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Schrei in Flammen

Schrei in Flammen

Titel: Schrei in Flammen
Autoren: Jeanette Øbro , Ole Tornbjerg
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Klappen von Terrassen- und Autotüren war zu hören, die Leute fuhren zurück in die Stadt. Die Stimmung, die sich im Laufe des Abends eingestellt hatte, passte gut zu ihrer Laune. Es war das Gefühl, dass etwas zu Ende ging. Sie erinnerte sich noch genau, wie sie es als Kind erlebt hatte, wenn sie spät am Sonntagabend, wenn es wirklich nicht mehr anders ging, zurück in die Stadt gefahren waren. Sie auf dem Rücksitz des Autos. Ihre Eltern vorn. Die Haut im Gesicht trocken und straff von der Sonne und dem Salz des Meeres. Sand zwischen den Zehen. Als sie noch ganz klein gewesen war, war sie auf diesen Fahrten immer eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, wenn ihr Vater sie ins Bett getragen hatte. Später, als sie ein bisschen älter war, waren diese Fahrten ein wehmütiger Übergang gewesen. Eine Reise von einem Zustand in einen anderen. Mehr Moll als Dur. Genau diese Stimmung war es, die jetzt in ihr aufkam.
    Weil sie auf dem Weg von einem Zustand in einen anderen war. Sie sollte am kommenden Tag nach einer längeren, krankheitsbedingten Auszeit wieder zu arbeiten beginnen. Im Gegensatz zu ihren Erinnerungen ging damit aber keine schöne Zeit zu Ende. Im Gegenteil: Es war der Abschluss einer Zeit, die sie als eine der schrecklichsten Perioden ihres Lebens erlebt hatte.
    War sie wirklich schon wieder so weit?, hatte ihr neuer Chef, Bent Melby, sie gefragt. Sie sollte sich auf keinen Fall gedrängt fühlen und deshalb zu früh zur Arbeit zurückkommen. Dabei hatte er geklungen, als wäre es ihm nur recht, wenn sie noch ein bisschen wegbliebe, oder täuschte sie sich in dieser Einschätzung?
    Sie sei sich vollkommen sicher, hatte sie im Brustton der Überzeugung gesagt, auch wenn der Krisenpsychologe der Polizei in diesem Punkt nicht ganz ihrer Meinung war. Aber sie wusste ja wohl am besten, was sie jetzt brauchte, schließlich war sie selbst Psychologin; sie musste einfach wieder arbeiten, in Gang kommen, dann würde sich der Rest schon finden.
    *
    »Da sind wir«, sagte Jens Høgh und lächelte Katrine breit an, als er sie in das Büro führte, das sie sich im nächsten Jahr teilen sollten.
    Katrine trat ein und hängte ihre hellbraune Lederjacke hinter die Tür. Jens beobachtete sie. Sie war blass und noch dünner als bei ihrer letzten Begegnung vor ein paar Monaten. Sie hatte dunkle Ränder unter den Augen, und er sah ihr an, dass sie frischer zu wirken versuchte, als sie es in Wahrheit war. Sie fingerte an ihrem hellen, kurzärmeligen Hemd und an dem Gürtel ihrer Jeans, und ihm entging nicht, dass sie sich immer wieder mit der Hand über die langen, lockigen roten Haare fuhr, die sie in einem Pferdeschwanz zu bändigen versucht hatte. Einige Locken tanzten über ihre markanten Wangenknochen.
    »Sollen wir uns eine Tasse Kaffee holen?«, fragte Jens. Katrine nickte. Sie gingen in die Teeküche am Ende des Flurs. Der dritte Stock schien sich in nichts vom zweiten zu unterscheiden, in dem das Morddezernat lag, wo sie ihre Einführungsphase zusammen mit Jens angetreten hatte, vor einer gefühlten Ewigkeit, obwohl es erst vier Monate zurücklag. Jens und sie hätten alles dafür gegeben, wieder dort arbeiten zu können, statt in der neu eingerichteten Einheit zur Bekämpfung von Bandenkriminalität.
    »Wir sind hier oben inzwischen mehr als hundert Mann«, sagte Jens und goss Katrine Kaffee ein.
    »Und die Vergrößerung der Abteilung war kein Problem?«, wollte Katrine wissen, nahm eine Packung Milch aus dem Kühlschrank, warf einen Blick auf das Verfallsdatum und goss sie ins Waschbecken.
    »Nein, schließlich sollen wir ja auch präventiv arbeiten. Eine Taskforce gegen die organisierte Kriminalität. Sei’s drum.« Er sah sie vielsagend an. »Es sind die gleichen Leute wie früher, nur anders verteilt. Es ist ja nicht so, dass wir plötzlich mehr Polizisten hätten. Kragh ist logischerweise nicht besonders glücklich, weil er noch mehr Ermittler an uns abtreten musste«, sagte Jens und goss sich selbst Kaffee ein, ehe sie zurück in ihr Büro gingen.
    »Sie wollten sogar Torsten hier raufschicken, hehe.«
    »Aber …?«, fragte Katrine und sah Jens hoffnungsvoll an.
    »Das konnte er verhindern.«
    »Das ist doch schon etwas«, sagte sie, erleichtert, nicht mit dem Ermittlungsleiter zusammenarbeiten zu müssen, der Psychologen bei der Polizei für so überflüssig hielt wie Giersch in einem Kräutergarten.
    Per Kragh, der Leiter des Morddezernats, hatte Katrine kurz vor Neujahr aus ihrem selbstgewählten Exil
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