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Schrecken der Nacht

Schrecken der Nacht

Titel: Schrecken der Nacht
Autoren: Jason Dark
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jemand, der als Liebhaber durchgehen konnte. Einer, bei dem die Frauen reihenweise schwach wurden, den sich aber keine Mutter als Schwiegersohn wünschte, sondern höchstens als Geliebten für sich selbst. Von ihm ging ein Charme aus, der Schauer hinterließ und zugleich für Schmetterlinge im Bauch einer weiblichen Person sorgte.
    War er ein schöner Mann?
    Der Mönch konnte es nicht beurteilen, für ihn galten andere Kriterien. Bestimmt nicht für Frauen und Mädchen, die sein dunkles Haar liebten, das er in Strähnen nach hinten gekämmt hatte und das deshalb im Nacken Außenwellen warf. Dazu paßte das schmale Gesicht mit den großen Augen, in denen die dunklen Pupillen wie bewegungslose Öltropfen lagen. Über den Augen malten sich schmale und etwas gebogene Brauen ab, die dem Gesicht auf Grund ihrer Form einen hochmütigen Ausdruck verliehen. Die Haut war ziemlich blaß. Einer wie er setzte sich nicht den Sonnenstrahlen aus, der blieb im Dunkeln. Erst wenn die Nacht den Tag abgelöst hatte, traute er sich aus seinem Versteck hervor, das der einsame Mönch bisher nicht gefunden hatte. Er brauchte auch nicht mehr danach zu suchen. In dieser Nacht würde es die Entscheidung geben.
    Radescu konzentrierte sich auf den Mund der Gestalt. Weiche Lippen, beinah schon weibisch zu nennen, lagen locker aufeinander. Die Kleidung war dunkel. Sie bestand aus einer Jacke und einer Hose, die sich eng um die Beine schmiegte. Unter der offenstehenden Jacke trug er ein helles Hemd, das mittlerweile einige Flecken bekommen hatte.
    »Ich habe auf dich gewartet.«
    Der Vampir lachte. »Du hast mich lange genug gejagt, aber du hast damit keinen Erfolg errungen. Jetzt bin ich zu dir gekommen, denn ich will nicht mehr, daß du meine Kreise störst. Ich hasse es, wenn man mir Ärger bereitet.«
    Der Mönch schüttelte den Kopf. »Du hast kein Recht, auf dieser Welt zu existieren. Du bist kein Mensch, du bist...«
    »Ach – tatsächlich?« Die höhnische Frage unterbrach die Ausführungen. »Denkst du nur daran, einen Blutsauger vor dir zu haben? Kannst du dich nicht auch geirrt haben?«
    »Nein, das habe ich nicht. Deine Spuren haben allen bewiesen, wozu du fähig bist.«
    Eros lachte. Er streckte dabei die Hände aus und drehte sie, so daß er auf seine Fingerrücken schauen konnte. Die Bewegung war bewußt getan worden, denn auch Radescu sollte die Finger mit den langen Nägeln sehen, die dunkel schimmerten und vom so spitz wie kleine Messer waren. Für ihn waren es die grausamen Krallen, mit denen der Blutsauger seine Opfer aufgeschlitzt hatte. »Mal brauche ich es, mal brauche ich es nicht!« flüsterte er scharf. »Ich weiß genau, daß du mich verstehst. Du weißt, wovon ich rede.«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Warum nicht?«
    Radescu schüttelte den Kopf. »Was du vorgibst zu sein, das... das... ist unmöglich...«
    »Warum?«
    »So etwas läßt die Natur nicht zu.«
    »Doch, bei mir schon, denn du weißt genau, wo ich herkomme. Du hast meinen Weg verfolgt.«
    »Es ist eine Sage!«
    Eros lachte. »Nein, das ist es nicht. Man will es nur nicht zugeben, weil es nicht in die heile Welt des Glaubens hineinpaßt. So etwas wie ich kann und darf es nicht geben. Als Schrecken der Nacht, das wird akzeptiert, aber nicht das, was ich in Wirklichkeit bin. Möglicherweise leide ich auch darunter, weil ich mich nicht entscheiden kann. Ich bin einmal so und einmal so.«
    »Für mich bist du nur so!«
    »Deshalb willst du mich töten!«
    »Ja.«
    Eros verbeugte sich. »Ich liebe, ich hasse, ich töte!« erklärte er. »Aber du sprichst mir einen Teil dieser Eigenschaften ab. Das weiß ich genau.«
    »Vampire können nicht lieben. Sie können auch nicht hassen. Ihnen ist jedes menschliche Gefühl fremd. Aber sie können töten, das gebe ich zu, und sie tun es auf ihre Art und Weise.«
    »Wie willst du gewinnen?«
    »Indem ich dich auf eine Art und Weise vernichte, die dir würdig ist, Eros!«
    »Durch das Kreuz etwa?«
    »Ja!«
    Er lachte. Er lachte sehr laut und wischte dann mit der Hand durch die Luft. »Ich sehe das Kreuz. Es steht neben dir, und es wirft einen Schatten über den Boden, der für dich vielleicht etwas wie ein Schutz darstellen soll. Aber das kannst du vergessen. Ich fürchte mich nicht davor, Radescu. Wäre ich sonst hier? Ich habe gewußt, welche Vorbereitungen du getroffen hast.« Er breitete seine Arme aus. »Bitte, du kannst es versuchen!«
    Der Mönch dachte nach. Das mußte er einfach tun, denn das
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