnismäßig gesünderen Staatshaushalten. Sie »vergemeinschaftet« die Verantwortung für die Staatsschulden.
    Mit der »Vergemeinschaftung« der Schuldnerbonität innerhalb der Eurozone gehen allerlei negative Anreizeffekte einher. Gläubiger verlieren das Interesse daran, einzelne Eurostaaten hinsichtlich ihrer Bonität zu überwachen. Sie interessieren sich nur noch für die Bonität der Eurozone insgesamt. Die Märkte verlieren damit einen Großteil ihrer disziplinierenden Wirkung, wenn übermäßige Verschuldung nicht mehr durch höhere Zinsen bestraft wird. Mitgliedsstaaten innerhalb der Eurozone können einen Großteil der Kosten zusätzlicher Kredite auf die übrigen Mitgliedsstaaten abwälzen. Ihre zusätzlichen Kredite belasten nicht primär ihre eigene Bonität, sondern die Bonität der Eurozone insgesamt. Finanzielle Missstände bei den eigenen Finanzen werden damit quasi von den anderen Staaten getragen; der Anreiz schwindet, selbst auf solide Staatsfinanzen hinzuarbeiten. Arme Länder treiben so in die immer höhere Verschuldung. Reiche Mitgliedsstaaten müssen fürchten, dass sie zum Zahlmeister der Eurozone werden, und haben damit selbst einen Anreiz zu höherer Verschuldung, um so die möglichen Kosten von Hilfen an andere Mitgliedsstaaten weiterzugeben.
    Die EU steht im Frühjahr 2012 dabei vor den letzten möglichen Rettungsschritten. Einen der möglichen Schritte hat die Europäische Kommission bereits vorgeschlagen: die Verlagerung der Entscheidungskompetenz und Verantwortlichkeit für Staatsschuldenvon den Nationalstaaten der Eurozone zur Regierungsebene der Europäischen Union. 116 Die Folgen der »Vergemeinschaftung« der Schuldnerbonität innerhalb der Eurozone wurden schon erörtert. Der Politik blieben diese zerstörerischen Anreize einer Schuldenvergemeinschaftung in Europa nicht verborgen. Sie versucht diesen Fehlanreizen mit Regulierung auf europäischer Regierungsebene zu begegnen. Das führt zur zweiten Form von Krisenaktionismus, die wir nun betrachten.

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    6.   Kompetenzverlagerung zur EU
    In ihrem Vorschlag für die Einführung von Eurobonds   – die Europäische Kommission nennt sie Stabilitätsbonds   – macht die Kommission die Komplementarität zwischen Schuldenvergemeinschaftung und zentraler Kontrolle der einzelstaatlichen Finanzen deutlich.
    »Mit allen Formen von Stabilitätsanleihen müssten eine wesentlich stärkere Finanzüberwachung und Koordinierung der Politik einhergehen, um das Moral-Hazard-Problem zu vermeiden, tragfähige öffentliche Finanzen zu
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