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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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der Nichtrhythmus von Storno bitte Colins Hirnwindungen vibrieren lässt, schalten sie automatisch den neuen Text frei, den Colin extra für diesen Auftritt geschrieben hat. Er stöhnt und keucht und krächzt ins Mikro, seine Hände klammern sich an den Ständer, dass seine Knöchel hervortreten.
Hey girl, ich sag wow girl, das war hot
Was soll das heißen, du hast mein Kondom perforiert?
Storno bitte, Storno bitte!
     
    Während James als Refrain die Saiten kreischen lässt, sieht Colin Blondy hinter den Kulissen. Und Nigerianer in der ersten Reihe der Zuschauertribüne. Und auf dem Monitor seine Mutter in Großaufnahme.
Hey mum, ich sag hey mum, wer is’ der Kerl
Hat dich gekauft, seine erste Frau gekillt, weil zu schlau?
Storno bitte, Storno bitte!
     
    Colin kreischt den Refrain, schielt zur Seite.
    Die Kamera erfasst nicht, dass Länglich verstohlene Gesten an einen unsichtbaren Adressaten schickt.
Hey Alter, ich sag nich Papa, bist es nich’
Noch mehr Macht, rechte Parolen, ne Esoterik-Dikatur willste aufbau’n?
Storno bitte, Storno bitte!
     
    Colin zieht das angebrannte Büchlein aus der Hosentasche. Es kommt Bewegung in die Nigerianer im Publikum. Abseits der Scheinwerfer versucht ein Techniker, Länglichs Leute daran zu hindern, Kabel aus Steckdosen zu ziehen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit. James verkürzt sein Solo, nickt Colin zu.
Hey Alter, willst mir Texte unterjubeln, die Werbung für deine
neue braune Diktatur machen, von der du feuchte Träume hast?
Storno bitte, Storno …
     
    Der Strom ist weg. Colins letztes Wort geht nicht auf den Sender. Dafür spielt der Regisseur jetzt die Szene von der Drohne ein. Der Ton ist mies, schallt durchs Studio, das Bild flimmert über alle Monitore.
    »Nehmen Sie Einfluss auf meinen Sohn«, sagt Länglich in der Aufzeichnung. »Er soll beim nächsten Konzert mal von den Dingen singen, die wirklich wichtig sind, nicht von Liebe, Friede und Freiheit.«
    Dann taucht ein breites, dunkelhäutiges Gesicht vor Colin auf, und schaufelförmige Hände greifen nach ihm.
      
    Colin duckt sich, greift nach dem Mikrofonständer, donnert ihn dem Nigerianer gegen die Schienbeine. Das bringt leider überhaupt nichts.
    »Colin!« Das ist die Stimme seiner Mutter.
    Plötzlich ist noch ein Afrikaner da – mit einer Kanone in der Hand.
    »Seid ihr vollkommen bescheuert?«, schreit Colin den Kerl an, aber der grinst nur.
    Colin wird festgehalten. Sein Blick sucht seinen Stiefvater. Der steht am Rand der Bühne, links und rechts zwei breite Aufpasser. »Pfeif deine Bullen zurück!«, schreit Colin.
    Aber Länglich macht keine Anstalten. Er streckt die Hand nach Emma aus, die vor ihrem Sessel steht, sich an der Lehne festhält. Vom Moderator ist nichts zu sehen.
    »Finger weg von meiner Fender!«, schreit James hinter Colin. Der Gitarrist schwingt sein Instrument, ein Nigerianer weicht zurück. »Legt euch nicht mit einer Metal-Band an«, krakeelt James. Donnert dem Angreifer den Korpus in den Wanst. Der zieht eine Knarre. Zielt.
    Kriegt eine kleine, stählerne Kiste an den Kopf.
    »Das ist meine Süße!«, freut sich Tier, und zieht seinen Drumcomputer am Kabel zu sich zurück.
    Plötzlich steht Spanisch mitten zwischen der Band. »Meine Herren!«, ruft er, wedelt mit den Händen.
    Das Publikum kreischt, und das ganz ohne Anweisung von oben.
    Ein Schuss. Colin zuckt zusammen. Mehr Schüsse. Die verdammten Nigerianer haben das Feuer eröffnet.
    »Aufhören!«, schreit Colin. James’ Fender stürzt getroffen zu Boden, Spanisch rudert wild mit den Armen.
    Colin sieht, wie zwei breite Kerle nach seiner Mutter greifen. Er will sich aus der Umklammerung lösen, tritt um sich, schreit: »Freiheit!« – nutzlos, nur Worte, was sind schon Worte gegen Muskeln und Kugeln, die von Miniatur-Sprengladungen durch gezogene Läufe beschleunigt werden, um Menschen zu töten, obwohl jeder Waffenhersteller beteuern würde, dass sie hergestellt worden seien, damit genau das nicht geschieht. Ein schönes Thema für einen neuen Song, schießt es Colin durch den Kopf. Er sieht, das Spanisch auf dem Boden liegt. Voller Blut. Bewegungslos.
    Die Nigerianer schaffen Colins Mutter zu Länglich. Sie wehrt sich nicht, die beiden machen Anstalten, das Studio zu verlassen. Colin sieht auf dem Monitor, dass das alles live über den Sender geht. Er fragt sich, ob das ein Erfolg ist.
    »Colin!«, schreit Blondy. Er fährt herum. Ein Kerl wie ein Schrank hat sie hochgehoben, ignoriert ihre Fäuste, die
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