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Schrei in Flammen

Schrei in Flammen

Titel: Schrei in Flammen
Autoren: Jeanette Øbro , Ole Tornbjerg
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genutzt – für Geld aus Drogengeschäften, Prostitution, Erpressung oder anderen kriminellen Aktivitäten oder um im großen Stil Steuern zu hinterziehen.«
    Ein etwas schräges Bild von muskelbepackten, langhaarigen Bikern mit Lederweste, die von ihren Schreibtischen kleine Firmen leiteten, drängte sich Katrine auf.
    »Das ist …«, Melby hielt einen Moment inne, um den Ernst der Situation zu unterstreichen, »eine echte Bedrohung. Zum einen ist ihr Einstieg in das legale Geschäftsleben häufig begleitet von Gewalt, zum anderen – und das ist weitaus gefährlicher – unterminieren sie damit unsere ganze Gesellschaft. Sie entziehen den öffentlichen Kassen enorme Geldbeträge, für die wir alle aufkommen müssen. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die organisierte Kriminalität heute zu den größten Bedrohungen unserer Demokratie zählt. Deshalb müssen wir uns mit aller Härte dagegen zur Wehr setzen. Es gibt ausreichend Schreckensszenarien, was passiert, wenn ein Land die Kontrolle über diese kriminellen Organisationen verliert: Sie infiltrieren uns, drängen erst in die Wirtschaft und dann in die Politik. Das Resultat ist eine in hohem Maße korrumpierte Gesellschaft, geleitet von Kriminellen, die nicht vor Gewalt, Mord und Erpressung zurückschrecken. Das ist in vielen Ländern Mittel- und Südamerikas passiert …«
    »Und in Russland.«
    »Ja, wobei das eine etwas andere Geschichte ist.«
    »Natürlich, aber es ist doch wohl noch ein weiter Weg, bis Dänemark so weit ist«, sagte Katrine.
    »Natürlich. In einem Land mit einer so hohen Rechtssicherheit wie dem unsrigen geht das nicht so schnell. Aber es ist wichtig, diese Perspektive nicht aus den Augen zu verlieren.« Bent Melby blieb stehen und beugte sich über den Tisch.
    Dann begann eine Aufzählung ihrer Aufgaben. Es war in etwa so, wie Jens es sich gedacht hatte. Sie sollte die Netzwerkbildung und Rekrutierung analysieren – mit besonderem Fokus auf den kleineren, neueren Bandenformationen. Sie sollte der Polizei mit ihrer Arbeit tiefere Einblicke in diese Prozesse verschaffen, um die Prävention zu stärken und all jenen Hilfestellung bieten zu können, die das Milieu wieder verlassen wollten. So weit, so gut.
    »Es ist für diese Arbeit aber essentiell, an ausgewählten laufenden Ermittlungen teilzunehmen«, sagte Katrine.
    Melby lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Das kommt nur in äußerst begrenztem Umfang in Frage«, sagte er mit fester Stimme.
    »Es ist aber für die Qualität meiner Untersuchungen von höchster Bedeutung, dicht am Milieu dran zu sein und die Ermittlungen zu begleiten«, versuchte sie es erneut.
    Melby beugte sich wieder vor. »Ich war nicht an Ihrer Anstellung beteiligt«, sagte er in freundlicherem Ton, »aber ich gehe grundsätzlich davon aus, dass die Mitarbeiter, die meiner Spezialeinheit zugeteilt werden, auch die nötigen Qualifikationen mitbringen. Hinzu kommt, dass ich rein juristisch nicht nachvollziehen kann, was Sie zu unserem Arbeitsfeld überhaupt beitragen können. Aber gut«, sagte Melby und stand auf. »Wenn Sie dann bitte einen kurzen Bericht über das schreiben könnten, was wir heute hier besprochen haben. Sagen wir bis nächste Woche?«
    Katrine verließ Melbys Büro mit hängendem Kopf. Je eher dieses Jahr vorüber war, desto besser, dachte sie und sah das Morddezernat weit, weit hinten am Horizont verblassen. Wie sollte sie allein durch die Beschaffung von Hintergrundmaterial die Entscheidungsträger überzeugen, dass man sie unbedingt im Morddezernat brauchte? Was hatte Per Kragh sich nur dabei gedacht? Eine echte Scheißsituation. Melby war ihr vor die Nase gesetzt worden und hatte nichts Besseres zu tun, als sie an einen Schreibtisch zu ketten. Sie konnte sich aber auch schlecht hinter Melbys Rücken bei Kragh beschweren. Solche Spielchen konnte sie nicht leiden. Ihr blieb keine andere Wahl, sie musste versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. In England hatte sie am Ende den Ruf gehabt, eigenmächtig und wenig teamfähig zu sein, doch dort war der Führungsstil deutlich hierarchischer und straffer. Wenn sie in Dänemark Karriere machen wollte, würde sie sich anstrengen müssen, eine Balance zu finden zwischen dem, was sie für richtig hielt, und dem, was ihre Vorgesetzten von ihr erwarteten, damit sie nicht wieder in der gleichen Situation landete. Dumm nur, dachte sie missmutig, dass ihr Chef offenbar nicht die geringste Ahnung von ihrem Fach hatte.

Freitag,
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