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Schrecken der Nacht

Schrecken der Nacht

Titel: Schrecken der Nacht
Autoren: Jason Dark
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verschwindenden Sonne zu. Der mächtige Glutball zog sich immer weiter zurück. Er tauchte in die Tiefe ein, als hätten ihn gewaltige Krallen gepackt und zu sich heran geholt.
    Vögel segelten durch die Luft. Sie gaben Schreie ab und umkreisten den Kopf des einsamen Mannes wie finstere Todesboten. Irgendwo in den Felsen hatten sie ihre Nester, und sie fühlten sich von dem Menschen gestört.
    Darum kümmerte sich Radescu nicht. Niemand konnte ihn jetzt von seinem Weg abbringen.
    Er trug noch seine Kutte. Schwarzbraun war der Stoff. Die Kapuze hatte er nicht über den Kopf gestreift, so lag sein Schädel frei, auf dem kein einziges Haar mehr wuchs. Er war blank und fast mit einem Spiegel zu vergleichen. Das runde Gesicht paßte dazu. Der schwarze Bart war kurz geschoren. Er umwuchs den Mund und auch das Kinn. Auf der Oberlippe malte er sich ab wie ein Strich. Die harte Arbeit auch im Kloster hatte Spuren an den Händen des stämmigen Mannes hinterlassen. Sie waren schwielig geworden.
    Radescu trug unter der Kutte verborgen seinen Pflock aus Eichenholz. Er wußte sehr genau, was er dem Blutsauger schuldig war, und es würde ihm eine besondere Freude bereiten, die Waffe mit der Spitze zuerst in den Körper zu rammen. Es war die alte Methode, um den Blutsaugern zu zeigen, wo es langging, und er würde Eros damit hoffentlich den Rest geben können.
    Noch ließ er sich nicht blicken. Es war zwischen den beiden keine Zeit festgemacht worden, aber Radescu wußte, daß dieser Vampir ein Geschöpf der Nacht war und den Vorteil der Dunkelheit für seine Zwecke ausnützen würde.
    Langsam machte er seine Runde. Er umkreiste mehrmals den Holzstoß. Er nahm den Geruch wahr, der von diesen Ästen und Zweigen ausging. Er stellte sich vor, wie es sein würde, wenn die Lohe in den dunklen Himmel schoß und Nahrung bekam. Er wollte den Schrecken der Nacht als Fackel sehen. Er mußte lodern, brennen, und dann würde er ihm den Pflock noch zusätzlich durch die Brust und damit auch tief in das Herz hineinstoßen.
    Alles war klar.
    Alles war geplant. Und trotzdem hielt sich die Furcht in ihm. Sie war wie ein Druck, dem er nicht entkommen konnte. Zu lange schon hatte er sich mit dem Schrecken der Nacht beschäftigt, und deshalb kannte er die Gefahren. Daß er den Kampf gewinnen würde, stand noch längst nicht fest.
    Er wollte Eros eine Niederlage beibringen, auch wenn es ihn selbst das Leben kostete.
    Das Feuer sollte ihn zunächst nur locken. Viel wichtiger war für den Mönch das von ihm hergestellte und menschengroße Kreuz, das noch auf dem Boden lag, aber zum richtigen Zeitpunkt aufgerichtet werden würde. Darauf baute er seinen Plan. Er wußte genau, daß die Blutsauger Kreuze haßten, denn sie waren es, durch die sie besiegt worden waren.
    Kreuz, Feuer, Pflock!
    So hatte sich der einsame Mann den Kampf vorgestellt, und so würde er ihn bis zum bitteren Ende durchziehen.
    Die Folgen der Anstrengung hatten sich bei ihm gelegt. Er war wieder ruhiger geworden und konzentrierte sich darauf, daß die Zeit immer mehr ablief. Sie war für ihn zugleich die Uhr des Lebens, nach der sich alles richtete.
    Sein Platz lag sehr hoch. Er konnte von dieser Stelle aus viel überblicken. In den Tälern hatte sich bereits Dunkelheit ausgebreitet. Auf den einsamen Mönch wirkten sie bodenlos, wenn er von oben herab in sie hineinschaute. Er sah so gut wie nichts, nur eben die Schwärze. Daraus hervor wuchsen die bewaldeten Hügel und Berge, an deren Flanken sich hellgraue Nebelschleier gebildet hatten. Jetzt Umlagen sie den dichten Wald wie zittrige Bärte, die auch der leichte Wind nicht vertreiben konnte.
    Immer mehr Tageslicht verschwand. Es gab ein Zwielicht. Nur die Spitzen der höchsten Erhebungen waren noch nicht von den Schatten geschluckt worden. Deshalb hatte der Mönch ja auch das Glück, so weit und tief sehen zu können.
    Keine Sonne mehr im Westen. Kein rotes Feuer am Himmel. Dafür malten sich die Konturen der Berge ab wie mächtige schwarze Buckel. Jetzt war die Zeit gekommen, um in den Häusern oder den kleinen Dörfern die Lichter einzuschalten. Der Mönch hätte sie sogar sehen müssen, aber kein Funken erreichte seine Augen. Immer mehr schwand die natürliche Helligkeit dahin, und in wenigen Minuten schon würde auch ihn die Finsternis der Nacht umhüllen.
    Dort, wo das Kreuz noch am Boden lag, hatte Radescu auch seine Pechfackel in eine schmale Felsspalte gesteckt, aus der dürres Gras wuchs. Eine Schachtel mit langen Zündhölzern
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