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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht
Autoren: Jack Higgins
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wurde
aber plötzlich von einer Stimme zurückgerufen. Aus der
Zöllnerbaracke trat eine hohe Gestalt heraus und blieb einen
Moment vor der Tür stehen. Der Mann war hoch aufgerichtet, hatte
den Regenmantel nachlässig um die Schultern geworfen und sah gut
aus in seiner Uniform. Er wechselte ein paar schnelle Worte mit dem
Zöllner, der daraufhin in die Baracke ging; der große Mann
aber kam auf Fallons Wagen zu. Als er nur noch wenige Schritte entfernt
war, prallte er plötzlich zurück und konnte einen kleinen
Überraschungsruf nicht unterdrücken.
      Fallon dagegen lächelte ruhig und ohne Erstaunen
und begrüßte ihn: »Hallo, Phil! Spaßig,
daß wir uns gerade hier treffen, was?«
      Stuart war mit einem Sprung am Wagen und beugte sich
zum Fenster hinein. Sein Gesicht war verzerrt vor Schreck und
Entsetzen. »Martin!« schrie er. »Um Himmels willen,
Martin!«
    Fallon folgte Stuarts Blick und schaute
an sich herab. Über seine Brust sickerte Blut. Ausdruckslos sah er
Stuart an und sagte leise: »Ich bin auf dem Weg nach Hause! Ich
fahre jetzt nach Hause, Phil. Versuche nicht, mich aufzuhalten, alter
Junge. Ich habe nicht mehr viel Zeit!«
      Eine Weile starrte Stuart auf Fallon; dann trat
plötzlich ein rätselhafter Ausdruck in seine Augen. Langsam,
wie ein Schlafwandler, ging er zum Schlagbaum, der die Straße
versperrte, und hob ihn auf.
      Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen, fuhr Fallon
gerade durch die Sperre. In diesem Augenblick fühlte er sich
wieder stark und kräftig. Er hatte es geschafft. Er war
zurück, er war über die Grenze und er war auf dem Weg nach
Hause. – Die Straße führte bergab; der Wagen platschte
durch eine große Pfütze, die sich unten angesammelt hatte,
und auf der anderen Seite bog Fallon dann in die Landstraße ein.
      Vor ihm lag wieder ein Tal, und da vorn, am Fuße
der Hügelkette, blinkte ein einsames Licht. Er trat das Gaspedal
flach auf den Boden durch, und der Wagen flog durch die Nacht wie ein
großer Vogel, der zu seinem Nest zurückkehrt. Am Fuß
des Hügels bremste Fallon scharf; die Räder rutschten im
losen Geröll, und dann bog endlich der Wagen in den Weg zu seiner
Hütte ein. Die Torpfosten sprangen ihm aus der Dunkelheit entgegen
und grüßten ihn; er bremste wieder und riß das Lenkrad
herum, aber seine Hand hatte schon die Kraft verloren. Der Wagen legte
sich auf zwei Räder, beschrieb einen Halbkreis und krachte gegen
einen Türpfosten.
      Die Wagentür öffnete sich leicht, und Fallon
stürzte auf den Erdboden. Dort lag er eine Weile, dann rappelte er
sich auf, kam schwerfällig auf die Füße und taumelte
auf seine Hütte zu. Das Licht, das aus dem Fenster drang, schien
plötzlich heller zu leuchten, und das Geräusch von Stimmen
drang zu ihm. Die Tür wurde aufgerissen, und ein breiter
Lichtschein traf ihn. Die Stimmen verstummten.
    Leicht schwankend, die Füße
breit auseinandergesetzt, stand Fallon da. In diesem Moment spürte
er die Kälte des Regens, der auf seine nackte Haut prasselte. Auf
irgendeine Weise hatte er einen Schuh verloren, und ein Stein
drückte sich in den Fuß ein. Seine Augen waren vom Licht
geblendet, so daß er kaum etwas sehen konnte. Er erkannte
lediglich O'Hara und Doolan, die sich herausdrängten, aber
plötzlich zur Seite gestoßen wurden, und dann stand sie vor
ihm. Lange schaute er sie an und versuchte ein Lächeln; er wollte
auf sie zutreten, tat einen kleinen, zögernden Schritt und fiel
nach vorn.
      Als er die Augen wieder aufschlug, erkannte er O'Hara,
der sich über ihn beugte. »Wir werden dich rächen,
Martin!« sagte der Alte. »Wir werden es nicht
vergessen!«
    Fallon war versucht, trotz seiner Schwäche zu lachen.
      Wie dumm schien ihm jetzt alles und wie unwichtig.
Alles war nur Gewäsch, leere Worte. Aber plötzlich wurde
O'Hara weggezogen, Anne kniete im Regen neben ihm, und er lag in ihren
Armen. Er wollte etwas sagen, aber die Worte formten sich nicht mehr.
Er wollte ihr sagen, daß er sie liebe und daß sie es
gewesen sei, die ihm sein Leben lang gefehlt hätte…
      Aber es ging nicht mehr. Sie weinte, und er wollte sie
trösten, aber er war zu schwach. Es war alles so verdammt sinnlos
geworden – sein ganzes Leben war vergeudet.
    Sie weinte noch immer und hatte ihre Arme
fest um ihn gelegt. Er lächelte voller Zufriedenheit und drehte
sein Gesicht zu der Wärme, die von ihr ausging; aber
plötzlich wurde alles kalt, sehr kalt, und begann davonzugleiten.
Ihm war, als ob ein mächtiger
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