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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht
Autoren: Jack Higgins
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abgelassenen Dampfes unterbrochen wurde; doch
dann hörte Fallon Stimmen den Zug entlangkommen. Er stand auf und
spähte hinaus. In der Finsternis kamen einige Laternen
herangeschwankt; dann blieben sie stehen, und eine Tür wurde
geöffnet. Nach einer Weile bewegten sich die Laternen weiter zum
nächsten Waggon, und er hörte sie wieder eine Tür
öffnen.
    Fallon zögerte nicht eine Sekunde.
Ohne nachzudenken sprang er auf den Erdboden hinunter und kletterte
über die Schienen. Am Rande des Bahndammes blieb er einen Moment
stehen und versuchte mit seinen Blicken die Dunkelheit zu durchdringen.
Er wollte noch einen Schritt vortreten, doch da verlor er das
Gleichgewicht, überschlug sich und rollte knackend und prasselnd
den Bahndamm hinunter, in eine junge Tannenschonung hinein, deren
Zweige ihn peitschten. Wieder schlug der Schmerz über ihm
zusammen, und die Dunkelheit wurde zu einem Wirbel tanzender bunter
Lichter. Es war wieder der gleiche Schmerz, der irgendwo in seiner
Brust seinen Anfang nahm, dann den ganzen Körper überflutete
und die Lungen zusammenpreßte, daß er qualvoll nach Atem
ringen mußte.
      Von einem größeren Baum wurde er
aufgehalten und blieb dort liegen, bis der Atem wieder leichter ging.
Schließlich richtete er sich auf, stand schwankend in der
Dunkelheit und tastete mit seinen Händen nach einem Halt.
      Durch die Schonung begann er den Damm
hinunterzustolpern. Die Zweige schlugen ihm ins Gesicht, und wieder
einmal wurde er von Panik erfaßt. Er begann zu rennen und brach
mit gesenktem Kopf und vorgehaltenem Arm durch die Schonung.
Verschiedene Male stürzte er, aber jedesmal kam er wieder auf die
Beine und rannte schneller, als ob ihm irgend etwas Namenloses,
Schreckliches auf den Fersen wäre. Endlich brach er aus der
Schonung heraus, aber sein Fuß fing sich in einem
Grasbüschel, er stolperte und stürzte in einen Graben.
Durchnäßt bis auf die Haut stieg er aus dem fußtiefen,
schlammigen Wasser heraus und befand sich auf der Landstraße.
      In gleichmäßigem Trott lief er in die
Dunkelheit hinein. Der Regen lief ihm über das Gesicht, und er
wußte selbst nicht, warum er eigentlich rannte. Der Grund war
wohl, daß er noch einen so weiten Weg vor sich hatte, aber ihm
nur noch sehr wenig Zeit dafür blieb – sehr wenig Zeit.
Durch die Bäume vor ihm bemerkte er einen roten Schimmer am
Himmel, der ihm wie eine Irrsinnsvision vorkam. Vielleicht war dies die
Hölle, die dort in der Dunkelheit auf ihn wartete. Doch dann kam
er an eine Straßenbiegung und hielt an. Etwa fünfzig Meter
weiter stand an der rechten Seite der Straße ein Gasthaus mit
einer großen roten Neon-Leuchtreklame. Schwankend stand Fallon an
der Straßenbiegung, dann taumelte er auf das Haus zu.
    Im Schütze einer niedrigen Mauer
schlich er sich nah heran und spähte vorsichtig über die
Brüstung. Aus einem offenen Fenster drang laute Musik und
bisweilen sorgloses Gelächter. Hinter der Mauer war ein Parkplatz,
und Fallon schlich behutsam zur Einfahrt. Kein Mensch war in der
Nähe zu sehen. Schnell trat er durch das Tor, rannte von Wagen zu
Wagen und probierte verzweifelt alle Türen. Nach wenigen
Augenblicken hatte er einen alten Wagen gefunden, dessen Tür
unverschlossen war. Er riß sie auf, und seine Hand tastete
über das Armaturenbrett. Die Wagenschlüssel hingen noch dort,
wie der Besitzer sie steckengelassen hatte.
      Fallon kletterte in den Wagen, trat den Starter und
setzte den Wagen rückwärts aus dem Parkplatz heraus. Wenige
Augenblicke später raste er bereits durch die Dunkelheit, in die
seine Scheinwerfer eine enge Bahn fraßen.
      Einmal trafen seine Lichter auf einen hellen
Wegweiser, Fallon bremste jäh und beugte sich aus dem Fenster, um
die Aufschrift zu lesen.
      Er befand sich auf der richtigen Straße. Nach
Carlington waren es noch fünfzehn Meilen. Er legte wieder den Gang
ein und fuhr weiter. Das Höchste, was der Wagen hergab, waren
fünfzig Meilen. Fallon trat das Gaspedal bis zum Boden durch und
lehnte sich dann in seinem Sitz zurück. Seine Hände lagen
ruhig auf dem Lenkrad, seine Augen starrten in die Finsternis.
      Aber die Nacht trieb allerhand Schabernack mit ihm.
Einmal schien sie sehr dunkel zu sein, und dann wurde es
merkwürdig hell vor ihm. Er kniff die Augen einige Male zusammen
und schüttelte den Kopf. Vielleicht lag es an den Scheinwerfern.
Natürlich, es konnten nur die Scheinwerfer sein. Doch dann trat
die Erscheinung wieder auf, und dieses Mal wurde das
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