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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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im Land von Religionspolizei und Spaßbietern?«
    »Den wohl heißesten Crap nördlich der Alpen«, behauptete Colin aus dem Stegreif.
    »Das sagt kein Geringerer als Colin Free, meine Damen und Herren, der beim Konzert in München vor wenigen Tagen Burka und Dirndl verwechselte, wie konnte das eigentlich passieren?«
    »Na, wir rockten gerade unseren neuen Top-Hit, Storno bitte, da schmiss mir eine Zuschauerin ein Kleidungsstück förmlich ins Gesicht.«
    »Liebe Zuschauer, Sie ahnen vermutlich schon, dass es sich nicht um einen BH handelte.«
    »Nein, es war ein, na ja, ein Kleid. So ein typisch bayrisches Kleid. Und mir fiel nicht auf Anhieb ein, wie man das nennt. Ich wollte mich natürlich bedanken, wie es sich gehört.«
    »Wir wollen unseren Zuschauern gerne den kurzen Ausschnitt zeigen, der Sekunden später im Internet kursierte.«
    (Wacklige Bilder zeigen, wie Colin das Kleidungsstück in die Höhe hält und im Nichtrhythmus von Storno bitte krächzt: Burka bitte, Burka bitte.)
    »Haa!«, prustete James Bond. »Das kann ich gar nicht oft genug sehen!«
    Der Moderator wartete, bis der Gitarrist aufgehört hatte, hohl zu kichern. »Liebe Zuschauer, das ist der Saitenquäler der Band, er nennt sich Bond, James Bond. Ob er auch so gut im Bett ist wie der Film-Geheimagent, müssen wir für den Moment offenlassen.«
    »Wieso? Gibt’s daran irgendeinen Zweifel?« James wirkte ernsthaft schockiert.
    »Herr Free«, fragte der Moderator, »welche politische Aussage stand hinter Ihrer spontanen Textänderung?«
    »Na ja«, improvisierte Colin, »der Scheich von Bayern ist schon eine schräge Type. Ich meine, erst überbietet er den Vatikan, der daraufhin mit Thüringen vorliebnehmen muss – ausgerechnet dem Heimatland von Martin Luther! –, und das alles nur, weil ihm Neuschwanstein so gut gefällt. Wenn man den Medienberichten glauben kann. Okay, er hat ja sogar seinen Regierungssitz da eingerichtet. Muss also was dran sein. Was mich mal interessieren würde: Was ist jetzt eigentlich mit den 10 000 Touristen, die jeden Tag in das Schloss wollen? Begrüßt der Scheich die mit Handschlag oder verkauft er persönlich die Eintrittskarten? Das sind Fragen, die mich interessieren.«
    »Die sind aber nicht sonderlich politisch.«
    »Genauso wenig wie der Scheich selbst. Er ist ein Träumer. Bringt seine Religionspolizei mit, und als die sich erkundigt, ob sie Frauen ohne Burka auspeitschen soll, verfügt der Scheich, nein, natürlich nicht, bloß die ohne Dirndl, wir müssen uns ja an die hiesigen Gegebenheiten anpassen. Echt jetzt, geht’s unpolitischer?«
    »Ich find Dirndl süß«, mischt sich Tier ein.
    »Das«, zeigt der Moderator auf den Drummer, »ist übrigens der Mann, der seinen Rhythmuscomputer seine Süße nennt, und mit dem Lötkolben die Lautstärke-Begrenzung entfernt hat.«
    »Ganz so war es nicht«, korrigierte Colin, »aber die technischen Details würden jetzt sicher zu weit führen. Sagen wir einfach, Tier ist der hammergeilste Crap-Drummer der Szene. Und das will was heißen, immerhin nennt die auch Typen wie Thor The Hammer und Kratzer Karlo ihr Eigen.«
    Moderator Stürzli ging nicht auf die Vorlage ein. »Ihr letztes Konzert war in Berlin. Um genauer zu sein: rechts oder links?«
    »Das ist kompliziert«, sagte Colin. »Ich habe selbst eine Weile gebraucht um zu kapieren, dass man eine Landkarte auf den Kopf stellen muss, damit die Teilung der Stadt in Rechts-Berlin und Links-Berlin einen Sinn ergibt. Offen gesagt waren es nicht die Scientologen, bekanntlich bei der Auktion Höchstbieter, die uns eingeladen haben.«
    »Da wären wir auch nicht gekommen!«, schnappte James Bond.
    »Wir haben in einem Club im Osten gespielt, Entschuldigung, in Links-Berlin«, erklärte Colin. »War das nicht in der Nähe vom Checkpoint Charlie?«
    »Da war so ne komische Baracke«, erinnerte sich Tier und gaffte Löcher in die Luft.
    »Eine ganze Menge Schaufenster bestehen da immer noch aus Spanplatten«, erzählte Colin. »Auf keiner sind weniger als zehn Schichten Graffiti. Wir haben ein paar ziemlich coole Bandfotos geschossen.«
    »Zum Schluss noch zwei Fragen, die unseren Zuschauern – vor allem den weiblichen – am Herzen liegen …«
    »Nein, ich bin nicht vergeben«, grinste Colin. »Unsere nächste Show ist in Frankfurt, kommt zum Flughafen und bereitet uns einen angemessenen Empfang!« Er merkte, dass er übermütig wurde, konnte sich aber nicht zügeln. »Die coolste Schnecke nehm ich mit ins
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